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Dreck

Dreck

Titel: Dreck
Autoren: Garry Disher
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sagte Gabe Snyder.
    »Eddie Loman hier.«
    Einen Augenblick lang herrschte Stille. Er bremste sanft, das Autotelefon ans Ohr gepresst, um den Schwachkopf vor ihm unerlaubterweise links in die Waiora Road abbiegen zu lassen. Snyder wollte keinen Unfall riskieren. Sein Toyota-Transporter war das allerneueste Modell, komplett mit modernster Funk- und Mobiltelefonausrüstung ausgestattet. Er wartete, bis der Schwachkopf in sicherem Abstand vor ihm herfuhr, und sagte dann: »Eddie! Schon ’ne Weile her, was.«
    Eddie Lomans Stimme kam und ging. Snyder führte das auf die Entfernung und die vielen Hügel in diesem Teil Melbournes zurück. »Nochmal«, sagte er.
    »Hast du heute Abend schon was vor?« wiederholte Loman, und diesmal war seine Stimme laut und deutlich vernehmbar.
    »Naja, heute ist Freitag«, meinte Snyder. »Vielleicht geh ich auf ’nen Sprung in die Cadillac Bar.«
    »Kannst du vorher bei mir vorbeikommen? Ich glaube, ich habe da etwas, was dich interessieren könnte.«
    Es war irre. Snyder konnte Eddie Lomans Stimme nun glasklar hören. Er gab kurz Gas, um die Kreuzung bei der La Trope Universität zu schaffen und verlangsamte dann wieder. Auf einem Schild stand ›La Salle Park – Psychiatrische Klinik‹. Snyder sah auf die Uhr. Vier Uhr nachmittags. Besuchszeit. Auf dem Parkplatz würden bestimmt einige Wagen parken, die ideale Deckung, genau nach seinem Geschmack. »So um sechs, okay?«
    Dann wurde die Verbindung wieder schlechter. Er hörte ein Knacken und hoffte, Loman hätte das Gespräch beendet. Dann war es still in der Leitung. Snyder legte auf und konzentrierte sich wieder aufs Fahren. Dabei wirkte seine konturlose Kinnpartie noch schwabbeliger. Ein grober, feuchter Mund in einem schwammigen Gesicht mit feisten Hamsterbacken, die ein wenig von seiner Aknehaut ablenkten. Auch die Frisur war das reinste Ablenkungsmanöver, schulterlang, lockig und hellbraun. 1969 sollte er zur Armee und gleich nach Vietnam. Um nicht an die Front zu müssen, hatte er sich um eine Ausbildung als Funktechniker beworben. Seine schönen Haare waren dem radikal zum Opfer gefallen. Diese Demütigung hatte er nie ganz verwunden.
    Normalerweise trug er leuchtend weiße Overalls, die seine Solariumbräune besonders gut zur Geltung brachten. Aber als er das letzte Mal am La Salle-Klinikum herumgestreift war, war ihm das sehr lästig gewesen. Deshalb trug er heute ein T-Shirt, kurze Hosen und Reeboks. Seine Finger schmückten billige Ringe und seine Arme Armreifen aus Nepal, die er auf dem Wochenmarkt an der Esplanade erstanden hatte.
    Er fuhr auf den Parkplatz der Klinik. Rasenflächen, Spazierwege mit Bänken, Blumenbeete und kleine Haine europäischer Baumarten erstreckten sich über mehrere Kilometer hinter dem Klinikum. Die meisten Besucher fuhren an der Gabelung rechts zu den Hauptgebäuden. Snyder nahm den linken Weg, der einmal ganz um das Klinikum herumführte. Weder Personal noch Besucher kamen hier je lang.
    Er kurbelte das Fenster herunter und lauschte. Die Mauer aus Blauschiefer zu seiner Rechten und die dicht an dicht stehenden Trauerweiden zur Linken warfen die Motorengeräusche zurück; wie eine ratternde Nähmaschine hörte es sich an. Snyder war entsetzt. Das Ärgerliche an dem ganzen Öko-Scheiß, der heutzutage mit den Motoren veranstaltet wurde, war zum einen die damit verbundene verminderte Leistung, zum anderen wurde den Auspuffgeräuschen eine extrem hässliche Note verliehen.
    Alice löste sich aus dem Schatten der Bäume und winkte ihm zu. Snyder schaute auf die Uhr. 16.15 Uhr. Am Montag hatte er zu ihr gesagt ›Ich bin am Freitag wieder hier, okay?‹ Freitag, Viertel nach vier. Er hatte die Worte ganz langsam und deutlich ausgesprochen, in der Hoffnung, sie würde verstehen, obwohl er wusste, dass die Chance wohl gering war. War sie doch hier, weil in ihrem Hinterstübchen die Dinge etwas durcheinander geraten waren.
    Aber sie hatte ihn wohl verstanden; denn hier war sie, pünktlich um Viertel nach vier. Er hielt den Wagen an einer Stelle, wo er durch die Bäume vor den Blicken des Personals im Verwaltungsgebäude geschützt war, und beobachtete, wie sie näher kam. Diesmal waren ihre Haare frisch gewaschen. Wie feine Spinnweben im Wind flogen sie ihr ums Gesicht. Ihre Kiefer bearbeiteten konzentriert einen Kaugummi, genau wie beim letzten Mal. Auch am Montag hatte ihr Atem danach gerochen, die gelben Juicy Fruit vermutlich. Wieder schien sie bis unters Dach voll mit Drogen, ihre Haut war
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