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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Autoren: Hans Kneifel
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die voll der Hitze des Tages war.
    »Ein ruhiger Platz«, sagte Dragon. »Hier lebst du also, Maratha?«
    Sie lächelte ihn wieder an, als sie ihren Kopf halb drehte. »Es ist der Mittelpunkt der Welt«, bekannte sie leise. Ihre Stimme war nicht weniger aufregend als ihr Körper, als ihre Gesten, dachte Dragon. »Meiner Welt, Dragon!«
    »Wie ist deine Welt?« fragte er.
    Sie stiegen nebeneinander langsam die Treppe hinauf. Xando war verschwunden.
    »Warte und sieh!« sagte Maratha.
    Dragon zählte siebenundsiebzig Stufen. Eine magische Zahl? Sie kamen auf einen kleinen Platz, der im durchbrochenen Muster des Schattens eines Baumes lag. Maratha ging, ohne zu zögern, auf die weißen Felle zu und schlug sie zurück. Sie blieb neben dem Eingang stehen und sagte leise: »Tritt ein, lieber Freund!«
    »Danke«, murmelte er etwas verwirrt. Als er an ihr vorbei, sich bückend, das Haus betrat, streifte ihn ihr Körper. Er hörte ihr schnelles Atmen, und sein Herz tat einen Sprung. Er räusperte sich und sah sich in dem Raum um.
    Ein schmales Bett, ein gemauerter Herd mit viel grauer Asche. Weinkrüge, weiß und schlank. Ein Mantel hing an einem Haken. Und sämtliche ebenen Flächen, die des Tisches ebenso wie der Stühle und der Wandbretter, waren mit einer Kante versehen. Sie verhinderte, daß Gegenstände leicht hinuntergestoßen werden konnten. Die Kante selbst war mit verschiedenen, sich niemals wiederholenden Musterungen in Schnitzarbeit versehen.
    Maratha kam auf ihn zu, lächelte und deutete auf eine Tür. Sie bestand aus weißen Holzrahmen und gelben Fellen, von denen man die Haare abgeschabt hatte. Die Frau stolperte, und Dragon streckte seine Arme aus, um sie zu stützen. Einen langen Augenblick lag ihr Körper an seinem, und er fühlte eine Verzauberung wie damals, als er neben Amee am Wasserfall …
    Nein, sie war anders, fremdartiger. Er fand nicht das rechte Wort dafür, weder in der Alten Sprache noch in der der Urgoriten.
    »Öffne die Tür!« sagte Maratha und neigte ihren Kopf an seine Brust.
    Ohne daß es ihm bewußt war, legte er den Arm um sie. Dann zog er die Tür auf. Dahinter sah er Dinge, die er an dieser Stelle niemals vermutet hatte. Es war die Tür in ein kleines Zauberreich.
    »Geh voraus, Dragon!« flüsterte Amee.
    Amee? Nein, es war Maratha. Verwirrt betrat er den kleinen Garten.
     
    Er hielt unwillkürlich den Atem an.
    Er blieb neben der Tür stehen und lehnte sich an den warmen, dunklen Stein der Wand. Er stand in einem viereckigen Innenhof, in den der Widerschein des rötlichen Abendhimmels fiel. Der Boden war grasbewachsen und duftete nach Blumen. In der Mitte stand ein kniehoher, länglicher Tisch neben einer Liegestatt aus kunstvoll geschnitztem Holz, bedeckt mit Fellen und seidenen Decken und Kissen. Davon abgesehen war der Hof leer.
    Was Dragon im Schritt verhalten ließ, war der Anblick der Wand zu seiner Linken. Der schwarze, glatte Stein war gesprenkelt mit Gold und durchzogen von dünnen goldenen Adern, die im Abendrot atemberaubend leuchteten, so daß der Blick in ihnen versinken wollte.
    »Hier«, flüsterte Maratha, »wird der Blick gefangen und der Geist frei. Es ist mein Garten der Sinne. Hier fallen alle Mauern, und wenn die Nacht kommt, verliert die Welt ihre Kraft. Du wirst sehen, Dragon, mein geliebter Freund, die Schwerelosigkeit in meinen Armen …«
    Er spürte ihre Lippen auf seinen und erwachte aus einer seltsamen, lockenden Entrücktheit.
    Sie lächelte über seine Wortlosigkeit und sagte: »Wir sind an einer Quelle vorbeigekommen. Dort wirst du einen steinernen Trog finden, in dem sich warmes, nach Kräutern duftendes Wasser befindet. Dort leg deine Rüstung ab und erfrische dich. Du findest dort neue Kleider, weich und bequem. Ich erwarte dich. Wir werden zusammen essen und beraten, wie wir deiner Liebsten helfen können. Aber – ich muß dich warnen, mein geliebter Freund, es hat seinen Preis!«
    Er erschrak ein wenig über den Ernst in ihrer Stimme. »Wirst du tun, was ich fordern muß, um euch in dieser Welt schützen zu können?«
    »Ich werde es tun!« sagte er. »Wenn es in meinen Kräften steht.«
    »Oh, ich bin sicher«, sagte sie lächelnd, »daß es das tut.«
     
    Als er zurückkam, erfrischt vom Bad und den wohlduftenden Kräutern, die seine Haut zum Prickeln brachten, und gekleidet in weite, leichte Beinkleider, ein langärmeliges, offenes Hemd und Sandalen, sah er, daß Maratha sich erneut verwandelt hatte.
    Sie lag hingestreckt auf den seidenen
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