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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel
Autoren: Barbara Noack
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sitzen — im Profil ist er doch ganz nett.
Würden Sie ihn unter Umständen verpumpen?«
    »Sagen Sie bloß, Sie sind scharf auf den Typ?«
    »Scharf nicht, aber soviel allein in einsamen
Gegenden — vor allem abends — wenn da einer neben mir als Beifahrer sitzen
würde... wenigstens eine männliche Attrappe...«
    Benedikt trug den steifen Kerl aus dem Schuppen
und setzte ihn auf die Bank vorm Haus. »Sie können ihn gerne haben.«
    »Oh, danke. Haben Sie was dagegen, wenn ich ihn
umtaufe?«
    »Nö, warum?«
    »Ich möchte ihn Müller -Mallersdorf
nennen, dann heißt er auch nach mir.« Sie strich über sein graues, starres
Haar. »Aber mir gefällt nicht, was er anhat. Unterhemd und Unterhose. Nicht mal
Socken.«
    »Paar Fummel brauchte er schon«, sah Benedikt
ein, »und Latschen.« Sah anschließend auf seine Uhr. »Ich muß jetzt den
Lehramtsanwärter von der Schule abholen. Er weiß ja noch gar nicht, wo er von
heute an wohnt.«
    »Ich fahr schon«, sagte Karlchen, in ihrer
Jeanstasche nach den Autoschlüsseln grabend. »Machen Sie man inzwischen
Mittag.«
    Benedikt fand diese Rollenverteilung nicht so
gut. Er hätte lieber Peter abgeholt als gekocht. Schließlich beherrschte er nur
Tütensuppen und Dosen mit Fertiggerichten und das Aufbrühen von Würsteln, bis
sie platzten. Und haßte den Abwasch und das Wegräumen und überhaupt —
Scheißhaushalt. Aber zuerst einmal wollte er Herrn Müller-Mallersdorf
bekleiden. Er suchte ein T-shirt, Halstuch, ein Paar ausgefranste Jeans mit
durchgescheuerten Knien heraus.
    Das Anziehen war gar nicht so einfach, wie er
sich das vorgestellt hatte. Der Kerl war steif in den Gelenken, er gab so gar
keine Hilfestellung — halt doch mal stille, Mensch, kipp nicht immer um —
rechtes Bein — linkes — und jetzt ein hochziehender Griff mit beiden Händen bis
zur Taille. So. In der Hose war er drin.
     
    Peter freute sich, als er Karlchens Kombi vor
der Schule parken sah.
    »So rasch hatte ich Sie nach unserem nächtlichen
Anruf noch gar nicht erwartet.«
    »Offiziell besuche ich gerade einen Kunden in
Wasserburg. Steigen Sie ein. Ihre Klamotten sind schon auf dem Schmalzlerhof.
Da bring ich Sie jetzt auch hin.« Sie wirkte auf den angeschlagenen Peter
bestürzend munter. »Wie geht’s Ihnen denn?«
    »Den letzten Olkopf hatte ich an dem Tag, als
ich vom Militär entlassen wurde«, erinnerte er sich, während sie in westlicher
Richtung aus Nebel herausfuhren. »Ich trink ja selten was. Weiß der Henker, was
gestern abend in mich gefahren ist. Nicht nur in der Wirtschaft. Wir Deppen
haben uns auch noch den Schnaps aus Ihrer Schultüte eingeholfen und randaliert.
Irgend so einen Schuhsong haben wir gesungen — selbstgemacht — vielleicht
erinnert sich Benedikt noch an den Text.«
    »Er sagt, ihm fehlen ganze Filmrollen, was die
letzte Nacht anbelangt. Aber er mußte wenigstens heute früh nicht in die
Schule. War’s eigentlich schlimm?«
    »Peinlich. Der Rektor hat mich kommen lassen —
von wegen Vorbild für die Jugend und so, und daß es ein >Schkandal<
gewesen wäre, wie wir uns benommen hätten.«
    »Woher wußte er denn schon davon?«
    »Nehme an, die Obermayerin hat noch heute nacht
einen reitenden Boten mit der Nachricht von meinem Rausschmiß durch Nebel
geschickt.«
    »Und Ihre Schüler? Wie haben die reagiert?«
    »Erstaunlich. Wie ich heute früh in den
Umkleideraum kam, hörte ich schon von weitem ihr Gejohle. Zum erstenmal merkte
ich, daß ich der Bande nicht gewachsen war. Mir ging’s ja so schlimm. Und nun
kommt’s. Kaum machte ich die Tür auf, verstummte der Krach, alle grinsten mich
erwartungsvoll an. Ich merkte, da war was im Busch, aber was? In meiner
Verblödung brauchte ich eine Weile, bis ich die Schuhe auf den Kleiderhaken, an
der Lampe und selbst an Turngeräten hängen sah, und dann dauerte es noch eine
Weile, bis ich begriff. Das sollte eine Anspielung auf unsere nächtlichen Schuhdrapierungen
bei der Obermayer sein, die sie alle nicht verknusen können. In der folgenden
Turnstunde hatte ich mit sanften Lämmern zu tun. Sie waren rührend — ich möchte
sagen, sie waren wie eine Mutter zu meinem Kater. — Tja, und das ärgert mich
irgendwie.«
    »Versteh ich nicht«, sagte Karlchen, während sie
über die nach Frostaufbrüchen leidlich reparierte Straße fuhren.
    »Da versucht man, mit Psychologie, Pädagogik und
Tricks die Kinder zu gewinnen, und erreicht so wenig. Dann besäuft man sich
einmal nach Jahren, sekkiert die Bisgurn Obermayer
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