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Drei Frauen und ein Braeutigam

Drei Frauen und ein Braeutigam

Titel: Drei Frauen und ein Braeutigam
Autoren: Sarah Harvey
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steht, bedeutet dem Organisten loszulegen. Alle Gäste drehen sich erwartungsvoll um, als die ersten Takte des Hochzeitsmarsches erklingen.
    »Hier kommt die Braut, die sich nicht traut!«, trällert Grace mit zitternder Stimme. »Und ich glaub, ihr Höschen flutscht, weil der Gummibund verrutscht!«
    Als wir alle laut lachend herausplatzen, dreht sich Dan zu uns um. Einen Moment lang kreuzen sich unsere Blicke, herausfordernd wie immer, doch dann lächelt er. Es ist ein zurückhaltendes, und aufmunterndes Lächeln, das mich mit Wärme und neuer Entschlossenheit erfüllt. Ich atme tief durch. »Tja, jetzt ist es so weit.« Ich drücke Tanyas Hand. »Jetzt passiert es.«
    »Wir könnten an der entsprechenden Stelle noch Einspruch erheben.« Sie lächelt verkrampft, ohne mich anzusehen.
    »Nur, wenn wir dem Wort Muttermord neue Bedeutung verleihen wollen... ihre Mutter würde uns umbringen! Und außerdem: Willst du das überhaupt?«
    Tanya schüttelt den Kopf. »Nicht mehr. Nein.«
    »Alles klar, meine Damen«, ermahnt uns Finn und beugt sich vor, um vorsichtig einen kleinen schwarzen Käfer aus Tanyas Haar zu klauben. »Gebt euer Bestes, und bleibt im Takt, ja.«
    Als wir an ihm vorbeikommen, sehe ich, wie Finn Tanya bedeutsam zuzwinkert und wie sie liebevoll und zuckersüß zurücklächelt. Tanya? Zuckersüß? Moment mal, hier stimmt doch was nicht.
    Ich sehe von einem zur anderen, beide so hinreißend, gepflegt und gesellig; entweder sie sind wie Bruder und Schwester oder...
    Plötzlich wird mir alles klar. Ich fand es die ganze Zeit seltsam, wie schnell Finn von dem Desaster bei Stuarts versuchter Verführung erfahren hatte. Dann waren da diese versteckten Andeutungen auf eine neue Romanze, und gestern sind sie beide zu einer Zeit zusammen in meiner Küche aufgetaucht, zu der sie normalerweise noch im Bett gewesen wären. Das war höchst verdächtig. Hinzu kommt Tanyas totales Versagen, in Rom jemanden aufzureißen, wo sie normalerweise eine einsachtzig große geballte Ladung Sexappeal in ihren Koffer gepackt hätte, um ihn als Souvenir mit nach Hause zu nehmen. Außerdem hat sie kaum darum gekämpft, Romeo für sich behalten zu dürfen, was, wenn man es genau bedenkt, höchst untypisch für sie war. Und vielleicht ging es bei ihrer Schwärmerei darüber, wie wunderbar Finn doch sei, gar nicht um mich. Das ist es. Finn und Tanya.
    »Du und Finn?«, flüstere ich ihr zu.
    Das glückselige Brautjungfernlächeln wird unvermindert weitergelächelt, doch ich kann sehen, wie ihre Mundwinkel zucken.
    »Du bist mir vielleicht eine«, sage ich. »Es sieht dir überhaupt nicht ähnlich, so etwas für dich zu behalten. Falls du dir Sorgen gemacht hast, dass ich nicht einverstanden sein könnte, dann hattest du Recht. Ganz egal, wie sehr ich dich mag, Tanya Mathers, so muss ich doch sagen, dass Finn viel zu nett ist, um von einer wie dir vernascht und verworfen zu werden, du alte Schlampe.«
    »Ich bin ihm seit mehr als sechs Wochen treu«, murmelt sie, ohne mich anzusehen, doch nach wie vor lächelnd.
    Plötzlich komme ich aus dem Takt des Hochzeitsmarsches. Mit offenem Mund starre ich auf Tanyas eleganten Rücken. Louis geht hinter mir. Seine zum Schottenrock passende Felltasche stupst mich in den Rücken, und ich beeile mich, wieder an Tanyas Seite zu gelangen, wo ich in Gleichschritt mit ihr falle. »Sechs Wochen?«, zische ich ungläubig, als Grace Stuart erreicht und wir uns hinter ihr aufstellen.
    »H-hm«, erwidert Tanya, ohne die Lippen zu verziehen.
    »M ust be Love«, summt Louis.
    »Du wusstest es?«, fahre ich ihn an.
    »Der gute Louis weiß alles.« Er grinst selbstgefällig.
    Ein Blick des Pfarrers bringt uns zum Schweigen, und der Traugottesdienst beginnt. Zu meinem Erstaunen und meiner Erleichterung fällt es Tanya, Louis und mir gar nicht so schwer, nach der entscheidenden Stelle »für immer zu schweigen«. Und als Stuart Grace ewige Treue schwört, lächelt er sie so zärtlich an, als wären er und sie die beiden einzigen Menschen in der Kirche und all die Gäste mit Riesenhüten einfach nicht da. Dieser Ausdruck in seinen Augen! Wenn mich einmal jemand so ansehen würde, wäre ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens glücklich, das weiß ich.
    Wir hatten ganz fest ausgemacht, nicht zu weinen. Prompt fangen die beiden Brautjungfern und der Brautjunge an zu heulen. Glücklicherweise hat der Brautjunge eine halbe Schachtel Kleenex in seinem Felltäschchen verstaut.
    »Weißt du was«, schniefe ich
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