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Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Titel: Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
Autoren: Walter H. Hunt
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Senioroffiziere – Jahre älter als sie selbst und untrennbar mit ihrem Posten verwachsen – hatten sie vor vier Tagen in den Offiziersclub zum Abendessen eingeladen, um ihr einerseits die Sorge vor der anstehenden Inspektion zu nehmen, andererseits aber auch zu versuchen, sie unter den Tisch zu trinken. Der Gedanke an den Abend brachte sie unwillkürlich zum Lächeln. Mit das Erste, was ein Offizier lernt, ist Alkoholgenuss in Maßen, und sie hatte sich entsprechend den besten Traditionen des Militärs behaupten können.
    Dennoch wusste sie, dass etwas Großes im Gange war – es war mehr als bloß eine plötzliche Laune erforderlich, um einen alten Hasen wie Tolliver so nah an den Rand des imperialen Raums zu bringen. Es bedeutete, dass jemand bei der Admiralität von den Ereignissen der letzten Wochen – dem Verschwinden zweier Forschungsschiffe – Notiz genommen hatte.
    Die Admiralität hielt es für angebracht, sich dieser Vorfälle anzunehmen, und deshalb hatte man einen Mann auf den Weg geschickt. Tolliver war Enkel und Urenkel von imperialen Premierministern und tief in Vetternwirtschaft verstrickt. Vermutlich war er schlau genug zu merken, wenn man ihm etwas vormachte. Aber von einem Soldaten hatte er so wenig, dass er jede eigenmächtige Aktion vermeiden würde.
    Tolliver würde also nach Cicero kommen, seine Inspektion durchführen und dann irgendwelche Anweisungen zurücklassen. Die offiziellen Befehle wurden in militärisches Juristenchinesisch verpackt, echte Anweisungen wurden durch eine Null wie Tolliver überbracht. Einzelheiten waren ihr nicht bekannt, dennoch war anzunehmen, dass sie etwas in dieser Art zu hören bekommen würde: Lösen Sie das Problem, sonst versetzen wir Sie auf eine ruhige Station … zum Beispiel nach Pergamum. Diese Flottenbasis auf halber Strecke zwischen dem Sol-Imperium und dem treuen Verbündeten, dem Hohen Nest, war in etwa der ruhigste Posten, den man sich vorstellen konnte. Zugleich war er die Sackgasse schlechthin für eine Karriere bei der Navy.
    Na gut, sagte Jackie sich. Ich werde das Problem schon lösen. Vermutlich sind es nur ein paar verdammte Piraten, wie vor sechs Jahren. Sie würden deren Schlupfwinkel finden, stürmen, die Schiffe und alle Beute beschlagnahmen. Die Piraten bekamen dann die harte Hand des Imperators zu spüren, alle anderen erhielten einen Orden.
    Eine leise Stimme in ihrem Hinterkopf meldete jedoch Zweifel an. Jackie wusste, die Gustav Adolf II. und die Negri Sembilan waren zu gut bewaffnet, um in die Gewalt von Piraten zu geraten. Zwar handelte es sich bei beiden um Forschungsschiffe, aber sie verfügten über Marine-Einheiten und erfahrene Crews. Es musste schon etwas sein, das groß und schlau genug war, um es mit solchen Schiffen aufzunehmen … Langsam ging sie weiter und merkte, wie diese Überlegungen sie mit neuer Energie erfüllten, die ihr half, gegen ihre Müdigkeit anzukämpfen.
     
    Ch’k’te wachte auf, als er hörte, wie eine leichte Brise die Glocken im vorderen Flur bewegte. Während er seine Beine streckte, spreizte er zugleich seine Flügel und brachte sie in die Pose von esLiNa’yar, der Begrüßung des Tages, und schickte ein kurzes Gebet an esLi
    Manchmal bedauerte er es, nach Cicero versetzt worden zu sein. Auch wenn ihm bewusst war, dass es sich um eine Ehre handelte, auf einer der größten Flottenbasen zu dienen, stellte die Schwerkraft dieser Welt für ihn eine Belastung dar. Fliegen konnte er nur in Simulatoren, und über die Kälte wollte er lieber erst gar nicht nachdenken.
    Er betrat das Bad und setzte die Schutzlinsen auf, damit das grelle Licht der Sonne von Cicero auf ein angenehmeres chromatisches Maß reduziert wurde. Dann ging er in den Vorraum, wo N’kareu, sein jüngster Cousin und alHyu, auf ihn wartete.
    »Ich grüße dich, erhabener Cousin«, sagte N’kareu und deutete eine Verbeugung an. »Ich bitte achttausendmal um Verzeihung, dass ich dich in deiner Meditation gestört habe.«
    »Es war ohnehin Zeit, den Morgen zu begrüßen«, erwiderte Ch’k’te und ging zum Fenster, um die Jalousie hochzuziehen, damit der Sonnenschein ins Zimmer fallen konnte.
    »Was kann ich für dich tun, se Cousin?«
    »Die Kommandantin bittet dich, sie mit deiner Anwesenheit zu beehren, se Ch’k’te.«
    »Um diese Zeit?« Er sah zur Uhr und stellte fest, dass es erst halb sieben war.
    »Sie kam mir im Korridor vor der Offiziersmesse entgegen, se Cousin, und bat mich, herzukommen und dich zu wecken. Sie
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