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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Autoren: Hans Kneifel
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kleinen Feuer im Steinkreis schlief Dragon. Wieder bewachte ihn Marathas Hund.
     
    Gegen Mittag des nächsten Tages schimmerte der Raxos vor ihnen im Sonnenlicht. Das Gebiet erschien Dragon vage bekannt. Xando folgte dem Fluß eine Weile abwärts, und am späten Nachmittag erreichten sie die vertraute Furt, wo sie ihn überquerten.
    Ein Stück weiter des Weges bellte Xando freudig, und plötzlich stand Maratha vor ihnen auf dem breiten Pfad. Jetzt hörte Dragon auch die vielen Tiere, die hier in der Gegend weideten.
    Xando stürzte sich auf seine Herrin, stellte sich auf die Hinterläufe und stieß Maratha die Schnauze ins Haar. Die Seherin war jetzt eine junge Frau von aufregender, exotischer Schönheit. Sie trug feine Felle, die dem Blick eines Mannes genug enthüllten, um seine Phantasie zu beflügeln.
    Dragon schwang sich aus dem Sattel, nahm den Zügel kurz und ging auf sie zu. »Ich bin hier, weil unser treuer Helfer und Freund mich hierhergeführt hat, Maratha.«
    Sie lächelte. »Du bist hier, weil ich es so wollte.«
    Dragon widersprach nicht. Der Blick ihrer blinden Augen war auf eine seltsame Art klar, und er dachte verwirrt, welch außergewöhnliche Frau sie war.
    Er sagte: »Ich kam auch her, um zu erfahren, wo Amee ist.«
    »Ich weiß. Laß uns zu meiner Hütte gehen. Leih mir deinen Arm. Ich will deine brennende Frage beantworten und das Scheitern meines Planes eingestehen.« Bevor er fragen konnte, fuhr sie fort: »Cnossos nahm deine Gestalt an, wie du selbst gesehen hast. Sie hielt ihn für dich, Dragon, wenigstens eine Weile, und folgte ihm. Ich weiß nicht, weshalb er dieses Spiel spielte. Unsere Begegnung war zu kurz, es herauszufinden. Sie überquerten die Furt, und meine Hirten und ich stellten sie. Ich riß ihm die Maske vom Gesicht, daß sie sehen konnte, in wessen Gesellschaft sie sich befand. Und ich sagte ihr, daß ihr alle wohlauf seid. Doch bevor wir deine geliebte Prinzessin in die Sicherheit meiner Hütte bringen konnten, verwandelte er sich in einen Geier und entriß sie uns wieder.«
    Dragon fragte gepreßt: »So lebt sie noch? Weißt du, wohin er sie bringt?«
    Er atmete den Duft von Blüten, der sie umgab. Ihr Haar glänzte wie getriebenes Gold, wenn die Sonne darauf fiel.
    »Sie lebt. Und ich denke, ich weiß, wohin er sie bringt, und wir werden gemeinsam einen Weg dahin suchen, mein lieber Freund«, sagte Maratha. Ihre Augen hefteten sich in seine; er bemerkte es mit ehrlicher Verblüffung. Wenn man so nahe bei ihr war, vergaß man, daß sie blind war. »Aber jetzt ist Xando müde. Und ich sehne mich nach ein wenig Bewunderung und männlicher Kraft. Vereint laß uns die inneren Pfade wandeln. Vielleicht vermag ich dir Licht zu zeigen, wo du bisher nur Dunkelheit gesehen hast. Komm, geheimnisvoller Mann aus einer anderen Welt.«
    Das waren wundervolle, verwirrende Versprechungen, denen er sich nicht entziehen konnte. Schon einmal war ihm ein kurzer Blick in diese innere Welt vergönnt gewesen, aber damals hatten sie ihre Kräfte gemessen. Damals hatten sie einander noch nicht vertraut. Jetzt mochten Zuneigung und Freundschaft neue Türen öffnen.
    Sie hob einen Arm und streichelte seine bartlose Wange.
    »Was erwartest du von mir?« fragte er mit rauher Stimme.
    Sie lächelte. »Ich weiß, daß in dieser Welt dein Herz gebunden ist, lieber Freund. Aber wir sind beide Geschöpfe aus einer anderen Welt, in der unsere Seelen verwurzelt sind, auch wenn wir uns kaum mehr daran erinnern. Laß uns heute nacht in Gefilden fern dieser Welt Bande knüpfen und Kräfte erwecken für den Kampf, der vor uns liegt …«
    Zwei Hirten traten ihnen unvermutet entgegen und musterten den hochgewachsenen Fremden ruhig, die Hand an dem Messergriff.
    »Gib ihnen deine Waffen, Dragon, deine Ausrüstung und dein Pferd. Sie werden alles bestens versorgen. Du kannst Vertrauen haben – das sind meine Freunde, die mich seit langer Zeit kennen und lieben.«
    »Gern«, sagte Dragon und klopfte dem Hengst auf den Hals. Das Tier folgte den bärtigen, kleinen Männern, die nach Ziegen und ranzigem Fett rochen, vollkommen ruhig.
    Hand in Hand gingen Maratha und er weiter. Xando sprang wedelnd um ihre Füße. Sie kamen zu einem großen Baum, vorbei an einer plätschernden Quelle und an den Fuß einer gewundenen Treppe, die zu einem kleinen Haus mit weißen Wänden führten. Dahinter erkannte Dragon drei kleinere, fremdartige Bäume. Sie standen hinter einer geraden, symmetrisch gemauerten und weißgekalkten Mauer,
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