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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel
Autoren: Barbara Noack
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— und schon ist man
Liebling. Finden Sie das gut?«
    »Freuen Sie sich, daß Sie sie endlich im Griff
haben«, sagte Karlchen.
    »Ja, schon — aber so!?«
    »Ist doch egal, wie.« Sie bog von der Straße auf
einen ungepflasterten Weg ab. »Gleich sind wir da.« Nicht ohne Spannung sah
Peter seiner neuen Untermiete entgegen.
    »Da ist er. Der Schmalzlerhof. Schön, nicht?«
    Karlchen präsentierte ihm das Anwesen geradezu
mit Eigentümerstolz.
    Bei Sonnenschein an einem Frühlingstag aus der nötigen
Entfernung wirkte es auch ganz idyllisch. Auf der Bank vorm Haus saß der
inzwischen bekleidete Herr Müller-Mallersdorf.
    Karlchen stieß einen Schrei aus. »Mei — ist er
schön!«
    »Auch ein Bekannter von Ihnen?«
    »Ab heute mein ständiger Begleiter. Heißt
Müller-Mallersdorf. Er lag so im Schuppen herum.« Benedikt kam durch die
niedere, windschiefe Türöffnung auf Peter zu. »Herzlich willkommen. Zu
Girlanden hat’s nicht mehr gereicht. — Ich zeig dir jetzt deine Kammer. Ist
alles ganz primitiv hier.«
    »Mann«, Peter sah sich um, »das ist ein
Hurentraum im Vergleich zur Obermayerschen Untermiete.«
    Nach dem Mittagessen hob Benedikt Herrn
Müller-Mallersdorf auf den Beifahrersitz und schnallte ihn an. Karlchen stand
daneben, sah zu und verabschiedete sich dreimal von jedem, bis sie endlich
selber einstieg und vom Hof fuhr und wieder zurück.
    Denn sie hatte vergessen zu fragen: »Wie heißt
er eigentlich mit Vornamen?«
    Benedikt überlegte. »Vorname? Hat er nicht. Er
hieß immer nur Herr Mallersdorf.«
    »Na gut, dann bleibe ich eben beim Sie.«
    Diesmal fuhr sie wirklich ab und in einem durch
nach Wasserburg.

4
     
    Es duftete nach Steckerlfisch und Maroni, nach
Zuckerwatte und Türkischem Honig. Über 300 Stände, Buden und Tische drängten
sich rund um die Mariahilfkirche im Münchner Stadtteil Au, in einer Ecke auch
ein paar Karussells und Schießbuden, ein Autoscooter und sogar ein
Hundetheater. Neun Tage lang ein Ort traditioneller Lustbarkeiten, ein
Tandelmarkt für Nutzloses und Brauchbares: die Auer Dult, Münchens seit über
500 Jahren beliebtester Trödel- und Jahrmarkt.
    Da gab es Bauernkästen, Kupfertöpfe,
Pickelhauben, Zinnsoldaten, geschnitzte Modeln und Richard Wagner in Biskuit,
durchgesessene Sofas, antiken Schmuck, Barockschränke, Orden und gebrauchte
Schießscheiben — viel Ramsch, Krusch, Glump wie Glasaugen und halbe
Regenschirme, Schnallengürtel ohne Schnallen, Gebißteile und natürlich lauthals
angepriesene Patente — vom garantiert tränensicheren Zwiebelschneider bis zur
Hausmacher-Dauerwelle. Zwischen dem eigentlichen Tandelmarkt und dem
Vergnügungsviertel mit Kettenkarussell und Kasperletheater befand sich der
Geschirrmarkt, die Haferldult.
    Gegenüber einem Schragenstand voller
Gartenzwerge und Porzellanuhus saß Karlchen auf einem Biedermeierstühlchen,
umgeben von viel Westerwaldkeramik, und wartete, daß etwas passierte.
    Einmal blieb ein Mann stehen, hob verschiedene Tonkrüge
betrachtend in die Höhe. Wollte wissen, woher.
    »Aus Montabaur, aus unserer Töpferei. Alles
handbemalt«, versicherte sie.
    »Kostenpunkt?«
    »Der Krug? Darf ich mal sehen?« Sie
entschlüsselte den Preis auf der Unterseite. »Zweiundzwanzig.«
    »Das geht ja noch.«
    »Nicht wahr? Soll ich ihn einpacken?«
    »Nein, danke. Ich schau bloß so herum.« Und
damit ging er weiter.
    Am Stand gegenüber gab die Händlerin ihrem
Zamperl eine Wurst. Karlchen gönnte sie ihm nicht, verhungert wie sie war.
Schließlich hörte sie Onkel Ernsto und Mariannes Stimmen sich langsam näher
zanken.
    »Na endlich«, rief sie ihnen entgegen, »habt ihr
mir was zu essen mitgebracht?«
    Marianne unterbrach kurz ihren Streit mit Onkel
Ernst und wies auf eine Tischuhr aus den zwanziger Jahren, die er unterm Arm
trug. »Nein, aber dafür dieses Monstrum.«
    »Das wäre dann wohl seine siebenunddreißigste«,
überlegte Karlchen.
    »Wenn er sie wenigstens nachts abstellen würde!
Alle halbe Stunde schlagen sie und klingeln und machen Kuckuck, und dann kann
ich nicht mehr einschlafen«, klagte Marianne.
    »Hör mal, mit Westminsterschlag«, führte Onkel
Ernst seine Neuerwerbung vor.
    »Schön«, fand Karlchen.
    »Ja, lob ihn auch noch!« fuhr Marianne sie an.
»Lobe ihn nur! Aber wundert euch nicht, wenn ich eines Tages meine Koffer packe
und gehe.«
    »Das wäre dann auch das siebenunddreißigste
Mal.«
    »Und wenn ich diesmal wirklich gehe, was dann?«
    »Schreit doch nicht so. Ist ja furchtbar.«
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