Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie
Autoren: Aner Shalev
Vom Netzwerk:
und der Fahrer sagte, machen Sie sich keine Sorgen, ich werde Sie nicht zusätzlich zur Kasse bitten, nehmen Sie sich Zeit, ich warte, und Adam machte einen letzten Fluchtversuch und sagte, Sie können fahren, ich werde Sie bis zum JFK bezahlen, ich bezahle Sie, als wäre ich mit Ihnen bis zum JFK gefahren, und plötzlich hörte sich das Wort JFK wie ein Mantra an, das ihn und den Fahrer in seinen Bann geschlagen hatte, ab jetzt würden sie es immer wiederholen, wie eine Zauberformel, und sein letzter Vorschlag schien mehr zu schaden als zu nützen, denn der Fahrer sagte tief beleidigt, Sir, solche Sachen mache ich nicht.
    Als er das Taxi verließ, blieb sein Koffer im Kofferraum, er dachte, wie überraschend und unerwartet das Leben doch sein konnte, statt das Zimmer zu erreichen, das er für sich und Eva am Washington Square bestellt hatte, war er an der Kreuzung 42. Straße und Second Avenue, in dem Abschnitt gegenüber dem Konsulat, der jetzt Yitzhak Rabin Way hieß, und er hoffte, dassheute, am Donnerstag, an Thanksgiving, das Konsulat leer sein würde, und bereitete sich bereits auf die Sicherheitsrituale am Eingang zum Konsulat vor, auf das Klingeln, auf die doppelten Türen, die Magnetkarte, als ihm plötzlich vom Eingang her der Generalkonsul entgegenkam, klein und zur Glatze neigend, aber voller Elan, wie immer, und der Konsul klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und fragte, Adam, was führt dich am 25. November hierher, hast du nicht gehört, dass heute Thanksgiving ist? Und Adam sagte, ich habe nur vergessen, ein paar Unterlagen mit nach Hause zu nehmen, und der Konsul sagte, Unterlagen, was für Unterlagen, ich hoffe, dass du die Gepflogenheiten kennst, und Adam lächelte und schob die Magnetkarte in den Schlitz, aber die Tür ging nicht auf, und er fragte sich, ob der Konsul seine Sicherheitsstufe bereits aufgehoben hatte.
    Er lächelte den Konsul an und der Konsul lächelte zurück und sagte, du hältst die Karte verkehrt herum, siehst du das nicht? Und Adam drehte die Magnetkarte um und schob sie erneut durch den Schlitz, und plötzlich ärgerte es ihn, dass er hier der Verdächtige sein sollte, im gleichen Maß hätte er den Konsul verdächtigen oder ihm erklären können, wie man die Magnetkarte durch den Schlitz führt, aber dann stellte sich heraus, dass der Konsul an etwas ganz anderes dachte. Adam, sagte er, ich habe hier einen unglaublichen Château Musar, den du unbedingt probieren musst, Jahrgang 82, ich habe eine Kiste zu einem Sonderpreis bekommen, möchtest du vielleicht eine Flasche für das Thanksgivingessen heute Abend mitnehmen? Ich bin sicher, dass Ruth sich freuen würde, es ist ein wahres Schnäppchen, und Adam sagte, danke, aber Ruth fährt nach Long Island, um mit ihrem Bruder Thanksgiving zu feiern, und der Konsul fragte, was, sie fährt allein? Und Adam sagte, nein, ich wollte sagen, wir fahren zusammen, wir haben uns eine Woche Urlaub genommen, um uns vom New Yorker Stress zu erholen, und der Konsul klopfte ihm auf die Schulter und sagte, wie macht ihr das, Adam? Ihr seid schonlänger als zehn Jahre verheiratet und macht immer noch den Eindruck, als wärt ihr in den Flitterwochen.
    Adam sagte, vielleicht sind die gemeinsamen Urlaube das Geheimnis, und der Konsul stöhnte und sagte, du hast recht, ich fahre viel zu viel weg, und immer allein, meine Frau zieht es vor, in New York zu bleiben, manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mit New York verheiratet ist, nicht mit mir, und er hielt Adam die Weinflasche hin und sagte, nimm, bring sie Ruth mit einem Gruß von mir, es ist ein wunderbares Geschenk, aus den Weinbergen im Libanon, passt gut zum Truthahn, und Adam sagte, leider darf Ruths Bruder keinen Rotwein trinken, es gibt ein medizinisches Problem, und der Konsul sagte, ich habe auch Weißwein, aber der passt nicht zum Truthahn, und Adam sagte mit einem Ausbruch plötzlicher Freude, genau! Und der Konsul sagte, vergiss Thanksgiving, nächste Woche, wenn ihr aus den Ferien zurück seid, kommst du in mein Büro und wir probieren den Château Musar.
    Als Adam in dem verlassenen Korridor der dreizehnten Etage zu seinem Büro ging, fiel ihm ein, dass er seine E-mails checken könnte, normalerweise schaute er sie einmal täglich an, aber heute hatte er es noch nicht getan, das war seine Chance, denn wer weiß, vielleicht erwartete ihn eine eilige Nachricht,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher