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Du oder die grosse Liebe

Du oder die grosse Liebe

Titel: Du oder die grosse Liebe
Autoren: Simone Elkeles
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und ich könnte schwören, dass sie aus brauner Seide sind. Es ist dunkel hier draußen, aber die Lichter lassen ihre Augen schimmern.
    »Lächeln wird total überbewertet«, sagt sie.
    »Woher willst du das wissen, wenn du es noch nie versucht hast?« Ich ziehe mir den Stuhl neben ihr ran und setze mich rittlings darauf. »Komm schon, ich wette, du kannst es.«
    »Geh weg.«
    Sie ist mies drauf und versucht ihr Bestes, heute Abend eine beschissene Zeit zu haben.
    Ich falte meine Arme auf der Stuhllehne. »Wusstest du, dass Lächeln den Grad der Stresshormone in deinem Körper reduziert, genau wie Adrenalin und Dopamin? Kein Scherz, sogar ein gestelltes Lächeln hilft dabei. Probier es mal.«
    Sie ignoriert mich, also nehme ich die Hände vor den Mund und mache etwas, das ich seit Jahren nicht getan habe – Bauernhofgeräusche. Ich lege mit der Imitation eines Schafes los und beende die Vorstellung mit einem beeindruckenden Muh. Die Mädchen standen total drauf, als ich in der Fünften war. Sie hingen wie die Kletten an mir und wollten unterhalten werden, was damals genau dem entsprach, was ich wollte. Typen ohne Unterhaltungsfaktor wurden ignoriert. Ich war ein Kind, das sich weigerte, ignoriert zu werden.
    Ich weigere mich nach wie vor, ignoriert zu werden.
    Ich sehe Nikki an, während ich die Geräusche mache, bekomme aber null Reaktion von ihr. Nada .
    Bis sie mich schließlich von oben bis unten mustert, als wäre ich ein Wesen von einem fernen Planeten. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Vielleicht nicht auf den Arm, aber in den Arm, mi chava .« Ich stehe auf und streck die Hand aus. »Tanz mit mir.«
    Sie sieht meine Schnittwunden und zuckt zusammen. »Was ist mit deiner Hand passiert?«
    »Lange Geschichte, die von mir und einer Schlange handelt. Die Schlange hat gewonnen.«
    Sie glaubt mir offensichtlich nicht. »Warum tanzt du nicht mit dem Mädchen da drüben?«, fragt sie und zeigt auf dieses Mädchen namens Yvette, dem ich vorhin vorgestellt worden bin. Sie ist die Tochter von einer Cousine von Brittanys Tante oder so. Sie hat gefärbtes blondes Haar und eine künstliche Bräune. Brittany hat erzählt, sie sei in der Schwimmmannschaft ihrer Schule und habe letztes Jahr die Landesmeisterschaft über zweihundert Meter Freistil gewonnen. Toller Body, aber nicht mein Typ.
    »Du willst, dass ich mit einer anderen tanze?«
    »Ja«, sagt sie und reckt ihr niedliches Näschen in die Luft wie eine Prinzessin.
    Ich zucke mit den Schultern. »Wie du meinst.«
    Auch egal. Wenn es das ist, was sie will, kann sie gern hier sitzen und Trübsal blasen. Ich gucke zur Tanzfläche. Meine dreihundert Pfund schwere Tante Rosalita winkt mich zu sich. Das letzte Mal, als ich mit ihr getanzt habe, hat sie mir auf den Fuß getreten und beinah meine Knochen zermalmt.
    Gerade als ich Nikki allein lassen will, damit sie in ihrem Unglück ertrinken kann, klopft Alex mir auf die Schulter. Neben ihm steht Dr. Cruz, Nikkis Vater.
    »Alex hat mir erzählt, dass du dich nach deinem Highschool-Abschluss an der Purdue bewerben möchtest, um Raumfahrttechnik zu studieren«, sagt Dr. Cruz mit kaum hörbarem Akzent zu mir.
    »Das ist der Plan, Sir.«
    »Gut für dich. Ich habe großen Respekt davor, dass du in die Fußstapfen deines Bruders trittst und hart arbeitest.«
    »Den habe ich auch«, sagt die Frau, die hinter ihm steht. Offenbar ist sie Nikkis Mom. »Es ist bewundernswert. Junge Männer mit Ehrgeiz und Zielstrebigkeit werden es im Leben sehr weit bringen.«
    Ich glaube, ich höre Nikki verächtlich schnauben, als ich die elterlichen Weihen bekomme.
    Dr. Cruz tätschelt Nikkis Kopf. »Wie ich sehe, hast du meine Tochter Nikki schon kennengelernt.«
    »In der Tat. Ich habe sie gebeten, mit mir zu tanzen, aber …«
    Dr. Cruz zerrt seine Tochter praktisch vom Stuhl. »Tanz mit Luis.«
    »Ich fühl mich nicht gut«, murmelt sie.
    »Komm schon, mein Engel. Tu wenigstens so, als hättest du Spaß.«
    »Ich will keinen Spaß haben oder so tun, als hätte ich welchen, Dad.«
    »Sei nicht so unhöflich«, schimpft ihre Mutter mit ihr. Dann scheucht sie sie in meine Richtung. »Tanz mit dem Jungen.«
    Ich halte Nikki meinen Ellbogen hin, aber sie stolziert mit ihrem heißen kleinen Latina-Körper auf die Tanzfläche, ohne auf mich zu warten.
    »Viel Glück«, ruft Dr. Cruz mir zu.
    Es läuft ein schneller Song, und Nikki beginnt, wahllos mit ein paar Leuten zu tanzen. Ich beobachte sie, während sie vorgibt, langsam lockerer zu
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