Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Zauber

Dunkler Zauber

Titel: Dunkler Zauber
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
Vom Netzwerk:
Doch diesmal hatte sie das ungute Gefühl, dass sie zu weit gegangen war. Dass ihr brennendes Bedürfnis, sich zu beweisen, anzugeben, die Beste und die Erste zu sein, Unheil hervorgebracht hatte. Möglicherweise so großes Unheil, dass es den Menschen zerstören würde, den sie auf dieser Welt am meisten liebte und brauchte.
    Karsh war verschwunden. Der uralte Mächtige, ihr Vormund, Beschützer und Lehrmeister, der Mann, der ihr Vater und Mutter ersetzt hatte, das »Sicherheitsnetz«, das immer da war, ganz gleich, wie schrecklich sie sich wieder benommen hatte - verschwunden.
    Man hatte ihn gekidnappt.
    Ileana wusste nicht, wann genau das geschehen war. Wie hätte sie es auch wissen können, sie musste ja arbeiten! Nachdem sie die vorschnellen Zwillinge Apolla und Artemis - oder Camryn und Alexandra, wie man sie heutzutage nannte - aus der Klemme geholt hatte, in die sie sich zuletzt gebracht hatten, war sie wirklich in Zeitnot gewesen. Sie musste E-Mails an Brice Stanley schicken, den berühmten Filmstar, von dem sie inzwischen wusste, dass er ein Hexer war, sie musste sich um ihren prächtigen Kräutergarten kümmern, musste sich intensiv mit den neuesten Lifestyle-Zeitschriften und -Katalogen beschäftigen, die sich während ihrer Abwesenheit zu einem regelrechten Berg aufgetürmt hatten, und außerdem musste sie vielleicht auch ein bisschen vor den anderen Hexen, die sie kannte, prahlen.
    Während ihres letzten Abenteuers hatte sie sich das Recht zum Angeben wirklich verdient, schließlich hatte sie einen gesuchten Verbrecher vor die Ratsversammlung gebracht. Es gab keinen Grund, weshalb das nicht alle Hexen und Zauberer auf Coventry Island wissen sollten. Na schön, hatte sie gedacht, dann war sie halt ein bisschen mit sich selbst beschäftigt gewesen. Wen störte das? Und so war eine Woche vergangen, vielleicht auch zwei oder drei, bevor ihr aufgefallen war, dass sie Karsh noch gar nicht wieder gesehen hatte. Doch die Vorstellung, dass der angesehene und verehrte Lord Karsh, schlau, gebildet und genial - wenngleich das Alter ihn langsam und gebrechlich gemacht hatte - in Schwierigkeiten steckte, wäre ihr nie in den sorgfältig frisierten Kopf gekommen.
    Und dann erhielt sie die E-Mails.
    »Wir haben ihn«, lautete die erste.
    »Wer seid ihr und wen habt ihr?«, schrieb sie zurück, verärgert über diese unverständliche Nachricht, die mitten in ihren Chat mit Brice Stanley geplatzt war.
    »Ihr kennt die Antworten darauf, Ileana«, kam als Erwiderung. Sie wussten, wie sie hieß. Obwohl ihre E-Mail-Adresse keinerlei Teile ihres Namens enthielt! Sie löschte die Nachricht. Dann kam die nächste.
    Er möchte Euch etwas mitteilen: Seinen herzlichen Glückwunsch zu Eurer letzten Verwandlung. Aber aus irgendeinem Grund besteht er darauf, Euch mit »grummelige Göttin« anzureden. Int Gegensatz zu Euch wissen wir wirklich nicht warum.
    Nur ein einziger Mensch war stolz auf ihre Verwandlungskünste. Derselbe Mensch nannte sie liehevoll »grummelige Göttin«. Karsh.
    Verzweifelt hatte sie versucht, ihren Lehrmeister aufzuspüren. Er reagierte nicht auf ihre Telefonanrufe und auch nicht auf ihre telepathischen Botschaften. Sie war sogar durch den dichten Wald quer über die Insel zur Hütte des alten Mannes gewandert. Als sie diese leer anfand, hatte sie seine Freunde, Erleuchtete wie Lord Griweniss, Lady Iolande, die Lords Per-siphus und Gordian aufgesucht und hatte sich unauffällig erkundigt, ob sie Karsh in letzter Zeit gesehen hätten. Nichts. Da sie keine Panik auslösen wollte, hatte sie nur heiter verkündet: »Dann ist er sicher noch auf dem Festland. Ich werde ihn dort antreffen.«
    Bei ihrer Rückkehr erwartete sie eine weitere E-Mail:
    Seine Hände sind gefesselt, seine Beine liegen in Ketten. Er kann sich nicht einmal mit einem Zauberspruch befreien, denn gegen unsere Macht kommt er nicht an. Nur Ihr könnt ihm helfen, tapfere und gebieterische Ileana!
    Wütend hatte sie auf die Tatstatur eingehackt: Was wollt ihr von mir?
    Unverzüglich kam die Antwort: Kommt und holt ihn. Wenn Ihr es wagt!
    Na gut, ich spiele mit, hatte sie mutig erwidert. Wo versteckt ihr ihn ?
    Das kann die geniale Ileana doch sicherlich alleine herausfinden. PS: Beeilt Euch.
    Und der Nachtrag: Er macht's nicht mehr lange.
    Die Vorstellung, dass ihr geliebter Vormund Schmerzen litt, versetzte Ileana in Panik. Karsh war ein Meister der Kunst -und dennoch war nicht einmal er seinen Entführern gewachsen. Es stand kein Name unter den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher