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Du oder die grosse Liebe

Du oder die grosse Liebe

Titel: Du oder die grosse Liebe
Autoren: Simone Elkeles
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erfasst mich, und ich schließe die Augen, bis Dad in unsere Einfahrt biegt.
    Mom dreht sich um und runzelt die Stirn, als wir da sind. »Bring uns nie wieder so in Verlegenheit. Du kommst nicht aus der Gosse, also benimm dich auch nicht so.«
    Ich packe den Türgriff und stemme mich aus dem Wagen. Als ich einen stechenden Schmerz in der Seite spüre, krümme ich mich. »Es tut mir leid«, würge ich hervor und beiße die Zähne zusammen.
    »Du weißt, wie sich eine Dame benimmt«, sagt Mom.
    Ich muss mich einfach nur übergeben, dann wird es mir besser gehen. Ben ist schon ins Haus gewetzt. Ich kann nichts erwidern, weil ich Angst habe, auf der Stelle meinen gesamten Mageninhalt zu verlieren.
    Mom seufzt frustriert. »Sieh mich an, wenn ich mit dir rede, junge Dame.«
    »Entschuldige, Mom«, zwinge ich mich zu sagen. »Mir … geht es nur nicht gut.«
    Ich gehe nach oben, bleibe aber stehen, als mein Bauch erneut krampft und ich vor Schmerz Sterne sehe. Ich schnappe nach Luft, ich halte es einfach nicht länger aus. Es fühlt sich an, als würde mich etwas von innen her aufschlitzen.
    »Bist du okay?«, fragt Mom, die direkt hinter mir ist. »Was ist los, Nikki?«
    »Ich weiß es nicht.« Ich sehe sie an, und mir ist klar, dass ich nicht länger lügen kann. Besonders als ich spüre, wie etwas Feuchtes an der Innenseite meines Oberschenkels entlang nach unten rinnt. Mein Herz rast und mir wird schwarz vor Augen. Wieder schießt der Schmerz durch meinen Körper.
    Meine Knie geben nach, und ich rolle mich auf dem Treppenabsatz zusammen wie ein Fötus, weil es so wehtut.
    »Raul!«, schreit meine Mom.
    Mein Dad kniet Sekunden später an meiner Seite. »Nikki, wo tut es weh?«, fragt er, so wie ein Arzt es tun würde, aber hinter seinen Worten verbirgt sich ein Hauch Panik. Er ist Chirurg, doch darauf ist er nicht vorbereitet.
    Ich kann die Wahrheit nicht länger verschweigen.
    Ich blicke keinem von ihnen ins Gesicht, als ich leise weinend flüstere: »Ich bin schwanger … und ich glaube, irgendetwas stimmt nicht.«
    Jetzt kann ich das Blut sehen, das mein Bein hinunterläuft.
    Mom schnappt nach Luft, sie greift haltsuchend nach dem Geländer.
    Mein Dad sieht mich mit gerunzelten Augenbrauen verwirrt an. Er ist einen Moment völlig sprachlos, als wäre die Zeit für ihn stehen geblieben. Doch die Realität holt ihn ein und er hat sich schnell wieder im Griff. »Also gut. Bringen wir dich ins Krankenhaus«, sagt er überhaupt nicht panisch, sondern wie ein Arzt mit einer Aufgabe. Er hebt mich hoch und trägt mich die Stufen hinunter, während Mom unsere Nachbarin anruft und sie bittet, rüberzukommen und bei Ben zu bleiben.
    Meine Eltern helfen mir auf den Vordersitz, während der Schmerz mit jeder Sekunde, die vergeht, zunimmt. Auf dem Weg zum Krankenhaus werfe ich immer wieder Blicke zu meinem Dad. Ich habe ihn noch nie so besorgt oder traurig gesehen. Als ich anfing, beinah jeden Tag mit Marco zu verbringen, hat er mich gewarnt, ich solle mich von ihm fernhalten. Dieser Junge bedeutet nichts als Ärger , sagte er eines Tages, als er nach Hause kam und uns erwischte, wie wir im Pool in unserem Garten rumknutschten. Ich will nicht, dass du weiter Zeit mit ihm verbringst. Er wird dich bloß in Schwierigkeiten bringen. Mom stimmte ihm zu.
    Ich nahm an, sie hielten nur deshalb nichts von Marco, weil er auf der Southside lebte. Da lag ich falsch.
    Ich sehe meinen Dad an. Er umklammert das Steuer mit eisernem Griff und konzentriert sich ganz auf die Straße.
    »Es tut mir so leid. Es tut mir so leid. Es tut mir so leid«, sage ich wieder und wieder, während die Schmerzen stärker und stärker werden.
    Er seufzt schwer. »Ich weiß.«
    »Hasst du mich jetzt?« Ich halte den Atem an, während ich auf seine Antwort warte.
    »Ich bin enttäuscht von dir, Nicolasa«, sagt er. Er nennt mich bei meinem vollen Namen, was er nur macht, wenn er extrem aufgebracht ist. Mehr sagt er nicht.
    »Wir lieben dich, egal was ist«, versichert Mom mir von der Rückbank aus. »Wie konnte das passieren? Wann? Wir dulden nicht …«
    »Nicht jetzt, Maria«, weist Dad sie zurecht.
    Mom hört auf, Fragen zu stellen, aber sie hängen in der Luft zwischen uns.
    Im Krankenhaus sorgt Dad dafür, dass ich unverzüglich aufgenommen werde. Sie machen all diese Bluttests und die Spezialistin, Dr. Helene Wong, fordert einen Ultraschall an. Ich versuche, die Tränen zurückzuhalten, aber es hat keinen Sinn. Nach dem Ultraschall hält Mom meine Hand. Sie
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