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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie
Autoren: Aner Shalev
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vorziehe, sagte er, und sie antwortete, aber der Koffer ist schwer, und er sagte, nein, er ist nicht schwer, und plötzlich spürte er das Gewicht der überflüssigen Anzüge und sagte, weißt du was, vielleicht hast du recht, vielleicht ist es besser, den Aufzug zu nehmen, als würde dieser Verzicht ihm Punkte in dem Spiel geben, das sie schon jahrelang spielten, und Ruth sagte, ich gehe mit dir nach unten. Sie sanken in dem vergoldeten Aufzug vom zehnten Stock hinunter zur vergoldeten Lobby und warteten auf den Portier, der hinter einem kleinen Tresen im Haupteingang des Gebäudes saß, mit einer seltsamen Mütze auf dem Kopf, die ihn wie einen Polizisten aussehen ließ, und der Portier sagte, ich wünsche Ihnen eine schöne Reise, und Adam erschrak, woher wusste der Portier von seiner Reise, er hatte ihm doch nichts erzählt, aber dann verstand er, dass der Koffer in seiner Hand und das orangefarbene Taxi der Firma Carmel am Eingang der Lobby keine andere Möglichkeit zuließen, und er bedankte sich beim Portier und fragte ihn, ob er während der Feiertage hierbleibe, und der Portier sagte, was kann ich machen, mein Herr, Arbeit ist Arbeit, und beinah hätte er gesagt, das ist nicht so schlimm, ich fahre ja auch nicht weg, aber der Taxifahrer, der in der Lobby auf ihn wartete, riss ihm schon fast mit Gewalt den Koffer aus der Hand, und in wenigen Sekundenwaren sie bereits unterwegs, kurz davor hatte Ruth ihm noch einen Apfel durchs Fenster gereicht und einen Rabattbon über drei Dollar der Firma Carmel, den er wohl bei der vorhergehenden Reise bekommen hatte.
    JFK , fragte der Taxifahrer, und Adam erschrak erneut, zu viele Menschen wussten über seine Pläne Bescheid, aber dann fiel ihm ein, dass Ruth bei Carmel angerufen und das Taxi bestellt hatte, und bei der Bestellung musste sie das Ziel schon angegeben haben, so war es wohl gewesen, und er zögerte einen Moment, versuchte Zeit zu gewinnen, betrachtete den Zeitungskiosk an der Ecke, tat so, als habe er die Frage nicht gehört, und ärgerte sich über die übliche unmögliche Forderung, im Voraus das Ziel zu benennen, denn was wissen wir letztlich schon über unsere Ziele.
    Sie fuhren die 57. Straße entlang Richtung Westen, überquerten die First Avenue, ohne zu sprechen, und er dachte, dass bis jetzt alles in Ordnung sei, denn Tatsache war, dass der Taxifahrer seine Frage nicht wiederholte, doch dann kam ihm in den Sinn, dass die Frage des Taxifahrers rein rhetorisch gewesen war, dass er die Anweisungen schon bekommen hatte und dass er auf jeden Fall zum JFK fahren würde, und dass er, wenn er ihm nicht sofort erklärte, dass das Ziel ein anderes sei, innerhalb von zwei Minuten auf der Queensboro Bridge sein würde. Er unterbrach das lange Schweigen, an das beide sich schon gewöhnt hatten, und sagte zum Fahrer, entschuldigen Sie, ich glaube, ich habe etwas vergessen, und der Fahrer sagte, machen Sie sich keine Sorgen, ich fahre Sie zurück nach Hause, und Adam sagte drängend, nein, nicht nach Hause, ins Büro, ich muss etwas aus dem Büro mitnehmen, und der Fahrer sagte, in Ordnung, Sie müssen nicht schreien, sagen Sie mir die Adresse und ich fahre Sie hin.
    Er hätte den Fahrer bitten können, ihn zum Washington Square zu fahren, dort war das Hotel, er hätte ihm sagen können, dort sei sein Arbeitsplatz, der Fahrer kannte ihn doch nicht, undes gab viele Menschen, die in der Nähe des Washington Square arbeiteten, zum Beispiel an der NYU , er hätte durchaus Professor der NYU sein können, aber irgendetwas hinderte ihn daran zu lügen. Er gab dem Fahrer die Adresse des Konsulats, und der Fahrer sagte, kein Problem, ich bringe Sie hin, und während der ganzen Fahrt versuchte Adam sich davon zu überzeugen, dass das Ziel das Konsulat sei, nicht JFK , dass der Fahrer bereits auf den JFK verzichtet habe, aber als sie zur Kreuzung 42. Straße und Second Avenue kamen und vor dem hässlichen schwarzen Gebäude hielten, in dem sich das israelische Konsulat befand, war klar, dass nichts zu machen war, nichts würde diesen Fahrer davon abhalten, ihn zum JFK zu fahren, sei es auf direktem oder indirektem Wege, er war wie eine Rakete, die man auf ein Ziel gerichtet hatte.
    Der Fahrer sagte, ich warte hier auf Sie, holen Sie, was Sie brauchen, und dann fahren wir weiter zum JFK , und Adam sagte, das kann dauern, vielleicht ist es besser, wenn ich hier aussteige,
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