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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte
Autoren: Simon Mockler
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leisen Pling kündigte sich eine neue E-Mail an. Er legte das Handy auf den Tisch und las: Paris. Friedhof Père LaChaise. Heute um Mitternacht. Warten Sie in der Telefonzelle vor dem Haupteingang. Ich habe ein paar Dateien, die Sie interessieren dürften .
    Sir Clive war baff. Damit hatte er nicht gerechnet. Er sah auf seine Armbanduhr. Kurz vor dreizehn Uhr. Ihm blieb nicht viel Zeit. Welche Dateien? Hatte der Kerl etwas gegen ihn in der Hand? Hatte er im Dschungel irgendetwas aufgeschnappt?
    Nachdem Jack sich offenbar vorgenommen hatte, künftig die Regeln zu diktieren, hatte es keinen Sinn mehr, Harvey um Verstärkung zu bitten. Zumindest standen Sir Clive Außendienstagent Michaels und dessen Leute zur Verfügung. Die Männer wären binnen einer Stunde einsatzbereit und könnten lange vor Mitternacht bereits in Paris in Stellung gehen. Er scrollte zum Ende der Seite und fand ein Foto: ein zertrümmertes Headset und ein blutverschmiertes Satellitentelefon neuester Bauart. Sir Clive sah sich unwillkürlich um. Diese E-Mail durfte niemand zu Gesicht bekommen. Doch selbst wenn der junge Mann zufällig auf eines der Handys seiner Spezialeinheit gestoßen war, konnte er darauf nur verschlüsselte Daten gefunden haben. Andererseits, Sir Clive biss sich auf die Unterlippe bei dem Gedanken, war er ein Ass in Informatik.
    »Michaels«, bellte er in sein Telefon. »Stellen Sie ein Vier-Mann-Team zusammen. Wir fahren nach Paris.«

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    Monsieur Blanc vergewisserte sich mit einem Blick über Jacks Schulter, dass die E-Mail abgeschickt war.
    Dann bat er Amanda, aus dem Zimmer zu gehen, sehr zu ihrer Entrüstung. »Ich versichere Ihnen«, erklärte er, »es geht einzig und allein darum, dass Sie nicht wissen sollen, was wir im Einzelnen mit Sir Clive vorhaben. Glauben Sie mir, wenn irgendetwas schiefgeht, ist es besser, Sie wissen von nichts.«
    Amanda blickte sich hilfesuchend nach Jack um, doch der zuckte nur mit den Schultern. »Ich schätze, er hat recht. Wenn das hier schiefgeht, soll es nicht auf dich zurückfallen.«
    Monsieur Blanc schloss die Tür hinter ihr und sah auf seine Uhr. »Sir Clive wird ein paar Männer schicken, um den Treffpunkt in Augenschein zu nehmen. Wenn sie mit dem Hubschrauber kommen, sind sie wahrscheinlich binnen drei Stunden vor Ort. Sie müssen so schnell wie möglich los.« Er musterte Jack prüfend. »Sind Sie sicher, dass Sie das durchziehen wollen?«
    »Er hat meinen Vater getötet, und er will Amanda töten«, erwiderte Jack trocken. Sein Hass entsprang nicht einem Gefühl, sondern eiskalter Logik. »Was habe ich für eine Wahl …?«
    Monsieur Blanc nickte. Der Satz war nicht als Frage gemeint. »Gut«, sagte er und entfaltete einen Stadtplan von Paris auf seinem Schreibtisch. »Hier sind die Stellen außerhalb des Friedhofs, wo sie sich höchstwahrscheinlich zur Beobachtung postieren, weil man von dort aus die Telefonzelle gut sehen kann. Sie müssen sich unauffällig und so schnell wie möglich von einem zum anderen bewegen. Schalten Sie die Posten nacheinander aus, ehe die anderen begreifen, was los ist. Wenn ich Ihnen dazu einen Rat geben darf: Sie sollten statt Kugeln lieber Pfeile nehmen. Ich habe ein umgebautes Gewehr, das genau die richtige Dosis Blausäure abgibt. Man kann sogar ein Zielfernrohr montieren. Und dann habe ich noch etwas Besonderes, das Sie vielleicht an Sir Clive ausprobieren möchten.«
    Jack hob eine Braue. »Das klingt final …«
    Monsieur Blanc nickte. »Das ist es mit Sicherheit, deshalb habe ich auch darauf bestanden, dass Amanda den Raum verlässt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Ärzte sich oft scheuen, Leben zu beenden.«
    »Mmh«, machte Jack unverbindlich, den Blick auf den Stadtplan gerichtet, um sich die Straßen um den Friedhof herum einzuprägen. Was er Amanda über die ganze Sache erzählen wollte, würde er sich später überlegen.
    »Und jetzt möchte ich Ihnen etwas zeigen«, sagte Monsieur Blanc, trat mit einer theatralischen Geste vom Schreibtisch zurück und schob eine der weißen Wandvertäfelungen zur Seite. Dahinter wurde eine Stahltür sichtbar, die dem Tresorraum einer Bank zu entstammen schien.
    »Dieses Haus wurde von einem gewissen Monsieur Guillancourt erbaut, einem der angesehensten Financiers des achtzehnten Jahrhunderts. Er hat den Tresor zu Zeiten der Revolution anfertigen lassen, um seine Schätze vor den rebellierenden paysans zu schützen. Ich habe leichte Modernisierungen vornehmen lassen«, erläuterte Monsieur Blanc
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