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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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sicher.»
    «Na gut», sagte er.«Geh jetzt an die Arbeit. Wir müssen heute den ganzen Tag sehr beschäftigt aussehen.»
    Ich ging aus seinem Büro und setzte mich an den Empfangstisch. Dort lag ein dicker Stapel Post, und ich machte mich daran, sie zu sortieren. Ungefähr um elf, gerade als das Faxgerät die Speisekarte von Fabu ausspuckte, kam John aus seinem Büro. Er hatte ein unglaubliches Gespür dafür, wann das Fax von Fabu kam, und für gewöhnlich stand er dann direkt vor dem Faxgerät.
    «Verdammt», sagte er.«Ich hatte heute wirklich Lust auf den thailändischen Erdnuss-Mango-Salat. Der steht nicht drauf. Den haben sie freitags doch sonst immer, oder?»
    «Ich weiß nicht», sagte ich.
    «Den will ich aber», sagte John.«Ich habe mich schon den ganzen Vormittag drauf gefreut. Vielleicht haben sie ja nur vergessen, ihn auf die Karte zu setzen. Ruf doch mal an und frag nach.»
    «Ich bin mir sicher, dass er auf der Karte stehen würde, wenn sie ihn hätten», sagte ich.
    «Ruf doch einfach an und vergewissere dich.»Er ging zurück in sein Büro, wobei er immer noch die Karte studierte.
    Da ich wusste, dass Fabu den thailändischen Erdnuss-Mango-Salat auf die Speisekarte setzen würden, wenn sie ihn hätten, rief ich nicht an, um bestätigt zu bekommen, was auf der Hand lag. Ich wartete einen Moment und ging dann in Johns Büro und überbrachte die schlechten Neuigkeiten.«Scheiße», sagte er.«Warum tun die mir das an? Warum können die nicht einfach jeden Tag die gleichen verdammten Salate anbieten? Das ist doch krank. Was isst du denn heute Mittag?»
    «Heute ist Freitag», sagte ich.«Ich gehe mit meinem Vater essen.»Freitags ging ich immer mit meinem Vater in Downtown zum Mittagessen.
    «Ach ja, richtig», sagte John.«Also sitze ich hier fest. Na gut, ich nehme den jungen Spinat mit Birnen, die kleinen Nudeln mit Oliven und sonnengetrockneten Tomaten und meinetwegen den Salat mit Tomaten, Mozzarella und Basilikum.»
    «Und was willst du trinken?», fragte ich.
    «Oje», sagte John. Er seufzte, als würde ich es ihm sehr schwer machen.«Bestell mir Ingwerlimonade, wenn sie welche haben. Sonst Eistee mit Minze. Und kannst du es mir holen? Wenn sie die Sachen liefern, dauert es immer ewig, und die Salate werden alle ganz matschig. Ich kann matschigen Salat nicht ausstehen.»
    «Ich muss nach Downtown», sagte ich.
    «Ich weiß», sagte er.«Es dauert doch bloß eine Minute. Bitte. Und pass auf, dass die Salate nicht matschig werden.»
    «Also gut», sagte ich.«Aber dann muss ich früh los.»
    «Geh, wann immer du willst», sagte John.
     
    Früher war es ganz leicht, meinen Vater in seinem Büro zu besuchen: Man marschierte einfach durch die Eingangshalle, nahm den Aufzug und fuhr in den 49. Stock. Aber seit dem 11. September muss man in einer Schlange in der Halle warten und dem Wachmann dann einen Lichtbildausweis zeigen. Steht man auf der Liste der erwarteten Gäste, darf man zu den Aufzügen gehen. Falls nicht, muss man sich an einer anderen Schlange anstellen und dem Wachmann dort sagen, wen man besuchen will, und dann warten, bis der Wachmann diese Person angerufen und die Genehmigung erhalten hat, einen durchzulassen. Mein Vater vergisst es jedes Mal, mich auf die Liste der erwarteten Gäste zu setzen («Ich habe zu viel zu tun, um auch noch an so was zu denken», erklärte er mir. Ich fragte ihn, ob er denn nicht seinen Assistenten anweisen könne, mich auf die Liste zu setzen, aber dieser Assistent arbeitet schon so lange für meinen Vater - ungefähr 20 Jahre, glaube ich -, dass er sich nicht mehr als einen Assistenten betrachtet und sich weigert, niedere Arbeiten zu verrichten, und da sein Job im Wesentlichen aus niederen Arbeiten besteht, tut er fast nichts), und so brauche ich immer 15 bis 20 Minuten, um von der Eingangshalle zum Stockwerk meines Vaters zu gelangen, und dort muss ich mich dann bei der Empfangsdame anmelden und warten, bis mein Vater auftaucht und mich abholt, denn keiner traut mir zu, ohne Begleitung den Gang hinunter zu seinem Büro zu gehen.
    Ich saß also am Empfang, und während ich auf meinen Vater wartete, kam eine Frau heraus und meldete sich bei der Sekretärin ab. Sie sah mich an und lächelte.
    «Sind Sie der Sohn von Jim Bigley?», fragte sie.
    «Nein», sagte ich.«Ich bin der Sohn von Paul Sveck.»
    Ihr Lächeln erlosch augenblicklich, als hätte ich gesagt, ich wäre der Sohn von Adolf Hitler. Ich fragte mich, womit mein Vater sie wohl vor den Kopf
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