Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte
Autoren: Simon Mockler
Vom Netzwerk:
Amanda stand neben dem Wagen. Er rannte auf sie zu, schloss sie fest in die Arme und wischte ihr die Tränen von den Wangen. Sie bebte am ganzen Körper.
    »Ist er auf den Deal eingegangen? Wird er uns in Frieden lassen?«, wollte Amanda wissen und blickte ihn mit tränenfeuchten Augen an.
    Jack zog verlegen die Schultern hoch. »Alles ist gut. Uns kann nichts mehr passieren«, sagte er, ohne ihr ins Gesicht zu sehen.
    »Und die anderen, die die Straße beobachtet haben? Werden die uns nicht verfolgen, wenn sie zu sich kommen?«
    Jack biss sich auf die Lippe. »Das würde mich sehr wundern.«

Epilog
    Kanzlei Brooke & Hall, Grays Inn Square, London
Vier Wochen später
    Auf den Holzstühlen mit den senkrechten Rückenlehnen konnte man nur mit durchgestrecktem Rücken sitzen. Es roch nach einer Mischung aus Moder und der Politur, mit der die Holzvertäfelungen an den Wänden behandelt waren. In einer Ecke tickte seelenruhig eine alte Standuhr. Jack hätte nie für möglich gehalten, dass sein Vater eine alteingesessene und teure Londoner Kanzlei mit der Vollstreckung seines Testaments beauftragen würde. Er hatte nicht einmal damit gerechnet, dass es überhaupt ein Testament gab.
    »Es ist noch gar nicht lange her, dass Ihr Vater auf uns zukam«, sagte der Anwalt, ein würdiger Vertreter seiner Zunft mit grauen Haaren und leuchtend blauen Augen. Er sprach langsam und bedächtig, und in seiner Stimme lag ein leicht herablassender Ton, als ginge er davon aus, dass der junge Mann, der ihm gegenübersaß, mit juristischen Fachbegriffen ohnehin nichts anfangen konnte. »Mit seinen geschäftlichen Unternehmungen in den letzten Jahren hat er eine beträchtliche Summe Geld erwirtschaftet. Es war sein Wille, dass sein gesamtes Vermögen direkt und vollständig auf Sie, seinen Sohn, übergeht. Zu diesem Behufe hat er eine Reihe von Fonds eingerichtet, welche die Kanzlei Brooke & Hall treuhänderisch verwaltet.« Der Anwalt nahm die Brille ab und sah Jack an. »Vermögenswerte in dieser Höhe werden ziemlich hoch besteuert«, fuhr er in vertraulichem Ton fort. »Ihr Vater hat mit großer Umsicht Wege gefunden, die meisten dieser Steuern zu umgehen. Vollkommen legal, versteht sich, aber auf durchaus verschlungenen Wegen.«
    Jack nickte, obwohl er im Grunde kein Wort verstand. Er hätte mit ein paar tausend Pfund – oder einem Haufen Schulden – gerechnet, aber nicht mit einer Summe, bei der man sich ums Steuersparen Gedanken machen musste.
    Zwei Stunden später, als das Testament verlesen und alle Fragen zu seinen neuen finanziellen Verhältnissen geklärt waren, trat Jack nach draußen ins helle Sonnenlicht. Er war verwirrt und benommen. Sein Vater hatte mit seinen rauschhaften Aktienspekulationen siebeneinhalb Millionen britische Pfund angehäuft. Entweder hatte er unfassbares Glück gehabt, oder er war richtig gut gewesen – oder beides. Zumindest war er skrupellos genug gewesen, um sich nicht vor großen Risiken zu scheuen. Jack musste grinsen. Sein alter Herr hatte außerhalb der Armee etwas gefunden, in dem er richtig gut war. Zu schade, dass das erst passiert war, nachdem Mum ihn verlassen hatte.
    Amanda erwartete ihn draußen. Die Sonne strahlte sie von hinten an und zauberte ihr eine leuchtende Aura um das blonde Haar. Sie war unglaublich schön.
    »Wie war es?«, fragte sie und lächelte ihn erwartungsvoll an. »Wo gehen wir in Zukunft essen: im Ritz oder an der Imbissbude?«
    Jack lachte. »Im Ritz, und zwar morgens, mittags und abends.« Er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Wir sollten über Ostern eine Reise machen. Ich wollte schon immer mal kreuz und quer durch die USA fahren«, sagte er und legte seinen Arm um ihre Schultern. »Was hältst du davon?«
    Beim Mittagessen in einem Pub um die Ecke erklärte er ihr seine Reisepläne. Amanda hörte aufmerksam zu. Seine Erregung überraschte sie; die Reise schien ihn mehr zu begeistern als die Erbschaft. Immer wieder redete er von Beverly Hills und dass er dort gern ein paar Tage verbringen würde, um alles zu besichtigen. Sie war ziemlich sicher, dass es in diesem Teil von Los Angeles nicht viel zu sehen gab, aber sie wollte ihn nicht enttäuschen. Seine Augen füllten sich mit einem besonderen Glanz, wenn er davon sprach.
    Doch ihre Zweifel waren berechtigt. Jacks Enthusiasmus hatte nichts mit Urlaubsplänen zu tun oder dem vielen Geld, das er geerbt hatte. Sein plötzlich erwachtes Interesse für Amerika kam einzig und allein daher, dass Monsieur Blanc die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher