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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer
Autoren: Arne Dahl
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Bezug auf die Ausrichtung.«
    »Der Pädophilenring ist jedenfalls gesprengt«, sagte Hjelm. »Die Pädophilen verschwinden von der Straße. Mindestens dreißig auf einmal. Das hätten Sie nie leisten können. So etwas leistet nur der Rechtsstaat.«
    »Der Rechtsstaat lässt sie wahrscheinlich in Erwartung eines Gerichtsverfahrens in ein bis zwei Jahren frei. Dann bekommen sie ein Jahr Gefängnis, und anschließend ist die ganze Bande wieder draußen.«
    »Ich verstehe«, sagte Hjelm. »Und was für Pläne haben Sie jetzt? Warum kidnappen Sie mich zum zweiten Mal? Was habe ich mit der Sache zu tun?«
    »Das wissen Sie sehr wohl«, sagte Clöfwenhielm mit einem kleinen Lächeln.
    »Nein, da muss ich Sie enttäuschen«, sagte Hjelm und fuhr über den Lindhagensplan zur E4 in Richtung Norden.
    »Ich mag Sie«, sagte Christine Clöfwenhielm einfach. »Sie senden Schwingungen aus, die ich sehr schätze. Es war tragisch, dass ich den armen Leif bitten musste, sich Ihrer anzunehmen.«
    »Ihr armer Leif hat fünfzehn Menschen ermordet«, sagte Hjelm.
    »Bevor Sie ihn ermordet haben«, sagte Christine. »Warum haben Sie ihn erschossen? Sind der Polizei die Sicherungen durchgebrannt?«
    »Er hatte gerade einem Menschen den Hals durchtrennt«, sagte Hjelm. »Was hätte die Polizei denn tun sollen? Ihn erst einmal den nächsten töten lassen?«
    »Hören Sie auf, wie ein Polizeibeamter im Dienst zu sprechen. Das passt nicht zu Ihnen. Es sieht folgendermaßen aus: Wir haben vor, Fac ut vivas im Ausland wieder aufzubauen. Sie fahren uns nach Arlanda. Wir haben unser Gepäck im Kofferraum. Aber das ist nicht alles, was wir dahaben. Wir haben auch ein neues Leben für dich, Paul Hjelm.«
    »Danke. Ich brauche kein neues Leben.«
    »Nicht?«, sagte Christine. »Du hast dich scheiden lassen, um ein neues Leben zu beginnen. Aber ist es besonders neu geworden? Du hast eine Frau getroffen, von der du geglaubt hast, sie wäre die Frau fürs Leben. Aber daraus wurde nichts. Seitdem hast du mehr oder weniger im Zölibat gelebt, und deine ganze Lebenskraft ist in sich zusammengesunken. Du lebst nicht mehr, du überlebst. Und du weißt sehr genau, dass das nicht reicht.«
    »Und was schlagen Sie vor?«
    »Ich möchte, dass du mein Partner wirst, Paul Hjelm.«
    Hjelm bog auf die E4 ein. Der Verkehr strömte unerwartet glatt. Aber was wirklich strömte, war das Blut in Paul Hjelms Adern. Es brannte.
    »Partner?«, sagte er, und seine Stimme klang belegt.
    »Mein Partner im Bejahen der Lebenskraft und bei der Bekämpfung der Todeskraft. Und vor allem, um dem Lebensüberdruss Einhalt zu gebieten.«
    »Aber ihr seid Verbrecher!«, stieß Hjelm aus.
    »Ohne uns hättet ihr den Pädophilenring nie geknackt, vergiss das nicht. Wir stehen auf derselben Seite. Nur wollen wir eine Gesellschaft nicht akzeptieren, die uns so auslaugt, dass wir die Grundlagen des Lebens vergessen. Leider verteidigst du diese Gesellschaft, Paul, wenn du dich in die offizielle Polizeirolle kleidest.«
    »Und was genau soll es heißen, dass du ein neues Leben für mich im Kofferraum hast?«
    »Ja«, sagte Christine. »Pass, ein Flugticket zu einem sehr angenehmen Ort, eine neue Identität und natürlich neue Kleidung. Ich weiß, dass du willst, Paul. Ich weiß, dass du mich begehrst.«
    »Ja, das tue ich«, sagte Paul unverblümt. »Aber ich kann deshalb nicht ein ganz anderer werden.«
    »Doch«, sagte Christine lächelnd. »Genau das kannst und musst du. Genau darüber reden wir. Der Lebenskraft zu folgen, weg von der Tristesse.«
    Eine Weile war es still im Wagen. Hjelm blickte in den Rückspiegel. Der Buchhalter hatte die Pistole zurückgezogen, aber sie war noch nah genug.
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Das kannst du tun«, sagte Christine. »Dies ist keine Drohung, sondern ein Angebot. Ich biete mich dir an. Sonst fahren wir ohne dich. Ich wünsche mir, dass du mitkommst. Ich will dich haben.«
    Während der restlichen Fahrt nach Arlanda war es vollkommen still im Wagen.
    Später sollte Paul Hjelm versuchen, seine Gedanken in dieser Viertelstunde zu rekonstruieren. Sein ganzes zukünftiges Leben wurde in dieser kurzen Zeitspanne entschieden. Und er sollte seine Gedanken in einer einzigen Frage zusammenfassen: Warum leben wir?
    »Fahren Sie ins Parkhaus«, sagte der Buchhalter vom Rücksitz.
    Hjelm lenkte seinen metallicblauen Dienstwagen in das Parkhaus von Arlanda und fuhr auf einen abseits gelegenen Parkplatz in der obersten Ebene. Dort blieben sie stehen.
    Paul
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