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Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Titel: Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
Autoren: Walter H. Hunt
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Flügelfedern glatt und zog die Krallen ein.
    »Es ist nicht ratsam«, sagte er ruhig, »einen Krieger während seiner Meditation zu stören.«
    »Ich bitte achttausendmal um Verzeihung, Cousin«, entgegnete N’kareu mit gesenktem Blick. »Aber du sahst aus … als wärst du in Gefahr gewesen.«
    »Wieso das?«, fragte Ch’k’te.
    N’kareu antwortete nicht, sondern zeigte auf die Fensterbank. Acht tiefe Löcher waren im Kunststoff zu sehen, von Ch’k’tes Krallen in das Material gebohrt.
     
    Sergei sah zu, wie Cicero Prime als Holo über dem Tisch seines Wohnzimmers beständig größer wurde. Er verspürte nicht den Wunsch, den Landeanflug auf der Brücke mitzuerleben, wo sich Admiral Tolliver inzwischen befand. Er begnügte sich damit, in seinem Quartier zu bleiben. Die Brücke eines Raumschiffs war ihm längst fremd geworden, auch wenn er einen Großteil seines Lebens damit zugebracht hatte, solche Schiffe zu befehligen.
    Die Umstände hatten eigentlich keinen anderen Menschen aus ihm gemacht. Es hatte ihn nicht einmal besonders berührt, als er miterlebte, wie sich das Sol-Imperium von Admiral Marais distanzierte, was inzwischen eine Ewigkeit her zu sein schien.
    Die Zeit hatte dennoch ihren Tribut gefordert: Sie hatte ihn alt werden lassen, seine Beine waren nutzlos, seine Arme waren schwach, und sein Atem ging bedächtig und gleichmäßig. Die Zeit hatte ihm seine Ehefrau Alyne und seinen engsten Freund Marc Hudson genommen, nachdem sie Admiral Marais ins Exil gefolgt waren.
    Und die Zeit hatte ihm auch Marais genommen. Einige Jahre nach dem Krieg hatte er ein Buch geschrieben, doch in den Augen der Menschheit war er nie rehabilitiert worden. Marais starb als Feind der menschlichen Spezies. Für die Menschen blieb er das Monster, das jene schreckliche Gewalt entfesselt hatte, die notwendig gewesen war, um den Konflikt mit den Zor für alle Zeit zu beenden.
    Es war ein Konflikt, den zu Beginn nicht einmal Sergei richtig verstanden hatte. Vom Admiral war zudem niemals die Erklärung gekommen, er bereue seine Taten oder schäme sich für sie, während das Sol-Imperium dank einer verdrehten Logik mehr als willens gewesen war, die Früchte seiner Arbeit zu ernten.
    Marais war ins Exil gegangen und niemals zurückgekehrt. Nach menschlichen Denkgewohnheiten hätten die Zor den Mann hassen müssen, weil er so viel von ihrem Blut vergossen hatte. Stattdessen aber akzeptierten sie den Admiral als das Zusammenwirken der rachsüchtigen Dunklen Schwinge und der neues Leben schenkenden Hellen Schwinge. Ihm war sogar das gyaryu überreicht worden, das Reichsschwert des Hohen Nestes. Für die Menschen, die den Mann verstoßen hatten, war das ein widersinniges Verhalten, das sie selbst Jahrzehnte später noch immer nicht begreifen konnten.
    hi’i Sse’e hatte nach dem Krieg weiter das Amt des Hohen Lords ausgeübt – der arme, blinde Sse’e. Chris Boyd, Großvater des derzeitigen Gesandten, hatte einen Traum, den er mit dem alten Hohen Lord teilte, in dem der mysteriöse Adjutant des Admirals, Captain Stone, als Kreuzung aus Zor und Mensch zu sehen war, der Sse’e mitteilte, dass der nie wieder träumen würde.
    Es war eine zutreffende Prophezeiung, denn keine zwei Jahre nach dem Ende des Krieges nahm sich hi’i Sse’e das Leben, indem er sein Herz selbst zum Stillstand brachte. Sergei war vermutlich der einzige noch lebende Augenzeuge, der den Leichnam des alten Zor als blutige Masse auf dem Boden der einstigen Meditationskammer hatte liegen sehen.
    hi’i Dra’a, der Sohn von hi’i Sse’e, war ebenfalls »von den Acht Winden berührt« worden und starb ein Jahr später im Garten. Er war ebenfalls nicht in der Lage gewesen, die lenkenden Träume zu empfangen. Für das Sol-Imperium ergab das alles keinen Sinn, da dort ohnehin niemand auf Erkenntnisse aus den Träumen des Hohen Lords wartete.
    Nach hi’i Dra’a war das Gleichgewicht der Hohen Lordschaft anscheinend wiederhergestellt worden, da die vorhersehenden Träume zum Hohen Lord zurückkehrten. Damit einher ging auch das Vertrauen in eine neue freundschaftliche Verbindung zwischen dem Volk und der Menschheit. Seit über achtzig Jahren herrschte Frieden, da jede Spezies lernte, was es über die jeweils andere Seite zu wissen galt …
     
    Die Jahre schienen schwer auf Sergei zu lasten, der in seinem Quartier an Bord der Cincinnatus saß und das Holo des bewohnbaren Planeten im Cicero-System betrachtete. Auf einmal stieg von dort eine Rauchfahne auf und
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