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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte
Autoren: Simon Mockler
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hinzusehen, lief er pfeifend an ihnen vorbei in eine Hintergasse.
    Mit Blick auf die Uhr näherte sich Sir Clive vorsichtig der Telefonzelle. Noch eine Minute bis Mitternacht. Von den beiden Agenten auf der Straße hatte er nichts gehört, doch die zwei im Auto hatten ihm bestätigt, dass er nach Plan vorgehen könne. Er sah den Renault mit Jack Hartman, die Gestalt mit der Kapuze hinter dem Lenkrad. Er zog an der Glastür, die sich mit lautem Quietschen öffnete, und betrat die Telefonzelle.
    »Bin auf Warteposition«, sagte er leise und hoffte, dass das Mikrofon, das an seinem Hals befestigt war, seine Worte aufnahm.
    »Wir geben Deckung«, kam die Antwort. »Sobald der Typ aus dem Auto steigt, schnappen wir ihn uns.«
    Jack lugte durch das hintere Fenster auf der Beifahrerseite in den Wagen der Agenten und beobachtete die zwei Silhouetten im Innern. Einer der Männer sprach in ein Walkie-Talkie. Sie waren es, kein Zweifel. Er hatte sich auf Socken leise zurückgeschlichen, wobei ihm sein Herzschlag lauter vorkam als seine Schritte auf dem Pflaster. Geduckt fasste er mit einer Hand an den Türgriff, während die andere die Waffe bereithielt. Wenn die Tür verriegelt war, würde er durch die Scheibe schießen, zweimal pro Mann, nur um sicherzugehen. Er zog vorsichtig am Griff, und die Tür öffnete sich wider Erwarten leicht und ohne Widerstand. Die armen Irren, dachte Jack, sie waren vollkommen ahnungslos. Er schoss das Magazin leer. Je einen Schuss auf den Körper, einen auf das Bein, für den Fall, dass sie Schutzwesten trugen. Er entfernte sich vom Wagen. Binnen Sekunden war alles vorbei gewesen, zumindest für die zwei Agenten. Jack nahm sein Handy und wählte die Nummer der Telefonzelle gegenüber, während er zur Hauptstraße zurückging.

87
    Das Klingeln schrillte laut in der Kabine, und Sir Clive wäre beinahe vor Schreck zusammengezuckt. Leise fluchend nahm er den Hörer ab.
    »Unter dem Apparat ist ein Handy festgeklebt. Nehmen Sie es, und klettern Sie über die Friedhofsmauer. Erwarten Sie auf der anderen Seite weitere Anweisungen. Sollte ich jemanden entdecken, der Ihnen folgt, ist die Sache sofort abgeblasen.« Damit war die Verbindung tot.
    Kein Zweifel, Jack Hartman. Sir Clive spürte Wut in sich hochkochen. Dieser unverschämte Mistkerl meinte wohl, er könnte ihn herumkommandieren. Er sah sich nach dem Renault um. Die Gestalt mit der Kapuze saß immer noch hinter dem Steuer. Na warte, du ahnst nicht mal, wie dir geschieht, wenn du aus dem Auto aussteigst …
    Doch nichts passierte. Die Gestalt rührte sich nicht. Sir Clive entschied, möglichst weithin sichtbar über die Mauer zu steigen. Hauptsache, der Kerl verließ endlich den Wagen. Er griff unter den Fernsprechapparat, riss das Handy los und stieß die Glastür auf, um zu der Mauer zu gehen. Es gab ein paar Stellen, wo er guten Halt finden würde. Unbeholfen stemmte er sich hoch.
    Jack sah dem beleibten MI 6-Mann von der gegenüberliegenden Straßenseite aus zu, und sobald er hinter der Mauer verschwunden war, rief er das Handy an.
    »Folgen Sie dem Hauptweg etwa hundert Meter weit, bis Sie zum Grab von Monsieur Guillotin kommen«, ordnete er schnell an und legte sofort auf, ehe Sir Clive zu einer wütenden Tirade ansetzen konnte. Ob ihm die Wahl des Grabes zu denken geben würde?
    Jack kletterte geschickt über die Mauer und kam geräuschlos auf dem Boden auf, während Sir Clives massige Silhouette sich auf dem gepflasterten Weg rasch von ihm entfernte. Er wartete einen Augenblick, die Schultern gegen die kühle Nachtluft hochgezogen, mit rauem, keuchendem Atem. Ohne das Team im Rücken war der Mann verwundbar. Eine unbehagliche Sekunde lang verspürte Jack das Bedürfnis, ihn einfach in Ruhe zu lassen und zu gehen. Doch dann kehrte schmerzlich die Erinnerung an seinen Vater zurück, der skrupellos getötet worden war. Die Wut brandete erneut in ihm hoch, und er rannte lautlos hinter Sir Clive her.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, sagte er in kaum hörbarem Flüsterton, als er ihn eingeholt hatte.
    Sir Clive blieb stehen und überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis Michaels und die anderen über die Mauer setzten.
    Jack näherte sich vorsichtig und drückte seine Waffe in Sir Clives dicken Kaschmirmantel. »Langsam, ganz langsam … nehmen Sie jetzt Ihre Waffe heraus und legen sie hinter sich auf den Boden.«
    Sir Clive schnaubte. Michaels stellte seine Geduld diesmal wirklich auf die Probe. Widerstrebend zog er seine Pistole aus dem
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