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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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war vollbracht. Wanninger war zufrieden.
    Gegen elf Uhr klopfte es immer wieder an die Tür von Wanningers Hotelzimmer. Er schreckte aus einer Tiefschlafphase auf, richtete sich verstört auf und blieb still. Der Schweiß lief an den Schläfen herunter. Sein Shirt war durchnässt.
    »Ich bin es«, hörte er. »Geht es Ihnen gut, Herr …«
    Ihm fiel ein, dass er ihr seinen Namen nicht genannt hatte. Es war die Wirtin.
    »Es ist nichts, kein Feuer …«, beruhigte sie.
    Er lächelte.
    »Ja«, sagte er heiser. Seine Stimme war belegt.
    »Wollen Sie einen Kaffee?«
    Er stand auf und öffnete die Tür. Sie stand in einem geblümten ärmellosen Sommerkleid vor ihm. Ihre kräftigen Oberarme schimmerten weiß in einem Sonnenstrahl, der schmal und schneidend zwischen den Wollvorhängen durch sein Zimmer in den dunklen Flur fiel. Sie hatte ihre rötlichen Haare zu einem kurzen Zopf gebunden.
    »Ist ja ein Brutkasten hier«, schnaufte sie. »Machen Sie doch die Vorhänge auf! Sie ersticken ja fast. Von draußen kann man hier nicht reinsehen. Da sind nur Bäume, dahinter die Rückwand einer Werkstatt.«
    »Ich fürchte mich nicht mehr«, sagte er und rieb sich die Müdigkeit aus den Augen.
    »Ist was passiert heute Nacht?«, fragte sie.
    Auf dem Tisch stand aufgeklappt sein Laptop. Der Bildschirmschoner ließ kleine Fische über die Fläche treiben.
    »Wir könnten zusammen einen Kaffee trinken«, meinte sie. »Ist im Preis mit drin.« Sie zwinkerte mit den Augen. »Sie haben wohl noch lange gearbeitet?«
    Wanninger mochte ihre unbeholfene Neugier.
    »Ich musste etwas niederschreiben«, sagte er. »Die Geschichte eines Skandals, nein, die Geschichte eines Mordes, in dessen Strudel ich beinahe das nächste Opfer geworden wäre.«
    »Echt?« Die Wirtin schaute ihn unsicher an. Sie hatte gemutmaßt, dass er abtauchen musste. Aber sie hatte auch gespürt, dass er etwas Besseres sein musste. Sie hatte seinen feinen teuren Anzug gesehen. Qualität und Preise solcher Anzüge kannte sie aus ihrer Zeit als Mitarbeiterin in einem Kostümverleih. Dort hatte sie zufällig Harald kennengelernt, der mit ihr zusammen den Traum der Selbstständigkeit gesponnen und dann mit ihr auf Kredit diese Bruchbude gekauft und ihr nach seinem Herztod im letzten Jahr nur Schulden hinterlassen hatte. Die einzigen Gäste waren hin und wieder Arbeiter, die auf Montage waren und eine günstige Unterkunft suchten. Der Mann, der jetzt verschwitzt vor ihr stand, hatte sich bloß in dieses Hotel verirrt. Er würde normalerweise woanders logieren. Der Unbekannte vor ihr schien reif und klar. Er mochte 25 Jahre älter sein als sie.
    Wanninger strich sich über das unrasierte Kinn. Er fühlte die Bartstoppeln, seine klebrigen Achseln, die Schwere seines Körpers. Die Arbeit hatte ihre Spuren hinterlassen. Er konnte nicht mehr so wie früher.
    »Ich bringe den Kaffee hoch«, sagte sie und ging, ohne seine Antwort abzuwarten.
    Er setzte sich auf die Bettkante und sah in den Spiegel über der alten Kofferablage. Das Glas hatte Sprünge. Sein Spiegelbild brach an diesen Stellen mit kleinem Versatz.
    Sie kam mit einer orangefarbenen Kaffeekanne, zwei Tassen und einer Tetrapackung Milch zurück und setzte sich zu ihm auf die Bettkante, das Tablett mit der Kanne und den Tassen auf ihren Knien. Sie schenkte den Kaffee ein und gab Milch dazu. Wanninger beobachtete sie währenddessen von der Seite, sah für Sekundenbruchteile auf ihre weiße Brust, als sie den Arm hob, um ihre Tasse zu füllen.
    »Sie sind nur hier, weil Sie sonst nie hier wären«, sagte sie schließlich. »Also findet Sie hier keiner.«
    Er schlürfte den Kaffee.
    »Wenn Sie es mal lesen wollen …« Er deutete auf die Fische auf dem Bildschirm. »Ich habe es allen namhaften Magazinen und Zeitungen angeboten. Aber Sie sind der erste Mensch, der es nur so liest. Sie sind sozusagen meine erste Leserin.«
    Er zwinkerte ihr zu.
    Sie lächelte. Er berührte sie mit dem, was und wie er es sagte. Sie wagte nicht, sofort Ja zu sagen, und wartete, dass er sie von sich aus die Geschichte lesen ließ.
    Wanninger trank seinen Kaffee aus, stand auf und rief in seinem Laptop die Story auf.
    »Kommen Sie«, sagte er und reichte ihr die Hand. Er tat es elegant, fast verführerisch, und sie ließ sich an den Laptop entführen. Er rief die Seiten auf, die den ungeheuerlichen Skandal an den Leser bringen würden, die Geschichte des Mordes an Lieke van Eyck, befohlen oder gebilligt von Dr. Fyhre, dem Vorstandsvorsitzenden von
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