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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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dem Ursprung all dieser Freundlichkeiten, ein dankbares Lächeln zu schenken.
    Ihr Geist dümpelte dicht unter der Oberfläche des Schlafes, jederzeit bereit aufzuwachen. Der ausgestandene Schreck, die Sorge um Damian, die Trauer über Sams Tod waren wie dunkle, große Fische, die unter ihr ihre Kreise zogen, bereit, sie jeden Moment zu verschlucken oder in die Tiefe zu ziehen. Im Hintergrund ihres schlafenden Geistes summten die Dracyrgedanken, verwoben sich zu einem Teppich aus dunklen, traurigen Stimmen.
    Sie erwachte und lag in der tiefen Schwärze der Nacht. Die Lampen waren gelöscht worden, nur ein matter Schein irgendwo im Gang ließ die Türöffnung ein wenig heller erscheinen als die tintenschwarze Finsternis des Nestes. Sie hörte das leise Rascheln, wenn Noctyria sich regte, sonst war es still. Zu still. Der Schreck kroch wie eine kalte, schuppige Schlange an ihr empor, ringelte sich um ihre Brust und schnürte ihr die Kehle zu. Sie hörte Damians Atem nicht.
    Kay stand auf, schwankend vor Erschöpfung, in ihre Decke gehüllt, und tastete sich zu Noctyria hin. Ihre Fingerspitzen berührten weiches Leder, hornige Haut. Sie fühlte über die Stelle, wo sie Damian vermutete, fuhr mit der Hand durch die Luft, über den Boden, und ertastete schließlich einen Flügel, der sich wie ein schützendes Dach über einen reglos liegenden Körper breitete. Mit einem Seufzer, der wie ein Schluchzen klang, spürte Kay die schwache Bewegung des Atems. Sie spürte menschliches Fleisch, das ihr kalt und glühend zugleich erschien.
    Kay legte sich dicht an seine Seite, wobei sie sich alle Mühe gab, ihn nicht zu berühren, aus Angst, an eine seiner Verletzungen zu stoßen. Sie breitete die Decke über ihn und sich und bettete den Kopf an seiner Schulter. Sein Atem ging flach und mühsam, aber er atmete. Alles andere würde sich finden.

    Licht schimmerte durch die dünne Flügelhaut, die über sie gebreitet war. Kay blinzelte, einen Augenblick lang ohne Orientierung, warum sie hier im Nest lag, noch dazu bei Noctyria und nicht bei Gormydas. Dann wandte sie den Kopf und sah in Damians blasses, eingefallenes Gesicht. Er atmete leise und leicht, die dunklen Schatten, die wie Todesmale unter seiner Haut geschimmert hatten, waren verblasst, seine Lippen waren leicht geöffnet. Kay berührte sacht seine Stirn, seine Wangen, aber er hatte kein Fieber, seine Körpertemperatur erschien ihr normal.
    Während ihre Hand auf seiner Wange ruhte, schlug er die Augen auf. Sein Blick war verschattet, und sie konnte die Schmerzen darin lesen, aber als Damian sie anblickte, begann er zu lächeln. » Kay, meine Liebste « , sagte er.
    Kay beugte sich tiefer und berührte seinen Mund mit ihren Lippen. Ein federleichter Kuss, den er ebenso zart erwiderte.
    Â» Hast du Schmerzen? « , fragte sie.
    Er runzelte die Stirn, als müsste er darüber nachdenken. Dann nickte er und schloss die Augen, sank wieder in Schlummer.
    Kay stand auf und legte ihre Hand auf Noctyrias Hals. Pass auf ihn auf, bat sie.
    Die Wyvern ließ ein unmutiges leises Grollen hören und Kay lächelte. Natürlich war ihre Bitte in höchstem Maße überflüssig.
    Im Pferch herrschte Geschäftigkeit, aber es fehlte der normalerweise über allem liegende Klang von Stimmen und Gelächter, alles ging in trübsinnigem Schweigen vor sich. Kay zögerte, bevor sie die Kammer betrat, die sie immer als » Sams Wachstube « bezeichnet hatte. Der Anblick des Tisches voller Dienstpläne, Materiallisten und Rechnungen trieb ihr das Wasser in die Augen. Sie blieb davor stehen, stemmte die Hände in die Seiten und sah sich um. Jemand musste Sams Platz einnehmen, und zwar besser heute als morgen. Die Dracyr mussten versorgt werden, jemand musste die Pläne erstellen, nach denen das unterbesetzte Pferchpersonal seinen Dienst verrichtete, die Materialausgabe musste funktionieren, die Wartung des Geräts musste vorgenommen werden… es war so viel, worum Sam sich gekümmert hatte. Kay hatte ihm in den letzten Tagen dabei geholfen, aber sie konnte das alles nicht alleine bewerkstelligen. Und nun war Damian schwer verletzt, sie wollte ihn pflegen, aber das konnte sie nicht, wenn sie hier unten eingesperrt war. Dazu die Frage, wer sich um die Rebellen kümmerte. Bradan hatte einen Mordanschlag auf Damian geplant und ausgeführt– was sollte nun geschehen?
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