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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell
Autoren: Zoran Drvenkar
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Mann das Jagdmesser, Zieh ihr die Haut ab. Und mach schnell.
    Die drei lachen. Der Mann winkt mich zu sich. Ich stehe da und kann mich nicht rühren. Der Mann winkt wieder. Die Frau hinter mir gibt mir einen Stoß in den Rücken. Ich sinke auf die Knie und lege die Arme um mich. Ich will nicht mehr.
    -    Bitte, geht, geht einfach, bitte ...
    Ich flüstere nur, ich will nicht aufsehen, es gibt nichts zu sehen.
    -    Bitte ...
    Schritte kommen auf mich zu.
    -    Du hast gedacht, daß hinter all dem hier ein Sinn liegt, höre ich den Mann sagen.
    Seine Finger streichen durch mein Haar, krallen sich fest. Ich spüre das Messer am Ohr, die Spitze der Klinge berührt meine Ohrmuschel und schneidet hinein, als gäbe es keinen Widerstand.
    -    Ich könnte dir das Gehirn rauskratzen, spricht er weiter, Ich könnte so viele Dinge mit dir machen. Ich könnte dich vor Angst sterben lassen. Weißt du, wie das ist, vor Angst zu ersticken?
    Ich nicke, ich weiß es, ich kenne es, ich habe es erlebt, ich weiß es.
    -    Du weißt nichts, sagt der Mann und zieht mich in eine sitzende Position, Woher solltest du auch etwas wissen?!
    Er öffnet meine geballte Hand und drückt mir das Jagdmesser hinein.
    -Was...
    -    Fang an. Fang mit deinen Füßen an. Wir haben Zeit. Wir schauen dir zu. Befrei dich von dir. Schäl dich. Nun fang schon an.
    Ich spüre Finger an den Stiefeln, dann sind meine Füße frei und die Socken werden heruntergezogen. Ich werde nach hinten gedrückt, Finger wandern über meine Hose, ziehen sie mit dem Slip herunter. Ich sitze mit bloßem Hintern auf dem Boden, die Dielen sind vom Kamin aufgewärmt.
    -Arme hoch.
    Ich sitze wieder aufrecht und hebe die Arme. Es ist so, als wäre ich fünf Jahre alt und meine Mutter zieht mich aus. Nichts bleibt. Ich bin nackt und spüre, wie die Kälte über den Boden streicht.
    -    Zeig uns etwas Schmerz, sagt eine der Frauen.
    Ich weine, eine Hand schlägt gegen meinen Hinterkopf, ich nicke und beuge mich vor und setze das Messer an.
THEO
1
    Ich erwache mit dem Gesicht im Schnee. Mein Kopf fühlt sich an, als ob die linke Seite weggesprengt worden wäre. Vorsichtig setze ich mich auf und versuche mich zu erinnern. Es ging zu schnell, ich konnte nicht reagieren. Erst war da Val, die in den Himmel starrte. Im nächsten Moment schrie sie und zeigte hinter mich. Es ging zu schnell, ich hatte diesen Weidenkorb voller Holz im Arm und drehte mich um. Ich hatte keine Chance. Der Schlag erwischte mich unter dem linken Ohr und hat mir beinahe den Kiefer ausgerenkt.
    Die Spuren um mich herum sehen aus, als wären hier zehn Leute gewesen. Ich ziehe mich an der Schuppenwand hoch. Meine Knie sind weich, hoffentlich habe ich keine Gehirnerschütterung. Kaum daß ich das gedacht habe, kommt mir alles hoch, und ich lehne am Schuppen und erbreche mich.
    Danach geht es mir besser. Ich suche nach meiner Brille, krieche im Schnee herum, kann sie aber nicht finden. Es muß auch so gehen. Ich stecke mir eine Handvoll Schnee in den Mund, der Schmerz in den Zähnen macht mich wach. Ich spucke den Schnee aus und laufe zum Haus.

    -Val?
    Ich stehe am Fenster. Es ist dunkel im Haus, kein Kerzenlicht, kein Kaminfeuer, vollkommene Dunkelheit und ich
    ohne Brille. Sogar mit Licht würde ich kaum etwas erkennen.
    —Val, alles okay bei dir?
    Ich lausche, dann höre ich ein Schluchzen, Schritte, ein Rascheln, ein Schaben. Ich weiß, ich sollte da nicht reinsteigen, ich sollte machen, daß ich wegkomme.
    —Val, ich komme rein.
    Stimmengemurmel, dann ein schrilles Fiepen und wieder Ruhe. Ich steige durch das Fenster und taste mich zum Kamin. Irgendwo muß der Schürhaken liegen, ich habe ihn fallengelassen, als ich den Weidenkorb nahm, er müßte ...
    Ich stoße mit den Fingerspitzen dagegen.
    -    Leute, ich habe hier eine Waffe, und ich habe große Lust euch damit den Schädel einzuschlagen. Also kommt ruhig näher!
    Niemand kommt. Ich sehe eine Bewegung vor einem der Fenster und bleibe mit dem Rücken an der Wand. Schritte, jemand rennt die Treppe rauf oder runter. Ich warte und spüre, wie mir der Schweiß das Gesicht herunterläuft.
    -Val? Bist du okay?
    Ein Kichern, ich habe das Gefühl, daß mir jemand ganz nahe ist. Ich sehe eine Bewegung direkt vor mir, hole aus und schlage zu. Nichts. Ich lehne den Rücken wieder gegen die Wand. Warte.
    -Theo, paß auf.
    Leise, weit entfernt, Val.
    -    Bist du okay?
    -Theo, bitte paß auf.
    -    Ich paß schon auf. Wo bist du?
    Keine
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