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Der Vampir der mich liebte

Der Vampir der mich liebte

Titel: Der Vampir der mich liebte
Autoren: Charlaine Harris
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Der Brief klebte an meiner Tür, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Ich hatte im Merlotte's die Schicht vom Lunch bis zum frühen Abend gehabt, und da es fast Ende Dezember war, wurden die Tage bereits ziemlich früh dunkel. Also musste mein Exfreund Bill - Bill Compton oder Bill der Vampir, wie die meisten Stammgäste im Merlotte's ihn nennen - seine Nachricht innerhalb der letzten Stunde hinterlassen haben. Er kann nämlich nicht aufstehen, ehe es dunkel ist.
    Ich hatte Bill seit über einer Woche nicht gesehen, und unsere Trennung war nicht gerade so gelaufen, dass ich sie freundschaftlich nennen würde. Trotzdem fühlte ich mich ganz elend, als ich den Umschlag mit meinem Namen darauf berührte. Und jetzt glaubt sicher jeder, ich hätte vorher - obwohl schon sechsundzwanzig - noch nie einen richtigen Freund gehabt oder eine echte Trennung durchgemacht.
    Tja, stimmt.
    Normale Alfa Typen wollen eben nicht mit einer ausgehen, die so seltsam ist wie ich. Schon seit ich in die Schule kam, sagen die Leute, dass ich irgendwie einen Knall hätte.
    Tja, stimmt ebenfalls.
    Das heißt allerdings nicht, dass nicht auch ich gelegentlich an der Bar angegrapscht werde. Die Typen betrinken sich. Ich sehe gut aus. Und dann vergessen sie schon mal, dass ihnen mein seltsamer Ruf und mein immerwährendes Lächeln nicht ganz geheuer sind.
    Doch nur mit Bill bin ich je so richtig zusammen gewesen, so ganz intim. Die Trennung von ihm hat mir sehr wehgetan.
    Ich öffnete den Briefumschlag erst, als ich an meinem alten, zerkratzten Küchentisch saß. Ich trug immer noch meinen Mantel, nur meine Handschuhe hatte ich in irgendeine Ecke gefeuert.
    Liebste Sookie, ich wollte bei dir vorbeischauen und mit dir reden, wenn du dich etwas von den unglückseligen Ereignissen der letzten Zeit erholt hast.
    »Unglückselige Ereignisse« - dass ich nicht lache. Die blauen Flecken waren irgendwann wieder verblasst, aber eins meiner Knie schmerzte immer noch bei Kälte, und ich fürchtete, dass das auch auf Dauer so bleiben würde. Und all meine zahlreichen Verletzungen hatte ich mir zugezogen bei dem Versuch, meinen treulosen Freund aus der Gefangenschaft einer Gruppe von Vampiren zu retten, zu denen auch seine frühere Flamme Lorena gehörte. Ich hatte immer noch nicht begriffen, wieso Lorena eine solche Macht über Bill besaß, dass er ihrer Aufforderung gefolgt und nach Mississippi gegangen war.
    Wahrscheinlich hast du viele Fragen zu dem, was passiert ist.
    Verdammt richtig.
    Wenn du mich persönlich sprechen möchtest, komm an die Haustür und lass mich ein.
    Au weia. Darauf war ich nicht gefasst gewesen. Ich dachte eine Minute lang nach. Dann hatte ich mich entschieden. Zwar vertraute ich Bill nicht mehr, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mich körperlich angreifen würde, und so ging ich zurück durchs Haus zur Eingangstür. Ich öffnete und rief: »Okay, komm rein.«
    Er trat aus dem Wald, der die Lichtung umgab, auf der mein altes Haus stand. Es gab mir einen Stich, als ich ihn sah. Bill war breitschultrig und schlank, immerhin hatte er sein Leben lang den an mein Grundstück angrenzenden Grund und Boden landwirtschaftlich bearbeitet. Und er war hart und zäh geworden in seinen Jahren als Soldat der Konföderierten, bevor er 1867 starb. Bills Nase glich haargenau dem auf griechischen Vasen abgebildeten Ideal. Sein Haar war dunkelbraun und seine Augen waren ebenso dunkel.
    Er sah noch ganz genauso aus wie zu jener Zeit, als wir einander kennen lernten, und so würde er auch immer aussehen.
    Er zögerte, ehe er über die Schwelle trat. Aber ich hatte es ihm ja erlaubt, und so trat ich zur Seite, um ihn in mein picobello aufgeräumtes Wohnzimmer mit den alten, gemütlichen Möbeln zu lassen.
    »Danke«, sagte er mit seiner kühlen ruhigen Stimme, eine Stimme, die mir noch immer Schauer schierer Lust bescherte. Vieles zwischen uns war schief gelaufen, aber im Bett hatte es garantiert nicht seinen Anfang genommen. »Ich wollte dich noch sprechen, bevor ich gehe.«
    »Wohin gehst du?« Ich versuchte, so ruhig zu klingen wie er.
    »Nach Peru. Auf Anordnung der Königin.«
    »Arbeitest du immer noch an deiner, äh, Datenbank?« Ich wusste fast gar nichts über Computer, aber Bill war durch intensive Fachlektüre zum Computerspezialisten geworden.
    »Ja. Aber ich muss noch etwas mehr Recherche betreiben. Ein sehr alter Vampir in Lima besitzt umfassendes Wissen über jene unserer Art auf seinem Kontinent. Ich habe mich zu einem
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