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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ThyssenKrupp. Sie las die Geschichte, verschlang sie förmlich, und hielt ihre Hände dabei gefaltet auf ihrem Schoß, als wage sie nicht, das Gerät anzufassen, dem Gisbert Wanninger die Geschichte anvertraut hatte, die von hier ihren Weg in die Welt antreten würde. Wanninger scrollte die Seiten weiter, wenn sie eine zu Ende gelesen hatte und kurz ›Fertig!‹ sagte.
    »Du bist eine echte Nummer!«, staunte sie, als sie auch die letzte Zeile verschlungen hatte. Sie war ihm während des Lesens nahegekommen, in die Duzform gefallen, weil sie mit ihm den Täter gejagt hatte, der ihm auf der Spur war und vor dem er sich versteckte.
    »Wo willst du denn jetzt hin?«, fragte sie sanft. »Es ist ja nicht vorbei.«
    Wanninger zuckte die Schultern.
    »Du kennst ja niemanden wirklich«, meinte sie. »Und man weiß auch nicht, ob du deinem Informanten trauen kannst. Er hätte sich doch eigentlich zu erkennen geben können.«
    »Wieso?«, fragte er, während er den Laptop herunterfuhr. »Er hat Angst, das ist doch klar. Jeder, der hier die Nase reinsteckt, setzt sein Leben aufs Spiel. Das habe ich begriffen.«
    »Du bist sehr mutig«, stellte sie leise fest und lächelte verzückt.
    Wanninger tat, als habe er ihr Lob überhört. Er klappte das Gerät zu. Er durfte jetzt nicht auf die Antworten seiner Mails lauern. Wanninger geduldete sich. Er musste sich Zeit nehmen.
    »Ich bleibe etwas hier«, entschied er.
    Sie lächelte glücklich.

29
    Anne und Hermann van Eyck erschienen unangemeldet gegen 14 Uhr in Stephans Kanzlei. Sie nahmen vor seinem Schreibtisch Platz. Stephan hätte erwartet, dass sie nervös sein oder sich in irgendeiner Weise sichtbar ihres Verhaltens schämen würden, doch er irrte sich. Anne van Eyck lächelte sogar gewinnend, als Stephan sie eher unfreundlich aufforderte, das zu sagen, was sie zu sagen habe.
    »Hier auf diesem Stuhl saß ich, als wir uns kennenlernten«, sagte sie. »Ich erinnere mich genau an diesen Tag, Herr Knobel. Ich bat Sie, den ungeklärten tödlichen Unfall meiner Schwester zu untersuchen, einen Fall, den die Staatsanwaltschaft bereits zu den Akten gelegt hatte.«
    »Sie müssen das nicht wiederholen«, unterbrach Stephan. »Ich weiß, was Sie gesagt haben, und ich weiß heute auch, dass die Staatsanwaltschaft richtig entschieden hat. Ihre Schwester ist durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen, ausgelöst oder begünstigt durch erheblichen Alkoholgenuss, der seinerzeit auf das unglückliche Gespräch Liekes mit Dr. Alexander Seuter zurückzuführen ist.«
    Sie nickte.
    »Sie scheinen all das zu wissen, und es stimmt. Nehmen Sie Liekes tragischen Unfall als Faktum und zugleich als eine Art Vorgeschichte zu dem, was ich Ihnen nun erzähle.«
    »Erzählen Sie mir nichts, sagen Sie mir nur die Wahrheit!«, forderte Stephan barsch.
    Hermann hob beschwichtigend die Hand, dann fuhr seine Frau fort: »Rund eineinhalb Monate nach Liekes Tod erfuhren wir von Hermanns Bruder Franz, dass sich bei ihm ein gewisser Gisbert Wanninger gemeldet hatte, ein Journalist, der alte Skandale aufarbeite und eine Serie plane, in der er die alten Geschichten aufwärme und die – sagen wir – Sünder von damals in ihrem heutigen Leben zeigen wolle. Die Motivation dieses Menschen liegt klar auf der Hand: Er will zu seinem eigenen Gewinn Menschen wieder ans Tageslicht zerren, die vielleicht einmal etwas falsch gemacht, für diesen Fehler aber längst gebüßt haben. Wanninger geht es um die Vernichtung derer, die er – wie er sich meinem Schwager gegenüber geäußert hat – Störkanten der Gesellschaft nennt. Er schämt sich nicht einmal, dieses Anliegen klar zu benennen. In seiner Geschichte sollte es indes nicht um Franz gehen, denn der war in seinem bisherigen Leben nie in irgendwelche anrüchigen Geschichten verstrickt. Es ging ihm um den Bruder von Franz, nämlich um meinen Mann Hermann, der früher den Namen Gustendorf trug und bei unserer Eheschließung meinen Namen annahm und seither van Eyck heißt.«
    »Sagt Ihnen mein früherer Name etwas?«, fragte Hermann van Eyck dazwischen. »Niemals den Namen Jan Gustendorf gehört? Ich heiße eigentlich Jan-Hermann. Seit dieser Geschichte trage ich aber nur noch den zweiten Vornamen.«
    Stephan schüttelte den Kopf.
    »Sehen Sie«, sagte Anne van Eyck weich, »die Geschichte ist längst in Vergessenheit geraten. Zumindest dürften die jüngeren Menschen mit dem Namen Jan Gustendorf nichts anfangen können. Warum soll es nicht dabei bleiben? Warum soll
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