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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung
Autoren: Falko Löffler
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töten.«
    »Du glaubst, das waren Worte der Drachen?«
    Seld legte die Hände auf die Schultern seines Freundes und zog ihn zu sich heran, dass beide Augenpaare nur eine Handbreit voneinander entfernt waren. »Wir sind nicht in Gefahr!«, sagte er.
    Inzwischen waren schon die meisten Hequiser und Händler aus dem Dorf geflohen, aber einige standen wie erstarrt noch auf dem Marktplatz, blickten ratlos und weinend den nahenden Drachen entgegen. Seld eilte zum Brunnen, stieg auf dessen Steine und rief so laut er konnte: »Hört mich an!«
    Die Blicke der Hequiser pendelten zwischen ihm und den Drachen.
    »Wir sind nicht in Gefahr«, rief Seld. »Die Drachen werden uns nichts antun. Aber wir dürfen ihnen nicht im Weg sein. Geht in eure Häuser – schnell!«
    Die Hequiser zögerten nur kurz, dann eilten sie zu ihren Hütten und schlossen die Türen hinter sich. Daraufhin war der Platz leer bis auf die beiden Männer. Seld sprang von dem Brunnen herunter und trat zu Ark. »Das gilt auch für dich. Geh in dein Haus und warte, bis die Drachen das Dorf durchquert haben.«
    »Ich weiß nicht, wo Erima und Hem sind«, sagte Ark.
    »Sie haben sicher mit den anderen das Dorf verlassen. Schnell – die Drachen sind nahe herangekommen.«
    »Geh mit in mein Haus, es ist näher.«
    »Nein. Ich werde auf mein Haus steigen und die Drachen beobachten.«
    »Dann werde ich bei dir bleiben!«
    Selds Blick wanderte zu den Drachen. Die ersten von ihnen waren schon an der Ortsgrenze von Hequis angekommen. »Nun gut. Wir müssen uns beeilen.«
    Der Marktplatz war von zerbrochenen Waren, umgekippten Wagen, zerrissenen Ständen und aufgewühlter Erde übersät. Selbst im Wasser des Brunnens schwammen einige Knollen und Kleidungsstücke.
    Seld rannte zu seinem Haus, und Ark folgte ihm. Seine Lif – wo waren sie? Hinter dem Haus grasten sie nicht mehr, sie mussten voller Angst davongerannt sein. Doch aus dem Stall vernahm Seld ein gedämpftes Blöken der beiden. Seld verschloss die Stalltür, dann stellte er eine Leiter auf. Sprosse um Sprosse stieg er hoch, bis er auf dem Dach ankam, dann reichte er Ark die Hand und half ihm hoch. Oben tasteten sich beide gebückt über die glatten Holzbalken zur Kante des Daches und richteten sich vorsichtig auf.
    Es war, als blicke man auf ein aufgewühltes goldenes Meer.
    Hunderte Hälse und Köpfe ragten daraus hervor; gelegentlich wurde eine Feuerfontäne in die Luft gestoßen, die sich in einer rußigen Wolke auflöste, oder ein tiefes Grollen drang aus den Drachenleibern. Einige glänzten golden im Sonnenlicht, als wären ihre Schuppen poliert, bei anderen waren die Schuppen von einer matten, fast bronzenen Farbe. Sie bewegten sich behäbig, aber unaufhaltsam. Jeder einzelne Schritt schien sie viel Kraft zu kosten, und ihre Pranken sanken in den harten Boden ein. Beim Gehen schwankten die Drachen sachte von einer Seite zur anderen, und diese Bewegungen glichen sie mit einem Schwingen ihres Schwanzes aus.
    Seld konnte erkennen, dass die ersten Drachen schon zwischen den Häusern von Hequis liefen. Sie hatten ihre ledernen Schwingen an den Seiten angelegt, bedeckten damit ihre Flanken und schienen sich vorsichtig nach vorne zu tasten – es wirkte, als achteten sie darauf, keines der Häuser zu berühren.
    Der größte Teil der Drachen machte einen Bogen um Hequis, so dass nur fünfzig oder sechzig von ihnen sich ihren Weg durch das Dorf bahnten. Sie überragten die Gebäude um das Doppelte, und mit einem einzigen Schlag ihres Schwanzes könnten sie ein Haus zum Einsturz bringen. Insgesamt mussten es mehrere hundert Drachen sein, die hier vorbeizogen. Seld hatte nicht gewusst, wie vielfältig die Drachen waren – einige waren klein und gedrungen, andere waren schlank und liefen geradezu anmutig; mancher Drache bewegte sich leichtfüßig, als wolle er jeden Moment in die Lüfte aufsteigen, wieder andere stampften schwerfällig über den Boden.
    Die Köpfe der Drachen glitten durch die Luft, wendeten sich hierhin und dorthin, hoch nach oben und bis hinunter auf den Boden. Das vielstimmige Grollen, das aus ihren Mäulern drang, wurde lauter, und gelegentlich züngelten kleine Flammen aus den Nüstern. Von ihren Schädeln stand eine Vielzahl kantiger Schuppen ab, und zwei von ihnen stachen heraus, da sie sich an den Seiten der Köpfe befanden und wie Hörner wirkten.
    Die goldenen Augen lagen tief in den lang gezogenen Schädeln. Sie zeigten einen gleichförmigen Schimmer, keine Pupille befand sich darin.
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