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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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haben, war er so besoffen, daß er kaum stehen konnte.«
    »Kriminalabteilung bei der Militärpolizei, was?« sagte ich.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Daß Sie hier unterfordert sind... es sei denn, Sie stehen auf warme Sommer. Im Juli kann man bei uns auf den Gehsteigen Eier braten.«
    »Verwenden Sie das, was ich Ihnen gesagt habe, oder behalten Sie es in der Hinterhand«, erwiderte sie.
    Sie ging zu ihrem Streifenwagen zurück, hatte nur noch Augen für den Kardinal, der auf einer Rosenlaube hockte, und schob sich dann den Hut in die Stirn wie ein Ausbilder bei der Marineinfanterie.

3
    Bevor sie Privatdetektivin wurde, war Temple Carrol Bewährungshelferin in der Strafanstalt Angola drüben in Louisiana, Streifenpolizistin in Dallas und Deputy Sheriff im Bezirk Fort Bend gewesen. Sie wohnte mit ihrem invaliden Vater nur eine Meile von mir entfernt, und jeden Morgen, pünktlich bei Sonnenaufgang, joggte sie in T-Shirt und Turnhose, die kastanienbraunen Haare hochgesteckt, an meinem Haus vorbei, daß der Babyspeck um ihre Taille wabbelte. Sie hielt niemals inne, lief nie weniger als fünf Meilen und blieb an keiner Kreuzung stehen. Temple Carrol legte Wert auf Geradlinigkeit.
    Am Dienstag morgen klopfte sie an die Glasscheibe meiner Bürotür und kam dann herein, ohne zu warten. Sie trug Sandalen, Bluejeans und eine braune, mit Blumen bestickte Baumwollbluse. Sie setzte sich auf die Schreibtischkante und deutete mit dem Finger auf mich.
    »Was hat dir der Deputy erzählt?« fragte sie.
    »Die haben am Tatort einen Sack voller Bierdosen und Whiskeyflaschen eingepackt«, antwortete ich.
    »Fünf Bierdosen und zwei Weinflaschen. Auf sämtlichen Dosen befinden sich Fingerabdrücke von Lucas und dem toten Mädchen. Die Flaschen sind vermutlich zwanzig Jahre alt.«
    »Was hast du über das Mädchen rausgekriegt?«
    »Bei einer Tante aufgewachsen ... War lange ein Fall für die Fürsorge ... Auf der High-School galt sie als ganz harte Nuß ... Ging eine Zeitlang auf ein kommunales College und hat es geschmissen ... Arbeitete in einem Kirchenladen, wurde bei Wal-Mart wegen Diebstahls gefeuert... Aber hör dir das an: Drei Leute im Shorty’s sagen, daß sie alleine gekommen ist, nicht mit einem Haufen Collegekids. Sieht nicht gut aus für Lucas.«
    »Vielleicht hat sie sie dort getroffen.«
    »Vielleicht... Aber es gibt da noch ein anderes Problem, Billy Bob. Du solltest den Jungen lieber aus dem Knast rausholen.«
    Worum geht es?«
    »Um Harley Sweet.«
    Sie schaute mich mit großen Augen an.
    Ich fuhr mit einem Wärter in den zweiten Stock des Gerichtsgebäudes. Die Hitze war nach oben gestiegen, und die Wände waren mit Kondenswasser beschlagen.
    »Ich würde gern im Vernehmungsraum mit Lucas sprechen«, sagte ich.
    »Tut mir leid, Billy Bob. Harley sagt, er bleibt unter Verschluß ... Übrigens, machen Sie sich keine Sorgen wegen dem Typ links daneben. Der is heut schon viel einsichtiger.«
    Der Mann in der linken Zelle hatte nur papierdünne Boxershorts an. Sein schütteres Haar war orangerot und klebte in öligen Strähnen am Schädel. Die Haut war so glatt wie über einen Stein gespanntes Latex, und sein linkes Auge war kleiner als das andere und wirkte wie eine pfenniggroße blaue Murmel, die jemand tief in eine Tonform gedrückt hatte.
    »Wie heißen Sie?« fragte ich ihn, als der Wärter Lucas’ Zelle aufschloß.
    »Garland T. Moon«, erwiderte er und schaute mich mit trotzig funkelnden Augen an.
    »Werden Sie einigermaßen gut behandelt?«
    Dicke Muskelstränge spannten sich an seinem Bauch, als er von der Pritsche aufstand und ans Gitter trat. Sein Atem roch süßlich, wie gegorene Pflaumen. »Mir gefällt’s hier. Ich würd nicht tauschen mögen, da kommt kein Kalifornien mit. Da draußen juckt mich gar nix.«
    »Fragen Sie ihn mal, was in dem Haus von der Familie in Santa Monica passiert is. Da dreht’s einem den Magen um«, sagte der Wärter.
    Der Mann, der sich Garland T. Moon nannte, lächelte mir ins Gesicht und leckte sich die Unterlippe. Seine Zunge war rot und dick wie ein Biskuit.
    Der Wärter schloß mich in Lucas’ Zelle ein. Ich setzte mich zu Lucas auf die Pritsche.
    »Meine Privatdetektivin sagt, du hast was gesehen, was dir Scherereien machen könnte«, sagte ich.
    Lucas deutete mit dem Daumen nach hinten. »Es geht um den Typ da drüben«, sagte er leise. »Harley hat ihm letzte Nacht erklärt, daß er nicht nach Kalifornien überstellt wird, weil man in Kalifornien nicht gern die
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