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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Wesentliches fokussierte. Sie küssten sich lange und innig. Ein Zungenkuss, der ihre Leben miteinander verschlang.
    Die Mail von Anne van Eyck kam nur fünf Minuten später. Wanninger rief sie wie automatisch auf, indem er hinter sich griff, während er die Frau wieder und wieder küsste. Sie ließ verspielt von ihm ab, um auf Toilette zu gehen, und er las die Nachricht von Anne, die ihn doch nur beglückwünschen konnte. Es war eine lange Mail. Es war die Geschichte hinter Wanningers Geschichte. Er begann zu lesen, ungläubig erst, wiederholte einige Zeilen, glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, und stammelte einzelne Worte, mit denen er denjenigen anflehte, an den er nicht glaubte. Die Frau kam von der Toilette zurück. Jetzt sah er aus wie ein Gespenst, als er auf den Bildschirm starrte, das Gesicht zur Fratze verzerrt, kalkweiß. Er brach in sich zusammen, richtete sich mühsam wieder auf, zitterte, schrie, wankte und röchelte. Er griff nach ihr, sie wollte ihn mit offenen Armen auffangen, doch ihre Kraft reichte für ihn nicht aus. Er glitt ihr aus den Armen, als er umfiel. Er schlug dumpf und schwer auf den alten Teppichboden. Sie beugte sich nackt über ihn, zerrte an ihm und versuchte, was sie konnte. Sie massierte seinen Brustkorb, gab ihm Ohrfeigen, jammerte und schlug verzweifelt um sich. Als sie sah, dass nichts mehr zu tun war, schlug sie auf ihn ein. Dann brach sie weinend zusammen.

31
    Ylberi betrat das kleine Hotel gegen Mitternacht. Wanningers Leiche war bereits abtransportiert worden. Er hatte den Herzinfarkt nicht überlebt. Die Wirtin hatte der Polizei von dem Skandal erzählt, den Wanninger aufgedeckt hatte. Der Name des Journalisten war in mehreren Dezernaten der hiesigen Polizei aktenkundig. Man ermittelte wegen des Einbruchs in Wanningers Büro ebenso wie hinsichtlich des Schusses auf ihn auf dem Kokereigelände. Wanningers Skandalgeschichte brachte die Verbindung zu Liekes Tod und rief somit den Essener Staatsanwalt Ylberi auf den Plan. Er hörte sich die Schilderung der Wirtin an. Sie trug jetzt einen verschlissenen weißen Kittel. Es war die Kleidung, die sie immer trug, wenn im Hotel das Geschäft wie üblich stockte und sie auf Gäste wartete, die nicht kamen. Sie erzählte von Wanningers Entdeckungen mit eigentümlichem Stolz, weinte zwischendurch und schloss mit der E-Mail, die Wanninger bis ins Mark getroffen hatte. Ylberi las die Nachricht, die Wanninger an diesem Tag an die Medien verschickt und die er erhalten hatte. Ylberi spürte, der Lösung nahe zu sein. Er nahm das Gerät mit, rief von unterwegs Stephan an und machte es dringend. Er wollte sich mit ihm in einem Lokal treffen. Doch Stephan bat ihn, zu sich nach Hause zu kommen. Es sei zu spät. Kurze Zeit später saß der Staatsanwalt Marie und Stephan gegenüber. Er erzählte, was er erfahren hatte, und zitierte aus Anne van Eycks Mail an Wanninger.
    »Sie redet in dieser Mail immer von einem Bruder, aber sie nennt ihn nie mit Namen«, fasste er zusammen. »Es liegt natürlich auf der Hand, dass der Bruder die Person ist, deren Fingerabdrücke wir auf den Münzen sichergestellt haben. Frau van Eyck schreibt schließlich am Ende, dass sie so habe handeln müssen, damit Wanninger mit seiner beabsichtigten Serie über Skandale vergangener Zeiten den Betroffenen keinen Schaden zufüge. Aber sie sagt nicht, welchen Skandal sie hier konkret meint. Sie will offensichtlich den Vorgang, den sie selbst im Auge hat, nicht öffentlich machen, um zu verhindern, dass es auf diesem Wege doch noch zu der Publikation kommt, die sie ja vermeiden will. Und sie deckt auch nicht auf, ob sie selbst, ihr Mann oder vielleicht ihr eigener Bruder in diesen Skandal verwickelt war oder es vielleicht um eine andere, ihr vermutlich nahestehende Person geht. Wir haben uns Wanningers schriftliche Recherchen und Notizen zu den einzelnen Skandalen angeschaut, als wir begannen, den Einbruch in seinem Büro zu untersuchen. Teilweise war er bereits recht weit in die Sachen vorgedrungen, teilweise stand er ziemlich am Anfang. Verständlicherweise war niemand der damals Beteiligten, deren Freunde oder Verwandte gewillt, ihn tatkräftig zu unterstützen. Wanninger war auf sich gestellt. Wir wissen also nicht, um welchen Skandal es im Zusammenhang mit den van Eycks eigentlich ging. Aber es würde uns helfen, es zu wissen, denn dann könnten wir zielgerichtet nach dem sogenannten Bruder fahnden, der in dieser Geschichte seine Tatbeiträge geliefert hat. Wir haben
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