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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
Autoren: Eva Almstädt
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uns mehr erzählen würde – in so einem kleinen Ort kennt man sich doch.«
    »Immerhin hatte er den Eindruck, dass sie etwas bedrückt hat«, verteidigte Broders den Pastor.
    »Schade, dass er uns nichts Genaueres sagen konnte.«
    »Vielleicht darf er das ja auch gar nicht.«
    »Wieso?«
    »Wenn Hedwig Seesen ihm mal etwas Persönliches anvertraut hat, fällt das unter seine Schweigepflicht als Pastor.«
    »Du meinst das Beichtgeheimnis?«, fragte Pia.
    »Das gibt es meines Wissens nach auch in der evangelischen Kirche.«
    Pia und Broders bogen am Dorfplatz in eine leicht ansteigende Straße ein, an der, aufgereiht wie an einer Schnur, Einfamilienhäuser neueren Datums standen. Sie wollten auch noch Carola von Alsen befragen, Hedwig Seesens Tochter. Der leicht ziehende Schmerz in Pias Leiste wurde nicht besser. Um sich abzulenken, betrachtete sie die neu angelegten Gärten mit den Schaukeln, Trampolinen und Sandkisten. Hier wohnten dem Anschein nach nur junge Familien. Brauchten Kinder all das?, fragte Pia sich. Das würde sie ihrem Kind, das sie zurzeit noch komfortabel in ihrem Bauch mit sich trug, nicht bieten können. Schon finanziell ein Ding der Unmöglichkeit, selbst wenn Hinnerk sie unterstützte. Wenn … Sie war heute Abend mit ihm verabredet, weil er noch etwas mit ihr besprechen wollte. Das bevorstehende Treffen beunruhigte sie, trotz der Aussicht auf ein leckeres Abendessen in einem Restaurant.
    Hinter dem letzten Einfamilienhaus begann eine Feldsteinmauer, dahinter lag dichter Tannenwald. Er gehörte zum Besitz der von Alsens, der Familie, in die Hedwig Seesens Tochter Carola eingeheiratet hatte. Hinter einer Kurve öffnete sich die Mauer zu einer Zufahrt, die in tiefem Schatten lag. Das Haus der von Alsens war ein imposanter Kasten, symmetrisch angelegt, mit zwei vollen Geschossen und einem mit Gauben versehenen Mansardendach.
    »Pass auf, jetzt kommt der Butler«, scherzte Broders, nachdem sie zur Eingangstür hinaufgestiegen waren.
    »Ich bin für Mrs. Danvers von Manderley.« Pia klingelte. Sie zuckte zusammen, als die Tür überaus schwungvoll aufgerissen wurde.
    Eine junge Frau stand im Türrahmen, die so dünn war, dass Pia sich versucht fühlte, in ihrer Jackentasche nach einem Schokoriegel zu fahnden. Sie trug hautenge Jeans und ein Hemdchen, unter dem man einen leuchtend violetten BH erkennen konnte. Entweder scheute man hier keine Heizkosten, oder sie litt unter postpubertärer Hitze. »Was wollen Sie?«, fragte sie unfreundlich.
    Ein großer Hund kam hinzu und setzte sich neben sie. Ein Rhodesian Ridgeback, dem Streifen gegen den Strich wachsenden Fells auf seinem Rücken nach zu urteilen. Eine Rasse, die aus dem südlichen Afrika stammte und angeblich die einzige war, die Löwen angriff. Der Löwenbezwinger schüttelte den Kopf, und feine Speicheltropfen flogen auf die Fliesen.
    »Kriminalpolizei. Wir möchten mit Carola von Alsen sprechen.«
    »Nee, die Kripo? Wow!« Das Mädchen verzog spöttisch das Gesicht. »Meine Stiefmutter ist beschäftigt. Warten Sie mal!« Sie knallte ihnen die Tür vor der Nase zu.
    Broders griente. »Reizend, die Stiefmama!«
    Carola von Alsen sah aus, als hätte sie geweint. »Mein Bruder hat Sie schon angekündigt. Sie müssen entschuldigen, aber ich stehe noch völlig neben mir«, sagte sie und wischte sich mit dem Ärmel über das rot verquollene Gesicht.
    »Es dauert nicht lange. Wir haben nur ein paar Routinefragen.«
    Sie nickte. »Kommen Sie. Wir gehen ins Gartenzimmer.«
    Von der Stieftochter war nichts mehr zu sehen. Der Hund tapste durch die Diele und nahm dann in einem gigantischen Hundekorb unter der Treppe Platz. Seine gelben Augen schimmerten im Dämmerlicht und folgten jeder ihrer Bewegungen.
    Pia und Broders gelangten durch eine dunkle Zimmerflucht in einen verglasten Anbau. Ein fahrbarer elektrischer Heizkörper hing neben der Tür an der Steckdose und sog munter Strom, um den Wintergarten auf gefühlte achtundzwanzig Grad zu erwärmen.
    Carola von Alsen deutete auf eine Rattan-Sitzgruppe und sank dann in einen der Sessel, der protestierend knirschte. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass meine Mutter sich umgebracht hat«, sagte sie. »Ich hätte nie damit gerechnet. Obwohl … Sie war manchmal deprimiert. Die ganze Familie Seesen ist nicht gerade ein Karnevalsverein.«
    »Wer gehört alles zur Familie Seesen?«
    »Nur noch Jörg und ich.«
    »Wer war die junge Frau, die uns die Tür geöffnet hat?«
    »Tizia ist die Tochter meines
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