Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
Gemeindebau, und das beschwingte mich.
    Ich verabschiedete mich von den Jungs und ging dorthin, klopfte den Schnee von mir und fuhr im klapprigen Lift hinauf, im 15. Stock klingelte ich an Tür Nummer 97, und eine wirklich umwerfende Schönheit machte auf, eine, wie sie nur im Gemeindebau wuchs.
    Da hatte es sich dann richtig ausgezahlt, dass Bertha noch einmal späte Mutter geworden war!
    Das Mädchen war vielleicht 18 Jahre alt, dunkler Grundteint, verstärkt im Solarium, und zum Glänzen gebracht mit Carotin-Creme, Typ: Zigeunerprinzessin. Sorte: Verdammt lecker, wirklich verdammt. Ich dachte sofort an eine Weihnachtsmann-Mütze mit Quaste dran, die ihr wirklich gut passen würde, während sie an der Stange tanzte, und die Quaste dieser Mütze sollte ihr gegen die harten Nippel ihrer kleinen festen Brüste schlagen, daran dachte ich jetzt.
    In diesem Alter und dann bis zur ersten frühen Schwangerschaft konnte man sich ja noch von wechselnden Typen aushalten lassen. Sie hatte deshalb bisher keinen Gedanken an Arbeit verschwendet, sodass sie sich nur ganz wenig zum Anziehen leisten konnte – ihr Top war eng und zu klein, und mit ihren zwei spitzen Weihnachtskugeln darunter konnte sie einem bestimmt die Augen ausstechen, wenn man sich ihr zu schnell näherte. Ihre pinken Wohlfühlhosen hingen tief an der schmalen Hüfte, hätte sie ein Höschen darunter getragen, hätte es vielleicht ihre Schamhaare verdeckt, aber jetzt sah ich, dass sie gar keine Schamhaare hatte. Kaugummikauen war entweder ihr Hobby, oder sie hatte sehr früh damit angefangen, sodass sie es nun wirklich gut beherrschte. Dazu dieser Blick, den nur kaugummikauende Frauen mit einer Überdosis Langeweile im Blut in ihr Gesicht zaubern konnten, während sie mit dem einen langen Zeigefinger immer wieder in den Mund hineinfuhr und den Kautschi ein paar Meter weit herauszog, um ihn dann um diesen Finger zu wickeln, was wirklich gut aussah, Um-den-Finger-Wickeln war ihr scheinbar in die Wiege gelegt, ich fragte: „Wer sind denn Sie?“
    Und sie sagte: „Foxy Neswatschil.“
    Alles in allem liebte ich solche Tage, wenn eine in einem Wiener Gemeindebau lebte und sagte, dass sie Foxy Neswatschil heiße.
    Als dann aber ihre Mutter Bertha auftauchte, war Schluss mit „Verloren in einer anderen Welt voller Geigen“, das Gör kriegte was auf die Ohren, in die ihr Bertha dann noch „Foxy! Hör auf ihn anzumachen!“ hineinschrie, und ich klang ziemlich sicher wie ein Riesenidiot, als ich „Lassen Sie ruhig, das stört mich überhaupt nicht!“ sagte.
    Was für eine Bescherung!
    Nachdem die Kleine abgezischt war, nicht ohne mich noch einmal anzugrinsen wie die Grinsekatze, schaute ich auf die Uhr, es war noch immer erst elf Uhr morgens, und ich fragte die Mutter:
    „Hat sie denn keine Arbeit?“
    Sie sagte: „Ha! Wenn es hochkommt, dann streicht sie sich die Nägel und rasiert sich die Mumme, aber dafür will sie eigentlich auch Geld von den Kerlen, die dann daran rummachen dürfen.“
    Ich war wirklich beeindruckt und sagte: „Jedenfalls muss sie auch einen wirklich gut aussehenden Vater haben, neben einer wirklich gut aussehenden Mutter natürlich!“
    Sie sagte: „Danke, dass sie mich an den erinnern! Er war Zigeunerkönig auf Durchreise mit seinem kleinen Flohzirkus, der drüben an der Autobahnauffahrt gastierte, vor bald 19 Jahren. Ich meldete mich, als er eine zum Zeltputzen suchte, der Kerl hat sich dann einfach von hinten an mich herangeschlichen und mich rangenommen, ich konnte gar nicht bis drei zählen. Schön war er schon, aber er roch halt fürchterlich nach Zwiebeln, und das ist eigentlich das Einzige, woran ich mich heute erinnere, neben Foxy natürlich, schade eigentlich.“
    Ich fragte: „Kann sie denn auch Salto rückwärts?“
    „Wenn sie ihr genug Geld geben, dann macht sie ihn auch mit Schraube.“
    Bertha war dann noch ein wenig reserviert, als sie mich hineinbat und mir den Mantel abnahm. Ich merkte sofort: In dieser Wohnung wurde mehr gesoffen als in einer durchschnittlichen Studentenbude, es stank nach billigem Wein, billigen Zigaretten, und nach Nicht-Lüften. Dafür war die Heizung auf 40 Grad aufgedreht, auf den Heizkörpern hingen staubtrockene kleine Höschen und größere Höschen, und ein paar gewaltige Lappen, von denen ich nicht wissen wollte, wer sie trug – ich tippte mal auf die zwei Schwestern, die nicht so gesegnet waren wie die Jüngste.
    Als ich die Schuhe auszog, wollte ich meine Latschen auf den Heizkörper
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher