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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken
Autoren: Kerstin Klein
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mit Mimi, die für Neubauprojekte und Eigentumswohnungen zuständig war. Mimi war Mitte dreißig und seit ihrer Scheidung vor zwei Jahren auf der Jagd nach Mr. Right. Dass sie ihn bisher noch nicht gefunden hatte, lag eventuell daran, dass sie diese Suche fast exzessiv betrieb und die Männer Angst vor ihr bekamen.
    Sie packte gerade ihre Sachen zusammen. »Du glaubst es nicht, ich treffe mich heute Abend mit Kevin. Wir wollen ins Vega «, erzählte sie mir begeistert und schüttelte ihre dunklen Locken.
    »Du willst den wirklich treffen?«, fragte ich ungläubig. Seit Mimi ihn vor sechs Wochen im Internet ausfindig gemacht hatte, gab es kaum mehr ein anderes Thema. Und ich fand es sehr bedenklich, was sie so von ihm berichtete. Unter anderem hatte er Bernie als Bonzenschwein bezeichnet, und er hielt Gregor Gysi für einen rechten Reaktionär, »der die Bewegung verriet«. Aber nun, das war ihre Sache.
    Ich erledigte gerade ein bisschen Bürokram, als Nick in unser Büro kam. Wir waren schon ein halbes Jahr zusammen, aber jedes Mal, wenn ich ihn sah, wurde ich immer noch ganz kribbelig. Es war nicht nur sein Aussehen, obwohl das allein schon gereicht hätte. Er war groß, durchtrainiert, hatte dunkle Haare und unglaublich blaue Augen. Kein Gesicht für eine BOSS -Werbung, er wäre eher der Marlboro-Mann. Aber ohne die ganzen Falten. Und zu diesem Aussehen kam noch seine »Leg dich nicht mit mir an«-Haltung. Ja, er war ein bisschen Macho und ja, ich stand da ein bisschen drauf. Damit war ich leider nicht allein, er gefiel fast allen Frauen. Die Folge war, dass ich fast alle Frauen nicht leiden konnte.
    Er hatte schon seine Arbeitsklamotten an, das hieß momentan ausgewaschene Jeans und ein Kapuzen-Sweatshirt. Auch wenn ich der Meinung war, der Sweatshirt-Verkauf sollte auf Kinder unter zehn Jahren begrenzt werden, sah Nick auch in diesem Aufzug heiß aus.
    »Süße«, lächelte er und nahm mich in die Arme. Schon dieser Duft, der von ihm ausging, brachte meine schmutzigsten Fantasien zu Tage. Seine Hände glitten langsam an meinen Hüften hinunter, und sein Mund zog eine Spur von meinem Hals bis zum Schlüsselbein.
    »Ich habe dich vermisst«, flüsterte er in mein Ohr, »das waren zwei sehr lange Tage ohne dich.«
    Ich war zu sehr damit beschäftigt, nicht zu sabbern, als dass ich ihm hätte antworten können. Wir hatten uns die letzten Tage nicht gesehen, weil Nick »was zu erledigen hatte«.
    Kurz bevor ich meine Sprache wiederfand, störte uns leider Mimi.
    »Ihr beide seid einfach ekelhaft. Könnt ihr nicht mal auf uns arme Singles Rücksicht nehmen? Dieses ständige Geknutsche von euch macht mich depressiv.«
    »Tut es nicht«, erwiderte ich, »es weckt in dir die Hoffnung, dass du heute Abend genau so mit Kevin knutschst.«
    »Oder so«, lachte Mimi. »Könnte tatsächlich passieren.«
    Ich wünschte ihr viel Spaß, meinte eigentlich viel Glück, und ging mit Nick zum Auto.
    Nick kam noch kurz mit zu meinen Eltern rein, was meine Mutter zum Strahlen brachte. Sie hatte eine ausgewachsene Schwäche für Nick, was sie jedoch niemals zugegeben hätte. Aber neuerdings war Günther Jauch mit seiner Suche nach dem Millionär bei ihr chancenlos, jetzt schaute sie fast ausschließlich Krimis.
    So wurde ich auch heute fast nebenbei begrüßt, dafür Nick umso ausgiebiger. Letzte Woche hatte sie ihn in eine mehr als finstere Gegend geschleppt, angeblich, um dort Werbung für ihre Tupperpartys zu machen. Aber im Grunde hatte sie nur eines im Sinn – die Hoffnung, dass sich dort Kriminelle zusammenrotten würden, die Nick dann in ihrem Beisein verhaften konnte. Denn genau das war es, was ihr Herz zum Schwingen brachte – die Vorstellung von Nick als eisenhartem Gesetzeshüter.
    Wir gingen ins Wohnzimmer, um meinen Vater zu begrüßen. Er war Klempnermeister und hatte eine eigene Werkstatt. In den letzten Monaten hatte er die Hoffnung geschöpft, dass wieder Ruhe in sein Leben einkehren würde, da sowohl Melinda als auch ich zu Hause ausgezogen waren. Doch durch die Rückkehr meiner Schwester sowie das immer ausgeprägtere Teenie-Verhalten meiner Mutter wurde er eines Besseren belehrt.
    Und die hatte sich längst etwas Neues ausgedacht.
    »Wisst ihr was? Ich habe beschlossen, ein Buch zu schreiben«, bemerkte sie so fast nebenbei. »Ihr glaubt ja gar nicht, was man als Tupperberaterin so alles erlebt, das schreit regelrecht danach, aufgeschrieben zu werden.«
    Mein Vater guckte misstrauisch.
    »Es wird ein Roman, und der
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