Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
Autoren: Eva Almstädt
Vom Netzwerk:
anstand. Sie bestellte sich einen Milchkaffee und ein Baguette mit Käse. Als sie das Tablett entgegennahm, sah sie noch mal zu ihrem Sohn hinüber. Er schlief.
    Pia fand einen freien Tisch am Fenster und stellte das Tablett darauf ab. Dann bahnte sie sich wieder einen Weg nach vorn, um den Buggy zu holen. Es dauerte einen Moment, sich zwischen den eng stehenden Tischen und den vielen Menschen hindurchzuschieben. Als sie zurück zu ihrem Tisch kam, waren Kaffee und Baguette verschwunden.
    Verwirrt sah sie sich um. Hatte sie sich im Platz geirrt? Doch die anderen Tische waren alle besetzt. Sie runzelte die Stirn. Pias Blick blieb an einem Mann hängen, der mit einer Zeitung allein an einem der Tische saß. Wer war das noch?
    Richtig. Es war der Mann, der Mona Falkes Nachbarhaus renoviert hatte, erinnerte sie sich. Sie hatte ihn später zusammen mit Lessing noch mal in Lübeck befragt. Lars Kuhn war sein Name. Er hatte sich wenig hilfsbereit gezeigt. Als hegte er ganz grundsätzlich eine Aversion gegen die Polizei. Aber das war nicht ihr Problem.
    Lars Kuhn sah plötzlich auf und warf ihr über seine Zeitung hinweg einen leicht amüsierten Blick zu. Vor sich auf dem Tisch befanden sich eine Schale Milchkaffee, ein Espresso und ein belegtes Baguette mit Käse. Zufall? Es mussten ihre Sachen sein. Wenn sie sich irrte, wäre das allerdings mehr als peinlich.
    Pia tat so, als suchte sie noch woanders. Als er einen Moment nicht zu ihr herübersah, umrundete sie ein paar besetzte Tische und trat leise von hinten an ihn heran. »Sie haben Hunger und Durst und nicht genug Geld dabei, stimmt’s?«
    Er zuckte zusammen. »Nein. Ich habe Sie nur umquartiert. Ihr Kaffee und Ihr Essen sind bei mir in Sicherheit.«
    »Ich wollte allein einen Kaffee trinken.«
    »Ausgerechnet hier?« Er legte die Zeitung beiseite.
    »Man ist nirgendwo so allein wie in einer Menschenmenge.«
    »Stimmt auch wieder. Ich wusste gar nicht, dass Sie ein Kind haben.«
    Er hatte sie also schon länger beobachtet. Pia sah zu dem schlafenden Felix hinüber, dem die Menschen um ihn herum überhaupt nichts auszumachen schienen. Sie griff nach ihrem Milchkaffee. Gerade nahmen zwei ältere Damen mit vollen Einkaufstüten an ihrem ehemaligen Café-Tisch Platz. Jetzt war nirgends mehr etwas frei. »Ich hab ein Kind, aber keinen Tisch mehr«, sagte sie.
    »Sie dürfen hierbleiben, bis wieder was frei ist.« Er zog einen Stuhl unter dem Tisch heraus. Pia kribbelte es in den Fingern, ihm ihr Baguette in den Mund zu stopfen. Er schien langsam zu ahnen, was in ihr vorging.
    »Hey. Ich hab Sie wohl auf dem völlig falschen Fuß erwischt?«
    »Na ja, was soll’s?«, sagte sie. »Neulich war es ja anscheinend umgekehrt, oder?«
    »Kann man so sagen.« Er überlegte einen Moment. Pia trank im Stehen aus ihrem Becher. Die ersten Schlucke waren mehr Milchschaum als Kaffee.
    »Die Polizei hat die Morde an Mona Falke und ihrem Sohn aufgeklärt, habe ich gehört. Das ging ja direkt schnell.«
    Sie musterte ihn. Es klang nicht gönnerhaft, sondern interessiert. »Entweder geht es schnell, oder es dauert extrem lange.« Manchmal Jahrzehnte, dachte sie.
    »Das von Enno von Alsens Tod zu hören tat mir ehrlich leid.«
    Kein gutes Thema. Pia musterte ihn, um herauszufinden, wie viel er über die Angelegenheit wusste.
    »Sie wollen nicht darüber sprechen?«, fragte Kuhn.
    Pia nickte. Um nichts dazu sagen zu müssen, trank sie noch einen großen Schluck und verbrannte sich an dem heißen Espresso unter dem Milchschaum die Zunge. Die Idee, nach dem Spaziergang hierherzukommen, war wohl doch nicht so glücklich gewesen. »Entschuldigen Sie mich. Sie können das Baguette gerne essen, wenn Sie möchten.« Pia suchte sich einen Weg zwischen den voll besetzten Tischen hindurch, schnappte sich im Vorbeigehen den Griff des Buggys und schob ihn vor sich her aus dem Café heraus.
    Draußen atmete sie tief durch. Was war los mir ihr? Dass sie sich über Hinnerk geärgert hatte und sie Lessing ein wenig, ein ganz klein wenig, vermisste, war noch lange kein Grund, allen Männern, die zufällig ihren Weg kreuzten, ihre bloße Existenz übel zu nehmen. Felix zuckte im Traum. Sie beugte sich zu ihm herunter und strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. Der Anblick seines schlafenden, kleinen Gesichts beruhigte sie.
    »Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verärgern«, hörte sie Lars Kuhn neben sich sagen.
    »Das haben Sie nicht«, antwortete Pia. Er stand mit in den Taschen vergrabenen Händen neben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher