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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer
Autoren: Arne Dahl
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hielt den Fetzen in die Höhe und wedelte damit und brüllte, aber niemand kam, verdammt, Marcus lag in den Büschen und bohrte Dumm-Alma an, und die übrigen Idioten hatten sich wohl im Wald verlaufen. Außer den Pennern, die in der Laube saßen und soffen. Felicias scheißgeile Mutter, die willig ihren Altweiberspeck vor allen Teenagern entblößt, hat uns gesehen, änderte aber blitzschnell die Richtung. Sie hatte wohl Angst, vergewaltigt zu werden, wie alle Weiber, die nie einer vergewaltigen würde, selbst wenn sie auf Knien darum betteln würden. Dann verschwand sie, und wir zogen weiter zum Fluss, aber jetzt wurde es wieder so dicht, Scheißnadeln und Scheißäste und Scheißmücken. Albin oder Alvin schrie auf, ich kann sie nie auseinanderhalten, und sagte, er hätte einen Elch gesehen. >Es kann kein Elch gewesen sein<, sagte ich, >die sind ja riesig, du würdest dir in die Hose scheißen.< >Ich hab ihn auch gesehen<, sagte Chicken-Daniel. >Aber ich glaube, es war ein Hirsch, ich hab seinen Rücken gesehen, bra ungrün, wie ein Rothirsche >Hal tet die Schnauze, ihr Nullen<, sagte ich, und da wurde es still. Dann kamen wir runter an die verdammte Flussbiegung. Ein Haufen Krempel schoss vorbei und ein verdammtes blaues Stück Tuch. Dann trieb eine aufgequollene Ratte vorbei, und als einer sie umdrehte, sah man, dass sie ihre Därme ein paar Meter hinter sich herzog. Wie eine verdammt komische Qualle, und da kotzte Albin oder Alvin auf Alvin oder Albin, und sie fingen an, sich zu prügeln. Scheiße, ist das spaßig mit Zwillingskumpeln. Aber Emily ist tot, das schnallt wohl jeder. Sie war wahrscheinlich beleidigt wie immer und ist am Fluss entlanggegangen, alle Mädchen wollen sich ja dauernd umbringen, jedenfalls fast alle, und wer in diesen Scheißpissfluss fällt, ist innerhalb von einer halben Minute tot. Verdammt.
    Man kann nicht direkt sagen, dass wir es darauf angelegt hätten, mit den Dorfbewohnern in Kontakt zu kommen. Also war ich nicht besonders erfreut, als mir der Auftrag zugeteilt wurde, mich im Ort umzuhören. Wir kauften im Supermarkt bei Näsaker ein, also hatte ich nicht mal eine Ahnung davon, dass gleich um die Ecke ein kleiner Ica-Laden war. Lebensmittel, Videoausrüstung, Auslieferung für Medikamente und Spirituosen. Und Treffpunkt der Dorforiginale. Drei Alte saßen auf den Parkbänken vor dem Laden und glotzten mich misstrauisch an. >Ich heiße Nils<, sagte ich, und das sollte ein Gruß sein. >Ich wohne mit einer Schulklasse im Gamglrden hier drüben, ihr habt uns bestimmt gesehene Einer der Alten beugte sich vor und sagte: >Gehört.< >Was?< >Nicht gesehen<, sagte der Alte, >sondern gehörte >Teufel, wie ihr schreit<, sagte der Alte neben ihm. >Auch nachts. Nullachter, was?< Ich nickte und sagte: >Ja, wir kommen aus Stockholm. Und jetzt ist einer von unseren Teenagern verschwunden, und ich wollte mal fragen, ob ihr jemanden hier im Dorf gesehen habt.< Es ging wie ein Beben durch die drei Alten, kurze, scharfe Blicke wurden ausgetauscht. >Mädchen oder Junge ?<, fragte der erste Alte, den Blick auf den Boden gerichtet. >Mädchen<, sagte ich und begriff nicht, was vor si ch ging. >Dann also nicht Calle<, nickte der Alte Nummer drei dem Alten Nummer eins zu. >Schön<, sagte der Alte Nummer zwei und nickte. >Weil, wir angeln mit Calle<, verdeutlichte Nummer eins in meine Richtung. Ich guckte sie der Reihe nach ungeduldig an. >Ich wollte nur wissen, ob ihr ein Mädchen allein hier habt vorbeigehen sehen<, sagte ich. Die Alten schüttelten die Köpfe. Es war wie eine einzige träge Bewegung, die sich zwischen ihnen fortpflanzte. Als ich weiterging, hörte ich hinter meinem Rücken: >Es heißt nicht Gamgärden, es heißt Gamm gardene
    Ich weiß nicht, ob man uns wirklich Freundinnen nennen kann, Felicia und mich. Ich weiß, dass alle glauben, ich hänge mich an sie, weil sie so hü bsch ist, aber ich weiß inzwisc hen, dass sie mich viel mehr braucht als ich sie. Ich mag das, was unter dem hübschen Äußeren in ihr ist, das, was ganz und gar zerbrochen und kaputt ist, und wenn man ihre Mutter sieht, dann versteht man, was es ist. Es ist der Mangel an Liebe. Felicias Mutter Lisa hat nie einen anderen Menschen geliebt als sich selbst - und mich hasst sie. Ich weiß, dass sie mich deformiert nennt, obwohl ich nicht begreife, warum. Vermutlich weil alles, was in die Nähe ihres perfekten Schmuckstücks von Tochter kommt, deformiert wirkt. Man kann viel gegen meine Eltern sagen, die Armen, aber
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