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Drei Unzen Agonie

Drei Unzen Agonie

Titel: Drei Unzen Agonie
Autoren: Carter Brown
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Das
Mittagessen würgt man hastig in einem Selbstbedienungsrestaurant hinunter, und
abends amüsiert man sich königlich damit, abwechselnd Haare oder Unterwäsche zu
waschen«, meinte sie mit einem süßen Lächeln. »Das ganze Zuhause besteht aus
einem kleinen Zimmer mit Kochnische und einer Sitzbadewanne. Wie recht Sie
haben, Danny. Es wird mir schwerfallen, das alles für ein Penthouse auf der
East Side aufzugeben .« Einen Moment lang blickte sie
mich verzeihungheischend an. »Ach, ich hab’ ja
vergessen, es Ihnen zu sagen. Rod ist zufälligerweise schwerreich, aber es
macht ihm trotzdem Spaß, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Und ich erfuhr
erst, daß er Geld hat, nachdem er mir seinen Heiratsantrag gemacht hatte .«
    »Und...« röchelte ich, »und
trotzdem wird es schiefgehen. Sie werden sich zu Tode langweilen, wenn Sie den
ganzen Tag nichts zu tun haben .«
    »Da bin ich nicht so sicher .« Sie zuckte die Schultern. »Wenn ich keine Lust mehr habe,
schicke Kleider einzukaufen, kann ich mich immer noch in einem Schönheitssalon
pflegen lassen oder mir den Kopf darüber zerbrechen, welcher Wagen für mich
standesgemäß ist .«
    »Ach, hören Sie auf«, seufzte
ich stirnrunzelnd. »Was soll bloß aus mir werden ?«
    »Ganz einfach: Sie suchen sich
eine neue Sekretärin. Sie werden sicher wieder so eine Dumme wie mich finden,
die bereit ist, hier im Büro zu versauern, Ihre plumpen Annäherungsversuche
höflich, aber bestimmt abzuwehren und Ihr Profil zu bewundern .«
    Sie beugte sich vor und
schnalzte mit den Fingern direkt vor meiner Nase, so daß ich zurückfuhr.
»Soviel halte ich von Ihrem Herzensbrecherprofil !«
    »Vielleicht ist es so wirklich
besser«, meinte ich ehrlich betroffen. Es machte mir an sich nichts aus, daß
sie mich beleidigte, aber mein Profil ist mir heilig. »Es ist ja auch an der
Zeit, daß Sie unter die Haube kommen. Ich habe zwar nie etwas erwähnt, doch in
letzter Zeit ist mir verschiedenes aufgefallen .«
    »Zum Beispiel ?« zischte sie.
    »Sie sind nicht mehr so flink
und behende , wie Sie einmal waren. Und manchmal meine
ich direkt, die steifen Gelenke quietschen zu hören, wenn Sie durchs Büro gehen .« Ich zuckte die Schultern. »Von Ihrer allzu guten
Futterverwertung wollte ich eigentlich auch nichts sagen, aber wenn Sie weniger
sitzen würden...«
    Sie sprang auf wie von der
Tarantel gestochen. »Ich wußte ja immer schon, daß sich unter Ihrer
geschniegelten Fassade ein ganz erbärmlicher Wicht verbirgt. Ich kann Ihnen gar
nicht sagen, wie froh ich bin, daß ich in Zukunft dieses erschlaffende Profil
nicht mehr zu sehen brauche. Es wird eine Wohltat sein, diese selbstgefälligen
Reden und die Angeberei über Ihre Heldentaten nicht mehr mit anhören zu müssen.
Ich gehe, Mr. Boyd, und zwar auf der Stelle .« Sie
funkelte mich wütend an. »Das Gehalt, das mir noch zusteht, können Sie mir per
Post schicken .« Entschlossenen Schrittes marschierte
sie zur Tür. »Auf Wiedersehen, Danny Boyd.«
    Die Tür flog hinter ihr ins
Schloß. Ich wartete eine Weile. Sie wird schon wiederkommen, sagte ich mir.
Ganze fünf Sekunden hielt ich es aus, dann rannte ich ins Vorzimmer.
    »Unverbesserlich«, fauchte Fran
und zog rasch ihren Rock übers Knie. »Sie suchen sich doch immer den Moment
aus, wenn ich mein Strumpfband festmache, um hier hereinzuplatzen .«
    »Ich wollte nur wissen, was Sie
sich zur Hochzeit wünschen«, murmelte ich kleinlaut.
    »Danny!« Der harte Ausdruck
ihres Gesichts schmolz. »Sie werden mich doch ein bißchen vermissen, nicht wahr ?«
    »Und wie«, versicherte ich.
    »Sie werden mir auch fehlen .« Sie beugte sich vor und gab mir einen Kuß. »Aber ich habe
den richtigen Mann gefunden. Soll ich für den Rest der Woche noch bleiben,
damit Sie sich in Ruhe nach einer neuen Sekretärin umsehen können ?«
    »Vielen Dank«, erwiderte ich.
»Aber Sie haben bestimmt alle Hände voll zu tun. Ich werd’ schon zurechtkommen .«
    »Sie sind wunderbar! Ich habe gern
für Sie gearbeitet, Danny. Die Zeit hier werde ich nie vergessen .«
    »Hören Sie auf, Sie brechen mir
das Herz«, flehte ich. »Was würde Rod denn zu einer lebensgroßen Fotografie von
mir als Hochzeitsgeschenk sagen ?«
    »Er wäre selig«, antwortete sie
strahlend. »Sein Hobby ist nämlich Scharfschießen, und da bekommt er nie genug
Zielscheiben .«
    »Na, vielleicht werd’ ich mich
doch für einen elektrischen Kaffeetopf entschließen«, sagte ich rasch.
     
    Das Büro schien leer
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