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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut
Autoren: Katharina Burkhardt
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anderes.«
    Mia las die Aufschrift auf dem Kondomtütchen: »Mit Erdbeergeschmack.« Sie schüttelte sich. Dann fiel ihr Blick auf Arthurs gequälten Gesichtsausdruck. »Ist schon in Ordnung«, beeilte sie sich zu sagen und strich wie zur Beruhigung zart über seinen Penis, der schon gefährlich an Spannung verloren hatte.
    Arthur kam jedoch schnell wieder in Schwung, und diesmal lief alles störungsfrei. Der Erdbeergeschmack war zwar widerlich, aber irgendwie verstärkte er nur das distanzierte Gefühl, mit dem Mia diesen schrägen Job verrichtete. Arthur hingegen genoss ihre Verwöhnungen sichtlich.
    Mia verharrte einen Moment reglos, nachdem er gekommen war. Langsam richtete sie sich auf. Arthur hatte die Augen immer noch geschlossen, sein Gesicht war seltsam verzerrt und sein Atem ging schnell und flach. Mit leichter Hand fuhr Mia über den feinen Wollstoff seiner Hose und spürte darunter die kräftigen Oberschenkelmuskeln.
    Arthur öffnete blitzartig die Augen und richtete sich auf.
    »Danke«, sagte er knapp, streifte sich das Gummi ab und verstaute sein Geschlecht wieder in der Hose.
    »Das war's?« Mia konnte es immer noch nicht glauben. Sie stand auf und streckte den Rücken durch.
    »Das war's.« Arthur stand ebenfalls auf. Er ging zu einer Kommode und kam mit ein paar Geldscheinen zurück. »Sechzig Euro, wie vereinbart. Werden Sie wiederkommen?«
    » Sie? « Mia starrte Arthur an. Er hatte soeben vor ihr die Hosen heruntergelassen, sie hatte ihm einen geblasen, und jetzt siezte er sie immer noch? Der Typ musste komplett gestört sein. Aber Arthur bemerkte Mias Irritation gar nicht. Er fuhr sich durch die Haare und presste die Lippen aufeinander.
    »Also, wie ist es – kommen Sie wieder?« In seiner Stimme lag ein drängender Ton.
    Mias Wangen waren gerötet, ihre Frisur hatte sich ein wenig aufgelöst. Sie hob den Kopf und sah Arthur offen an. Zum ersten Mal gelang es ihr, sich von diesen durchdringenden Augen nicht einschüchtern zu lassen. Während sie das Gefühl hatte, Arthur schaue ihr mitten in die Seele, vermochte sie umgekehrt nicht zu deuten, was in ihm vorging. Seine Augen funkelten wie ein Ozean in der Sonne, aber unter der glitzernden Oberfläche schienen nur Dunkelheit und Kälte zu lauern. Eine Sekunde lang glaubte Mia, Furcht dazwischen aufblitzen zu sehen. Furcht wovor? Sie schüttelte irritiert den Kopf.
    »Heißt das nein?«
    »Es heißt, dass ich das alles hier ziemlich schräg und verwirrend finde. Aber ich komme wieder.« Ihre Stimme klang klar und fest, die Angst war verflogen.
    Arthur nickte zufrieden. Er vereinbarte einen neuen Termin mit ihr, wie mit einer Geschäftspartnerin.
     
    Mia ging die drei Kilometer zu Fuß nach Hause in ihre kleine Straße auf St. Pauli. Sie zog ihre Mütze tief in die Stirn und stemmte sich gegen den Wind, der in kräftigen Böen von der Elbe herüber fegte. Die frische Luft half ihr, ihre wirren Gefühle zu sortieren.
    Sie war aufgedreht und erschöpft zugleich. Sie hatte Sex gehabt und doch keinen Sex gehabt. Sie war verführt worden und doch nicht verführt worden. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht darüber sein sollte, dass Arthur ihre Speckröllchen nicht zu Gesicht bekommen hatte. Vor allem aber wusste sie immer noch nicht, warum sie das getan hatte. Bevor sie Frank kennenlernte, hatte sie mit drei Männern Sex gehabt. Alle hatte sie geliebt, mit allen hatte sie eine feste Beziehung geführt. Ihr hatte nie der Sinn nach kurzen, schnellen Abenteuern gestanden.
    Und jetzt so etwas. Ein Gefühl von Ekel wallte in ihr auf, als sie daran dachte, wie sie vor diesem Fremden gekniet und ihn befriedigt hatte. Verwirrt schob Mia eine Locke, die der Wind quer über ihr Gesicht geweht hatte, unter ihre Mütze. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, sich auf diesen Arthur einzulassen? Und warum zum Teufel wollte sie ihn wiedersehen? Ihr war das selber unbegreiflich.
    Arthur, dachte sie abfällig, was war das überhaupt für ein beknackter Name?
     
    Zuhause angekommen kochte Mia sich einen Tee und setzte sich damit auf ihr elegantes, graues Ecksofa, das viel zu groß für das kleine Wohnzimmer war. Sie hatte es einst mit Frank gekauft, damals, als sie noch glaubten, ewig zusammenzubleiben. »Lass uns was Richtiges kaufen, das nicht schon nach einem Jahr auseinanderfällt«, hatte Mia gesagt, nachdem sie für sich entschieden hatte, dass von Franks geschmacklosen Möbeln nur wenige mit in ihre gemeinsame Wohnung durften. Frank war fast
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