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Du oder die grosse Liebe

Du oder die grosse Liebe

Titel: Du oder die grosse Liebe
Autoren: Simone Elkeles
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werden. Ich weiß, dass es gespielt ist, weil sie nicht wirklich lächelt. Sie zieht auch kein genervtes Gesicht. Sie ist einfach nur … da.
    Ich versuche mein Bestes und tanze nah bei ihr, sehe zu, wie ihr Körper sich zur Musik bewegt. Sie ist keine gute Tänzerin … sie ist sogar eine grottenschlechte. Ihr scheint nicht aufzufallen, dass sie lächerlich aussieht, während sie ihren Körper ruckartig wie ein Roboter über die Tanzfläche bewegt. Sie guckt mich nicht mal an. Sie ist vielmehr damit beschäftigt, sich von Gruppe zu Gruppe zu bewegen, sodass niemand Anspruch darauf erheben kann, ihr Partner zu sein.
    Bis ein langsamer Song kommt.
    Nikki erstarrt. Ich umfasse ihre Taille und ziehe sie sanft an mich. Wir stehen jetzt dicht voreinander. Sie blickt mit langen Wimpern, die beinah ihre Augenbrauen berühren, und Augen, in denen ich ertrinken könnte, wenn sie mich nur lassen würde, zu mir hoch. Es hat keinen Sinn, die knisternde Spannung zu leugnen, die die Luft zwischen uns aufheizt. Wenn wir zusammenkommen würden, wäre die Mischung explosiv … auf die richtig gute Art. Sie hat etwas Einschüchterndes an sich, was höllisch sexy ist. Denn normalerweise schüchtert mich so leicht nichts ein.
    »Hola, corazón« , sage ich und wackle mit den Augenbrauen.
    Ich rechne damit, dass sie lächeln wird.
    Oder lachen.
    Ich rechne nicht damit, dass sie mir das Knie in die Eier rammen und »fick dich« sagen wird.
    Was genau das ist, was Nikki Cruz in diesem Moment tut.

8
    Nikki
    Ich wollte Luis nicht das Knie in die Eier rammen.
    Okay, das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ich wollte es ihm irgendwohin rammen, wo es richtig wehtut. Ich wollte es nur nicht so fest machen – und ich hätte es nicht vor allen anderen tun sollen, Braut und Bräutigam eingeschlossen. Und vor meinen Eltern. Und seiner Mutter. Und allen, die in dem Moment zufällig auf der Tanzfläche waren.
    Während Luis sich an den Schritt fasst und mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammenkrümmt, gehe ich in Richtung Damentoilette davon. Wobei sprinten es eher trifft. Vielleicht wird niemandem auffallen, dass die Tochter von Dr. Cruz sie nicht mehr alle hat, wenn ich mich schnell genug aus dem Staub mache. Nicht sehr wahrscheinlich, ich weiß.
    Ich schließe mich in einer Kabine ein und beschließe, für immer hierzubleiben, wenn es bedeutet, dass ich dem Rest der Welt eine Weile nicht gegenübertreten muss. Nachdem ich ungefähr fünf Minuten so getan habe, als gäbe es mich nicht, und mir wünschte, ich wäre eine erfundene Figur aus einem von Bens Computerspielen, gehe ich langsam davon aus, dass die Luft rein ist … bis ich das Klackern von Frauenschuhen und ein Klopfen an meiner Kabinentür höre.
    Klopf, klopf, klopf . »Nikki, hier ist deine Mutter«, sagt sie, ihre Fingerknöchel pochen an meine Tür. »Mach auf.«
    »Was, wenn ich das nicht will?«
    Ihre Antwort ist weiteres Klopfen.
    Ich öffne langsam die Tür. »Hi«, sage ich und zwinge mich zu lächeln.
    »Komm mir nicht mit Hi , junge Dame. Du hast mich und deinen Vater da draußen gerade in Grund und Boden blamiert.«
    »Tut mir leid«, sage ich kaum hörbar.
    »Ich bin nicht diejenige, bei der du dich entschuldigen solltest. Was in Gottes Namen ist nur in dich gefahren, Nikki?«
    »Nichts.« Wenn ich es ihr erzählen würde, müsste ich mein Geheimnis preisgeben. Ich kann es ihr nicht sagen; nicht jetzt, während ich noch versuche herauszufinden, was ich machen soll. »Ich … es war ein Versehen.«
    »Ein Versehen?«, fragt Mom, nicht im Mindesten überzeugt. Sie holt tief Luft. »Ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber Leuten wehzutun und dich selbst und deine Familie in Verlegenheit zu bringen, ist keine Lösung.«
    Das weiß ich. Aber ich konnte nicht einfach mit Luis’ starken Händen um meine Taille dastehen. Ich wollte meinen Kopf an seine Brust schmiegen und mir vormachen, er sei mein Ritter in schimmernder Rüstung, bereit, meine Ehre zu rächen. Aber das war nur eine Fantasie. Als er Spanisch mit mir geredet hat, hat mich das zu sehr an Marco und den größten Fehler meines Lebens erinnert. Ich habe keinen Ritter, keine Ehre.
    »Ich nehme an, du möchtest, dass ich mich entschuldige.«
    Sie nickt. »Ja, das möchte ich. Besser früher als später.«
    Ich sehe Mom hinterher, die aus dem Raum geht und mich allein zurücklässt. Auf diese Weise versucht sie, die Entschuldigung zu meiner eigenen Entscheidung zu machen, so als würde sie mich nicht dazu zwingen. Ich
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