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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut
Autoren: Katharina Burkhardt
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Bankberater, dem er einen Kredit nach dem nächsten aus dem Ärmel leierte.
    Nach dem dritten Bier tanzten Mia und Frank miteinander, eng gedrängt mit den anderen Partygästen auf der winzigen Tanzfläche. Immer wieder berührten sich ihre Körper wie zufällig. Frank bewegte sich leichtfüßig und geschmeidig, trotz seiner Körperfülle. Mia musterte ihn unauffällig. Er sah nicht wie jemand aus, mit dem man nach einer Party im Bett landete und der dann am nächsten Morgen auf Nimmerwiedersehen verschwand. Frank sah so aus, als wolle er sofort heiraten und einen Bausparvertrag abschließen. Das gefiel Mia. Sie war nach einer recht langen Beziehung und zwei kürzeren Partnerschaften seit über einem Jahr alleine. Frank, der mit seinem Bausparvertrag vor ihrer Nase herumwedelte, verhieß Sicherheit. Und die strebte Mia an. Alle Welt heiratete zurzeit und vermehrte sich wie verrückt. Mia wollte davon nicht ausgeschlossen sein. Sie wurde in diesem Jahr vierunddreißig; höchste Zeit, den passenden Vater für ihre Kinder zu finden. Aber ob dieser dickliche Frank dafür der richtige Kandidat war?
    Normalerweise wären Mia vielleicht Zweifel gekommen. Da sie aber bereits das vierte oder fünfte Bier getrunken hatte (sie hatte längst aufgehört, mitzuzählen), war sie herrlich entspannt und ließ den Dingen einfach ihren Lauf.
    Einmal kam Andrea an ihr vorbei und sagte gönnerhaft: »Na, ihr zwei versteht euch ja prächtig.«
    Mia grinste verschwommen, sie fühlte sich wie losgelöst von ihrem Körper und dieser merkwürdigen Partygesellschaft.
    Irgendwann, weit nach Mitternacht, bekam Frank Konkurrenz. Stefan Büttner, einer von Mias neuen Kollegen, drängte sich an Mia heran. Er war groß, schlank und sehr attraktiv. Mit zusammengekniffenen Augen, eine Zigarette im Mundwinkel, ließ er sich von der Woge der tanzenden Leiber direkt vor Mias Füße treiben. Sie sah zu ihm auf, lächelte – und erkannte mit dem letzten Bisschen Klarheit, das sie in ihrem Hirn noch fand, dass sie sich auf gefährliches Eis begab. Stefan sah so aus, als hätte er schon mit jeder Frau geschlafen, die auf dieser Party anwesend war, und vermutlich noch mit einer Million anderer. Jetzt war sie, die Neue, an der Reihe.
    Einen Moment lang genoss Mia es, von Stefan umschwärmt zu werden. Sie bewegte sich im selben Rhythmus wie er, spürte, wie er seinen Unterleib gegen sie presste, fühlte seine Wärme und ihre Erregung, drehte sich um – und blickte in Franks Augen, die so ehrlich und unschuldig schauten, dass Mia gerührt lächelte. Sie löste sich von Stefan und bewegte sich immer mehr in Franks Richtung. Er reichte ihr seine Hand, und ohne Zögern griff sie danach und ließ sich von ihm aus der Menge hinaus führen. Als sie sich flüchtig nach Stefan umdrehte, hatte der sich bereits einer anderen Frau zugewandt.
    Im Treppenhaus schlug ihnen kühle Luft entgegen. Mia taten die Füße weh, sie war heiser und halb taub von der lauten Musik, und sie merkte erst in der kalten Nachtluft, wie betrunken sie schon war.
    »Ich glaube, ich muss langsam mal nach Hause«, sagte sie zu Frank.
    Er nickte. »Ich haue auch ab. Wo musst du denn hin?«
    »Nach Eimsbüttel.«
    »Soll ich dir ein Taxi rufen?«
    »Gern. Wie kommst du denn heim?«
    »Ich bin mit dem Fahrrad da. Ich wohne nicht weit von hier.«
    Während sie auf das Taxi warteten, fragte Frank zögernd: »Hättest du Lust, mal mit mir essen zu gehen?«
    »Klar, warum nicht?«
    Bereitwillig gab sie Frank ihre Telefonnummer und erhielt im Gegenzug einen zerknautschten Kassenbon, auf den er eine Nummer und seinen Namen kritzelte – Frank Lohmann.
    Am nächsten Morgen hatte Mia nur noch eine verschwommene Erinnerung an Frank. Er war nett gewesen, aber sie verspürte kein nennenswertes Bedürfnis, ihn wiederzusehen. Vielleicht, so überlegte sie, während sie sich einen starken Kaffee kochte, lag das aber auch nur an ihrem fürchterlichen Kater.
    Als Frank sich in den nächsten drei Tagen nicht meldete, beruhigte Mia sich wieder. Er war wenigstens kein aufdringlicher Typ, der einer Frau auf die Nerven ging, statt sich begehrenswerter zu machen, indem er sie ein wenig zappeln ließ. Nach einer Woche dachte Mia mit leiser Enttäuschung, dass er es mit dem Zappelnlassen vielleicht ein wenig übertrieb. Nach zwei Wochen war sie sich sicher, dass er kein Interesse an ihr hatte und auf der Party genauso alkoholumnebelt gewesen war wie sie selbst. Sie vergaß Frank Lohmann wieder.
     
    Es dauerte fast drei
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