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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung
Autoren: Falko Löffler
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Seld konnte nur aufgrund der Richtung des Kopfes vermuten, wohin ein Drache blickte.
    Schritt für Schritt kamen die Drachen näher. Die Bilder aus dem Traum der vergangenen Nacht standen wieder vor Selds Augen, und das Gefühl, von Drachen umzingelt worden zu sein, lähmte jeden Muskel.
    Unter sich fühlte Seld das sachte Beben des Bodens, und er vernahm das Knirschen der Bretter. Wenn auch die Drachen offenbar dem Dorf keinen Schaden zufügen wollten, so konnten dennoch einige Häuser allein durch die Erschütterung in sich zusammenbrechen ... und Menschen unter sich begraben.
    Nun hatten die ersten Drachen den Marktplatz erreicht. Einige von ihnen verharrten, senkten ihre Köpfe zu den umgestürzten Wagen, den verstreuten Knollen und Kleidungsstücken. Seld erwartete, dass sie mit ihren gewaltigen Mäulern die Nahrungsmittel aufnehmen würden, doch kein Drache tat dergleichen. Auch am frischen Wasser des Brunnens gingen sie achtlos vorüber.
    Die Drachen schoben sich weiter durch die Gassen von Hequis. Ein verbrannter, rußiger Geruch wehte zu Seld herüber. Angeführt wurden die Drachen, die sich durch Hequis hindurch Seld und Ark näherten, von einem besonders großen Drachen. Mit seinen riesigen Pranken schob er sich durch Hequis, und in seinen Augenhöhlen schien Feuer zu lodern.
    Sah dieser Drache die beiden Menschen auf dem Dach vor sich? Sein Kopf fegte beim Gehen durch die Luft, und Seld hatte kurz den Eindruck, dass der Drache genau zu ihm blickte.
    Der Drache kam näher, und direkt vor Seld blieb er stehen.
    Da standen alle Drachen still.
    Seld hielt die Luft an, und sein Blick fuhr den Hals des Drachen hoch, der direkt vor ihm stand. Nun senkte der Drache seinen Kopf herab. Ark entfuhr ein Krächzen, und er machte einige gefährliche, taumelnde Schritte zurück auf dem Dach.
    Da bog sich der Hals des Drachen schnell wie ein Blitz, und der Kopf des Drachen schwebte vor Seld, die lodernden Augen auf Seld gerichtet. Heiße Luft drang aus den Nüstern und strich über Seld. Das riesige Maul öffnete sich, und Seld blickte auf unzählige Zähne und in die Abgründe eines Rachens, in dem ein Mensch verschwinden könnte. Mit einem Krachen schlugen die Zähne aufeinander, und der Drache besah Seld noch einen Augenblick, dann fuhr sein Kopf wieder in die Höhe.
    Der Drache setzte sich wieder in Bewegung, und mit jedem Schritt erbebte das Haus unter Seld. Und im gleichen Augenblick bewegten sich wieder alle Drachen.
    Der mit leuchtend hellen Schuppen bedeckte Drachenleib nahm Selds gesamtes Gesichtsfeld ein. Vor ihm waren nur noch die halb durchsichtigen Schwingen und viereckige Schuppen, von denen jede so groß wie seine Hand war, und ein stechender Geruch wehte in seine Nase, der ihn an uraltes Pergament erinnerte.
    Als würden seine Muskeln nicht von ihm selbst kontrolliert, machte Seld plötzlich einen Schritt zum Rand des Daches, streckte die Hand aus, und seine Fingerkuppen glitten über die goldenen Schuppen des Drachen.
    Selds Kopf wurde von Schwindelgefühl geflutet. Er ging in die Knie, stützte sich mit den Handflächen auf das Dach und schloss die Augen.
    Sofort war Ark an seiner Seite, der am ganzen Körper zitterte. »Was ist mit dir?«, fragte er. »Eine Geistesreise?«
    »Nein«, brachte Seld hervor. Er atmete tief und langsam, bis sich seine Sinne aufklarten. »Ich bin bei mir. Es war nur ... ich habe noch nie einen Drachen berührt.«
    Nach einem Augenblick stand er auf, und sein Blick glitt über das Dorf. Alle Drachen waren inzwischen an Hequis vorbei- oder hindurchgelaufen, und nicht ein Haus schien beschädigt worden zu sein. Jenseits des Dorfes waren die Drachen wieder zu der Masse verschmolzen, als die sie auf dem Hügel erschienen waren, und nun bewältigten sie den flachen Anstieg hinter Hequis, von dem gewaltigen Drachen mit den feurigen Augen angeführt.
    Seld und Ark stiegen die Leiter hinab. Während sie zum Marktplatz zurückgingen, waren sie in Gedanken versunken. Seld fragte sich, ob es noch Drachen gab, die auf den Bergen geblieben waren oder ob alle ihre Heimstatt verlassen hatten. Wohin waren sie unterwegs? Und warum flogen sie nicht?
    Als Seld und Ark den Marktplatz erreichten, öffneten sich die Türen einiger Häuser, und die Hequiser, die im Dorf geblieben waren, traten wieder heraus, blinzelten ins Tageslicht, als erblickten sie es zum ersten Mal in ihrem Leben.
    Dann, nachdem auch der letzte Drache aus der Sichtweite von Hequis verschwunden war, kehrten die Geflohenen in
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