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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis
Autoren: Heinz G. Konsalik
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streichelte über die Fotos wie über die Haut einer schönen Frau. »Wir haben Mittel, uns unsichtbar zu machen. Mein lieber Koronjew, leid tut's mir, Ihnen das zu sagen: Einige Dinge gibt es da, von denen Sie nichts wissen, nur ein paar Eingeweihte. Wie sagt man bei uns in Grusinien? Viele Augen sehen viel, aber viele Münder reden zu viel. Seien Sie nicht beleidigt, Lew Viktorowitsch. Auch ich weiß vieles nicht, was andere wissen. Soll man darüber traurig werden? Wichtig ist nur: Rußland ist die mächtigste Macht auf dieser Erde. Und sollten die Menschen wirklich einmal einen anderen Planeten bewohnen, wird Rußland es auch dort sein.« Wisjatsche blickte Koronjew fordernd an. »Was kann ich von Ihnen erwarten, Genosse?«
    »Den Mund werde ich halten, und das mit Vergnügen!« antwortete Koronjew ohne Zögern. »Wir leben in einer Phase der Entspannung und des allseitigen Friedens, nicht aber neuer offensiver Geheimnisse.«
    »Ein aufrechter Mann sind Sie, Lew Viktorowitsch.« Wisjatsche lehnte sich zurück und sog an seiner würzig riechenden Zigarre. »Sie wissen, wie ich über diese neue politische Linie denke. Durch Händeschütteln wird Rußland nicht stärker. Stärke aber ist das einzige Korsett, das unsere Union zusammenhält. Lockere Zügel – sehen Sie doch, Lew Viktorowitsch, wohin das – nur in Moskau – führt: Jazzgeheule, Punker mit buntem Irokesenhaar, Huren überall, Saufleichen auf den Straßen und Plätzen; ich warte nur noch auf die Heroinwelle aus dem Westen. Lew Viktorowitsch, ich sage Ihnen: Rußland braucht eine Faust und keine offene Hand. Hat etwa Lenin nur aus einer Laune heraus die geballte Faust zum Gruß gemacht? Nein, er wußte genau: Nur die Faust ist Rußlands Zukunft und Rußlands einziger Halt. Und was machen wir jetzt daraus?«
    »Lassen Sie uns darüber nicht streiten, Fjodor Lukanowitsch.« General Koronjew erhob sich aus seinem Holzsessel. »Wir haben vieles gemeinsam erlebt und überlebt. Ich gönne Ihnen Ihren Eisberg und werde ihn meinerseits vergessen.«
    Eine Woche später fand im sowjetischen Generalstab eine der geheimen Sitzungen statt – im engsten Kreis, fast eine Gemeinschaft von Verschworenen –, von deren Gesprächen selbst die Mitglieder des Politbüros im Kreml nichts erfuhren. Ein neuer Vertrauter war in diesen verschwiegenen Kreis aufgenommen worden, nachdem man ihn peinlich genau überprüft hatte: Admiral Alexander Mironowitsch Sujin, der Kommandeur der sowjetischen Pazifikflotte.
    Er bekam große, ungläubige Kinderaugen, als Wisjatsche ihm die Fotos des Eisgiganten zeigte und ihm seine strategischen Gedanken vortrug.
    Im Pentagon von Washington tagte fast zeitgleich ein ebenfalls auserwählter, handverlesener Personenkreis unter dem Vorsitz des US-Verteidigungsministers hinter schalldichten Türen.
    An der Wand, auf einem großen Brett, hingen die stark vergrößerten Fotos, die GEO III von dem Eisberg im Ross-Meer zur Erde gefunkt hatte. General Herbert Seymore, einen langen Zeigestock in der Hand, erklärte die Überlegungen des Führungsstabes der US Air Force. »Dieser riesige Eisberg«, sagte er und fuhr mit dem Stab über das Foto, das den Giganten vollständig zeigte, »ist mit seinen Maßen ein ideales Gelände für wissenschaftliche und militärische Versuche. Hier, an der Westküste des Eisberges – Sie sehen es deutlich auf dem Foto III –, ist die Oberfläche glatt wie geschliffen: eine ideale Start- und Landebahn für Flugzeuge. Eine natürliche Air Base. Hier könnte man mit Leichtigkeit eine Station bauen mit gut isolierten Häusern, Generatoren, Funksendern, Parabolantennen, Leitstellen, kurzum: eine schwimmende Forschungsstadt. Wir wissen jetzt durch genaue Messungen, daß der Eisklotz mit einer Geschwindigkeit von 3,6 Kilometern in der Stunde zunächst in Richtung Kap Hoorn schwimmt. Er wird den Schiffahrtslinien nicht zu nahe kommen, sondern weitab von den Routen im Pazifik-Atlantik-Bassin einsam im Schrittempo herumtreiben. Niemand wird ihm zu nahe kommen: Es kann der sicherste Ort für streng geheime Forschungen sein. Wir denken dabei an Versuche mit Laserstrahlwaffen; auf diesem Eisberg kann man sie ungehindert durchführen. Nirgendwo ist die Sicherheit vor Entdeckungen größer als auf diesem Eismonstrum.« Seymore zeigte wieder mit dem Stock auf das große Foto des Berges. »Um Ihnen zu demonstrieren, welch ein Klotz das ist, möchte ich Ihnen einige Zahlen nennen: Computer haben ausgerechnet, daß man mit ihm, wenn er
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