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1774 - Ranjas Rudel

1774 - Ranjas Rudel

Titel: 1774 - Ranjas Rudel
Autoren: Jason Dark
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Toby Bell saß auf einer Bank. Er fiel kaum auf. Neben ihm war ein alter Fahrplan zu sehen. Vergilbt klebte er hinter einer Glasscheibe.
    Toby Bell gähnte und streckte seine Beine aus. Er bewegte seinen Kopf, schaute mal nach rechts, dann wieder nach links und sah die Zugänge zu den Treppenschächten. Sie wirkten wie die Eingänge in gefährliche Höhlen.
    Obwohl sich kein weiterer Mensch auf dem alten Bahnhof aufhielt, war es nicht still. Irgendein Geräusch war immer zu hören. Mal ein Knarren, wenn der Wind irgendeinen losen Gegenstand bewegt hatte, oder auch ein Rascheln, wenn Papier in Bewegung geriet und über den Bahnsteig geschleudert wurde.
    Der einsame Mann fühlte sich unwohl. Er war nicht eben begeistert, mit dem Zug fahren zu müssen. Er hätte auch in den Süden fliegen können, aber dagegen stand seine tiefe Flugangst, die er einfach nicht überwinden konnte. Deshalb hatte er sich für den Zug entschieden, der später nur in den größeren Städten halten würde. Dazu gehörten Dundee oder Edinburgh.
    Toby fragte sich, warum er sich so unwohl fühlte. Er konnte es nicht konkret benennen, es musste an der gesamten Atmosphäre liegen. Die war einfach nichts für ihn. Okay, es gab Menschen, die sie vielleicht als romantisch bezeichnet hätten, doch zu den Romantikern gehörte er nicht. Für ihn war die Umgebung nicht eben menschenfreundlich.
    Bell griff in die rechte Seitentasche seiner Lederjacke und holte eine Schachtel Zigaretten hervor. Einen Glimmstängel zu rauchen würde ihm jetzt gut tun. Er war kein starker Raucher. Auf drei bis fünf Zigaretten kam er am Tag. Er hielt die Flamme eines Sturmfeuerzeugs gegen das Ende und saugte wenig später den Rauch ein, den er durch die Nase wieder ausströmen ließ.
    Seine Stimmung hellte sich ein wenig auf. Der Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er nicht mehr lange warten musste, um in den Zug steigen zu können. Wenn er pünktlich war, dann konnte er noch knapp fünf Minuten auf der Bank sitzen bleiben.
    Noch mal streckte er die Beine aus und versuchte sich zu entspannen. Dabei schaute er zum Himmel, der immer mehr eingraute und der so etwas wie ein Vorbote der Dämmerung war. Hier oben wurde es sowieso früher dunkel als weiter im Süden.
    Dann hörte er das Rumoren. Bell zuckte leicht zusammen. Es hatte sich angehört, als wäre ein Gewitter im Anmarsch. Er schaute nach links, weil das Geräusch von dort gekommen war, und er sah den mächtigen Koloss, der auf den Bahnhof zufuhr. Ein Signal hatte eine grüne Farbe bekommen, damit der Zug den Bahnhof passieren konnte.
    Es war ein Güterzug. Toby Bell spürte den plötzlichen Windstoß, der auch ihn erwischte und an ihm zerrte, als wollte er ihn von der Bank reißen.
    Der Zug verursachte einen Höllenlärm. Man konnte den Eindruck bekommen, als finge der gesamte Bahnhof an zu zittern, und Bell hatte das Gefühl, als würde der Krach niemals aufhören.
    Er irrte sich.
    Der Spuk war schnell vorbei. Toby atmete auf und schleuderte die Kippe zu Boden, die er mit dem Absatz austrat.
    Der Lärm verklang in der Ferne. Allmählich senkte sich wieder die Stille über den Bahnhof, was Toby Bell besser gefiel und er tief durchatmete.
    Dieser Zug war vorbei. Der nächste würde hier anhalten, dann konnte er den Bahnhof endlich verlassen. Es war eine blöde Idee gewesen, hier auf den Zug zu warten. Er hätte auch in Aberdeen einsteigen können.
    Er schaute auf das Gepäckstück neben sich. Es war ein mittelgroßer Trolley, der für ihn ausreichend war. Zu lange wollte er nicht wegbleiben. Es ging darum, einen neuen Job zu finden, und er hatte ein Angebot aus London bekommen. Dort brauchte man für ein Spielcasino einen Croupier. Angeblich würde er den Job auf einem Kreuzfahrtschiff antreten können, was gar nicht mal schlecht war.
    Und wieder war es still geworden.
    Diesmal hielt die Stille nicht sehr lange an. Sekunden später wurde sie von einem Geräusch unterbrochen. Es stammte nicht von einem einfahrenden Zug, sondern war ein Laut, dessen Ursache Toby schwerlich nachvollziehen konnte.
    Ein lang gezogenes Heulen erreichte seine Ohren. Toby Bell zuckte zusammen, bevor er erstarrte. Etwas rann kalt seinen Rücken hinab und er hatte das Gefühl, dass sich sein Körper leicht zusammenzog.
    Es war schlimm für ihn. Dieses Heulen zerrte an seinen Nerven. Er dachte an einen Hund, aber irgendwie konnte er sich mit dem Gedanken nicht anfreunden.
    Es erklang erneut auf, als es fast abgeklungen war. Wieder rann ein Schauer
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