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Dreck

Dreck

Titel: Dreck
Autoren: Garry Disher
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Motorrad geeigneter als ein Auto. Er musste über unwegsames Gelände, also brauchte er ein schnelles und manövrierfähiges Gefährt, wenn er aus dem Nichts auf der Bildfläche erscheinen wollte, und er brauchte ein Fahrzeug, das er in Sekundenschnelle verstecken konnte.
    Die Sonne stand tief am Himmel, als er die Kreuzung mit dem Malleebusch erreichte, wo ihn der Bus vor ein paar Wochen abgesetzt hatte. Er bog in Richtung Belcowie ab, drosselte die Geschwindigkeit, weil er dem Straßenbelag nicht traute und es außerdem die Zeit war, wo hundemüde Farmer in Fahrzeugen mit abgefahrenen Reifen und kaputten Scheinwerfern auf dem Mittelstreifen heimwärts rasten.
    Wyatt wusste genau, wohin es ihn trieb. In der ersten Woche bei Brava-Construction, hatte er einen Landvermesser begleitet, um die Sichtlinien der Rohre von einer kleinen, mit dichtem Gestrüpp bewachsenen Hügelkette aus zu prüfen. Über matschige Wege, vorbei an endlosen Zäunen, Kängurus und nervös grasenden Schafen; aber da war auch eine verlassene Farm, ziemlich verborgen in einem Tal zwischen den Hügeln. Ob es wirklich ein gutes Versteck war vermochte er nicht zu sagen, nicht bevor er es näher in Augenschein genommen hatte, doch er erinnerte sich, dass die Farm einen nördlichen und einen südlichen Zugang besaß. Und zwei Zugänge waren das mindeste, was er von einem guten Versteck erwartete.
    »Warum nicht ein Haus mieten?« hatte Leah gefragt. »Eins, das wir ohne Probleme kriegen können, so wirken wir wenigstens wie anständige Leute.«
    »Namen, Gesichter, Papierkrieg«, antwortete Wyatt. Er sagte es so ruhig wie möglich, vermied es, sie anzusehen.
    »Weißt du, dass das langsam zwanghaft wird?« sagte sie.
    Die Schatten wurden nun länger. Wyatt machte die Scheinwerfer an und überraschte damit ein paar Hasen und eine Katze, die auf der Jagd war. Zermatschte Insektenleichen sammelten sich auf dem Visier seines Helms. Plötzlich erkannte er eine Blechhütte ohne Dach wieder, die von ein paar Pfefferbäumen umringt war, verließ die Straße nach Belcowie und bog in eine Nebenstraße ab. Er fuhr sehr konzentriert, wollte den Pfad nicht verpassen, der zu der Farm führte. In seinem Rucksack steckten ein Nylonzelt, ein Camping-Kocher und ein Schlafsack, doch er schlief lieber in einem Schuppen als irgendwo am Straßenrand. Die Vorstellung, nachts von den Scheinwerfern der Bergwacht geweckt zu werden, die ein Gewehr auf ihn richtete, war ihm zuwider. Auch dicht neben einem Mähdrescher aufzuwachen erschien ihm wenig erstrebenswert.
    Kurz vor Sonnenuntergang erreichte er das Tor der Farm. Gleich daneben befand sich eine Laderampe, die mit Stacheldraht gesichert war. Wilder Hafer überwucherte Zaun und Torpfosten und breitete sich über das Gitter der Rampe aus. Dahinter begann ein Steinweg, so dass Wyatt nicht hätte sagen können, ob irgendjemand in letzter Zeit dort entlanggegangen war. Vorsichtig öffnete er das Tor und versuchte, die Gräser nicht zu zertrampeln, während er das Motorrad durchschob.
    Hinter einer Buchsbaumhecke stellte er es ab und ging zu Fuß weiter. Es dauerte fast fünf Minuten. Zwischen dem Tor zur Straße und den Gebäuden standen Bäume und Felsnasen ragten aus der Erde. Wyatt hoffte, die Geräusche seiner Ankunft seien dadurch ein wenig gedämpft worden. Sollten Leute in dem verlassenen Farmhaus campieren, würden sie denken, das Motorrad sei weitergefahren.
    Es war noch hell genug, um erkennen zu können, dass das erste Gebäude einst der Unterbringung von Gerät gedient hatte. Jetzt stand es leer, direkt gegenüber einem provisorisch errichteten Heuschuppen aus Gummibaumstämmen und rostigem Eisen. Das Strohdach, von Wetter und Schimmel verwittert, war längst eingefallen. Der Innenhof, der sich vom Schuppen zum Hauptgebäude erstreckte, sah aus, als hätte dort eine Bombe eingeschlagen. Leere Tonnen, unentwirrbare Ballen von Stacheldraht, ganze Motorblöcke, rostige Pflugmaschinen waren von dornigem, verholzten Gras umwachsen. Aus dem Dach eines Toilettenhäuschens wuchs ein kleiner Baum.
    Dann sah er sich das Farmhaus an. Die Wände standen noch und der größte Teil des Daches hatte gehalten. Das genügte Wyatt – nun wusste er, dass hier ausreichend Platz für die Fahrzeuge und ein paar weitere Männer war.
    Er holte das Motorrad.

Acht
    Das war am Mittwochabend. Am Donnerstag erwachte Wyatt bei Morgengrauen. Er fühlte sich wie erschlagen von der langen Motorradfahrt und dem harten Fußboden, der ihm als
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