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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
Autoren: Eva Almstädt
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woanders zu sein. Dann gab sie sich einen Ruck und fixierte ihren Sohn mit starrem Blick. »Ich habe gerade einen Fehler gemacht.«
    »Hedwig. Beruhigen Sie sich erst einmal!« In die sonst so angenehme Stimme des Pastors hatte sich ein scharfer Unterton geschlichen. Jörgs Mutter reagierte nicht auf ihn. »Ein Fehler«, wiederholte sie schwer atmend. Und dann so leise, dass es kaum noch zu verstehen war: »Es war … Mord.« Hedwig Seesen presste die Lippen aufeinander, und ihr Blick schien sich nach innen zu richten. Es waren die letzten Worte, die Oxana von ihr hören sollte.
    Kriminaloberkommissarin Pia Korittki rollte den Gang entlang. Nein, sie rollte nicht wirklich. Aber so, wie sie ihren hochschwangeren Bauch vor sich herschob, fühlte sie sich wie die Emma Maersk , das weltgrößte Containerschiff, das den Nordostsee-Kanal passieren will. Der Gang zu ihrem Büro in der Bezirkskriminalinspektion Lübeck im Polizeihochhaus war schmal. Sie be fürchtete inzwischen, sich gegen die Wand pressen zu müssen, wenn ihr jemand mit entsprechender Leibesfülle entgegenkommen sollte. Aber es war nur ihr Kollege Michael Gerlach, der aus seinem Büro trat, schlank – hassenswert schlank – und gut gekleidet wie immer. Er war gerade von einem Lehrgang zurück und hatte sie zwei Wochen lang nicht gesehen.
    »Hi, Pia. Immer noch hier? Ich dachte, du wärst allmählich mal im Mutterschutzurlaub?«
    »Ich darf bis zur Geburt weiterarbeiten, wenn ich das möchte. Das ist gesetzlich geregelt, und Gabler hat es sogar schriftlich. Solange das Kind noch nicht da ist und diese verdammten Fahrstühle mich noch hier hochhieven, sitze ich an meinem Schreibtisch. Was dachtest du denn?« Sie stoppte vor der Damentoilette, weil sie schon wieder musste. Das Baby drückte auf die Blase, und manchmal fühlte es sich so an, als würde es sogar hineinkneifen. »Aber da ich nichts Richtiges mehr zu tun bekomme, bin ich in Wahrheit nur hier, um bei euch pinkeln zu gehen«, setzte sie zynisch hinzu.
    Gerlach grinste. »Das Damenklo hast du ja für dich allein. Doch wenn du auch mal wieder richtig arbeiten willst: Gerade ist was Neues reingekommen.«
    »Was denn?«
    Er deutete mit dem Kopf auf die Tür zu Broders’ und Kürschners Büro und verschwand dann federnden Schrittes den Gang hinunter. Sie hätte ihn treten mögen. Neugierig war sie schon. Aber erst einmal … Im Kampf gegen den freien Willen setzte die Natur sich letzten Endes immer durch. Das war ihr nie so bewusst gewesen wie in den letzten Wochen und Monaten.
    »Das ist doch nichts mehr für dich«, blockte Wilfried Kürschner, der stellvertretende Leiter des Kriminalkommissariats 1, ein paar Minuten später ab. »Weißt du überhaupt, wo das passiert ist, Pia?«
    Sie schüttelte ungeduldig den Kopf.
    »Der Ort heißt Düsterbruch. Der Name sagt doch alles: am Arsch der Welt.«
    »Wer weiß, ob die da überhaupt schon geteerte Straßen kennen«, setzte Heinz Broders feixend hinzu. »Und dann stell dir vor, diese Erschütterungen durch Schlaglöcher …«
    »Ich fahre ja nicht allein. Wenn du mitkommst, Broders, kannst du im Fall der Fälle gleich Geburtshilfe leisten. Das wolltest du doch so gern.«
    Broders rollte mit seinem Bürostuhl zurück und machte eine abwehrende Geste, indem er sich mit der Hand vor dem Hals entlangfuhr.
    »Findest du wirklich, dass das eine gute Idee ist, Pia?«, fragte Kürschner besorgt.
    »Worum handelt es sich denn überhaupt?« Ging es um die Sache oder nur um die Lage des Tatortes? Was sollte das Ganze hier werden?
    »Todesfall in einem Dorf. Auf dem Totenschein ist ›unnatürliche Todesursache‹ angekreuzt. Geöffnete Pulsadern. Vermutlich ein Suizid«, unterrichtete Kürschner sie. »Der Name des Opfers ist Hedwig Seesen. Sie wurde heute Morgen tot in ihrem Bett aufgefunden.«
    »War von den Kollegen schon jemand da?«
    »Die Schutzpolizei war als Erste vor Ort. Und ein Rettungsteam. Aber die konnten nichts weiter mehr tun, als den Tod der Frau festzustellen.«
    »Warum fragen sie dann nach uns?«
    »Bei den Kripo-Kollegen vor Ort herrscht gerade akuter Personalmangel. Also haben sie den Fall nach Lübeck weitergegeben.«
    »Verdächtige Begleitumstände?«
    »Auf den ersten Blick nicht. Aber ein mögliches Fremdverschulden muss eben erst noch ausgeschlossen werden.«
    »Das klingt doch nach einem Routinefall. Dann ist das meiner«, sagte Pia und streckte die Hand nach der dünnen Akte aus.
    »Gabler bringt mich um, wenn er das hört«, murmelte
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