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Dunkle Seelen

Dunkle Seelen

Titel: Dunkle Seelen
Autoren: Gabriella Poole
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sprechen.
    »Isabella? Oh, Gott, Isabella...«, sagte Cassie und drückte ihre Freundin fest an sich. Sie wusste nur allzu gut, dass ihre Arme alles waren, was das Mädchen aufrecht hielt. Hinter ihnen hörte Cassie, wie Richard unter dem Türbogen hindurchtaumelte, sich benommen an eine Säule lehnte und nach Luft schnappte. Besorgt sah sie ihn an.
    »Kommst du zurecht?«
    »Mir geht es gut. Mehr oder weniger.« Er klang ungewöhnlich leer und starrte vor sich hin. »Besser als ...« Als er Cassies Blick auffing, schluckte er. »Lass uns von hier verschwinden.«
    »Was hat Sir Alric gesagt?«
    »Er hat mir aufgetragen, mit euch zum Boot zu gehen. Dir mit Isabella zu helfen.«
    »Was zum Teufel treibt er?«, rief Cassie mit brennenden Augen. Sie wollte Isabellas herzzerreißendes Schluchzen nicht länger hören, konnte sie aber nicht loslassen.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich sammelt er die Beweise ein. Er hat darauf bestanden, dass wir von hier verschwinden.«
    Cassie rieb sich mit dem Ärmel übers Gesicht, während Richard neben sie trat und sie auf die Wange küsste. Auch er legte einen Arm um Isabella, um sie zu stützen. Die Morgendämmerung war jetzt ein nebliges, perlfar- benes Licht und hinter der Moschee erwachte die Stadt zum Leben. Autohupen erklangen, Leute riefen durchein- ander und lachten. Normales Leben, dachte Cassie, normales Leben. Hoch oben über ihnen rief die aufgezeich-nete Stimme eines Muezzin klagende Worte, durch uralten Stein und moderne Straßen verstärkt und zurück  geworfen.
    »Also gut.« Cassies Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie drückte Isabella fester an sich und führte sie zu den steinernen Stufen. Es schien, als würde sie eine leblose Schachfigur bewegen. »Wir werden tun, was er sagt. Für den Augenblick. Aber nicht für immer.«

KAPITEL 29
    Vielleicht würde er nie reden. Und das wäre in Ordnung. Wenn Dark nie redete, würde Cassie möglicherweise nie über das, was geschehen war, nachdenken müssen. Sie würde einfach sitzen bleiben bis ans Ende der Zeit, auf dieser üppig gepolsterten Ottomane, die Knie zusammengedrückt und die Hände fest verschränkt, während Sir Alric an dem steinernen Fensterbogen lehnte und über den grünen Garten und das Meer hinweg auf die trübe Istanbuler Skyline starrte.
    »Ich habe etwas Schreckliches getan, als ich Jake Johnson in diese Schule holte.«
    Na schön. Das Schweigen konnte nicht bis in alle Ewigkeit dauern.
    »Diese Erkenntnis kommt ein bisschen spät.« Sie sollte etwas hinzufügen wie: Sie konnten es nicht wissen oder: Es war nicht Ihre Schuld. Aber sie brachte es nicht über sich. Nicht jetzt. Sie hatte absolut kein Problem damit, die Schuld zu teilen, vor allem mit einem Mann wie Sir Alric Dark. Er trug mehr als seinen Anteil an Schuld. Und wenn sie die volle Last dieser Schuld allein tragen müsste, würde sie implodieren.Wann immer sie die Augen schloss, sah sie Jakes schlaffen Körper, den schrecklichen Winkel, in dem sein Genick abgeknickt war... das Blut. Manchmal dachte sie, sie würde nie wieder schlafen können.
    Sie wollte jede Einzelheit über Jake aus Sir Alric herausholen, aber irgendwie konnte sie sich nicht dazu überwinden.
    »Wie haben Sie es herausgefunden, Cassie? Die Sache mit dem Anhänger?«
    Sie hielt seinem Blick stand. »Was meinen Sie? Richard hat mich angerufen und gesagt, er und Ranjit würden sich treffen. Aber als ich zur Hagia Sophia kam, war Ranjit bereits durchgedreht. Ich wusste nicht, dass es irgendetwas mit dem blöden Anhänger zu tun hatte.«
    Er zuckte mit keiner Wimper, studierte eingehend ihr Gesicht. Aber schließlich ließ er es dabei bewenden. Jetzt war sie zuversichtlich, dass er ihr glaubte, dass er annahm, sie wisse nichts über die wahre Natur der Artefakte.
    »Sie hätten Ranjit nicht weggehen lassen sollen, Cassie.«
    »Ja, das sagten Sie bereits.«
    Er drehte sich sichtlich verärgert um, konnte ihr aber nicht direkt in die Augen schauen.
    »Er hatte eine Art Zusammenbruch. Ihm könnte alles Mögliche zustoßen.«
    »Wie schon gesagt, ist er wieder er selbst.« Und Sie, dachte sie, haben immer noch Geheimnisse vor mir. Vielleicht hatte er das immer gehabt.
    »Der Junge hat drei Menschen getötet. Wer weiß, was ihm im Augenblick durch den Kopf geht?«
    »Deswegen hätte ich ihn niemals gezwungen, zurückzukehren. Selbst wenn ich es gekonnt hätte. Er war damals nicht er selbst. Er fühlte sich schuldig genug.« Sie lehnte sich auf dem Sofa zurück, schlang die
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