Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachensturm

Titel: Drachensturm
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
Fremde zur Seite. Seine Waffe fetzte ein Stück aus ihrer weißen Rüstung heraus. Sie schlug zu, ungenau, aber der Kuka Machu duckte sich nicht rechtzeitig und wurde vom Knauf des Stabes am Kopf gestreift. Er taumelte einen Schritt zurück, hob sein Schwert und sprang wieder auf seine Gegnerin los. Der Schlag war wild und ungenau. Die Fremde wich im letzten Augenblick aus, und er wurde vom Schwung seines Angriffs nach vorn gerissen. Fast rannte er sie über den Haufen. Sie taumelte zurück, holte aus und rammte dem Angreifer die blitzende Klinge ihres weißen Stabes mit voller Wucht in den Leib. Er taumelte zurück, schnappte nach Luft – und lachte. Kemaq starrte ungläubig hinüber. Der Kuka Machu trug keine Rüstung, aber die Klinge, die ihn hätte durchbohren müssen, war zerbrochen. Ihre Spitze lag auf dem Boden.
    Mit aller Kraft hatte Mila dem Alchemisten ihren Stab in den Leib gerammt, sie hatte gespürt, dass etwas zerbrach, und hatte gehofft, es möge eine Rippe sein: Er hätte blutend zu ihren Füßen liegen müssen, aber nein, er lachte! Wie war das möglich? Sie zog sich zurück, um Zeit zu gewinnen, dann begriff sie: Drachenblut! Die Legende war also wahr.
    Sie biss die Zähne zusammen und wartete auf seinen nächsten Angriff. Sie konnte ihn nicht sehen, und sie konnte ihn nicht hören. Nur seine Ausdünstung von Schwefel verriet ihn, wenn er näher kam, und sie spürte den Luftzug, wenn er zu seinen wilden Angriffen ansetzte. Sie hatte bislang immer gerade noch ausweichen können, doch wie sollte sie ihn besiegen, wenn er unverwundbar war? Sie war es nicht, und die geschundenen Rippen schmerzten und behinderten sie bei jedem Schlag und jeder Verteidigung.
    Sie ahnte den nächsten Angriff und wich aus. Etwas fetzte wieder Stoff aus ihrem Waffenrock. Erneut griff er an. Sie sprang zurück und verpasste ihm einen Schlag mit dem Stab. Er war alles andere als ein guter Fechter, aber er war unverwundbar und sie nicht, und irgendwann würde sie müde werden, und irgendwann würde sie seinen Angriff nicht rechtzeitig vorausahnen, und irgendwann wären die Spanier hier, und spätestens dann würde ihr alle Fechtkunst nichts mehr nützen. Ein Luftzug warnte sie vor einem neuen Angriff, dem sie wieder im letzten Augenblick auswich. Ihr Stab schnellte vor und traf ihn erneut, und doch wusste sie, dass es vergeblich war. Es gab nur eine, eine winzige Chance. Sie bezweifelte, dass sie sie nutzen konnte, aber sie musste es versuchen.
    Kemaq sah zu, wie die beiden miteinander kämpften. Die Fremde war blind, aber irgendwie schien sie dennoch immer im letzten Augenblick zu ahnen, wo ihr Feind war. Sie schlug nach ihm, aber auch wenn sie ihn traf, schien sie ihn nicht verwunden zu können. Kemaq verstand es nicht, aber er verstand, dass er etwas tun musste. Sie litt Schmerzen, das konnte er sehen, und irgendwann würde das Schwert sie doch treffen. Kemaqs Miene verfinsterte sich. Der Kuka Machu hatte seinen Bruder Jatunaq geholt, und alle hatten gesagt, dass die Männer, die er geholt hatte, dem Tode geweiht waren. Das Messer lag auf dem Tisch, es war ein Opfermesser, eine heilige Klinge, Tamachoc geweiht. Wenn eine Waffe diesen Mann töten konnte, dann diese. Tamachoc verlangt Blut, dann soll er es auch bekommen, dachte er grimmig.
    Kemaq schlich zum steinernen Tisch. Aber jetzt änderte die Fremde ihre Kampfweise. Sie griff an, mit wilden, schnellen Hieben, und sie trieb den Kuka Machu durch die Felsenkammer, auf den Wasserfall zu – und damit auch auf ihn. Mit zitternden Händen legte Kemaq den Stein auf den Altar und griff nach dem Messer. Die Klinge war aus geschliffenem, schwarz glänzendem Stein. Plötzlich überfielen ihn Zweifel, ob die heilige Waffe wirklich mehr vermochte als die Zauberwaffen der Fremden. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Kemaq griff an. Der Feind sah ihn im letzten Augenblick und sprang zur Seite, und das war ein Unglück, denn der Angriff der Fremden ging ins Leere, und die Wucht ihres Schlages riss sie nach vorn. Sie stieß gegen den Tisch, stolperte, wischte den Regenstein von der steinernen Tischfläche, der Stab verklemmte sich am Sockel des Altars, wurde ihr aus den Händen gerissen, und sie stürzte mit einem Schrei zu Boden. Der Regenstein fiel mit ihr, und Kemaq sah mit Schrecken, dass sich der Stoff öffnete und der rötlich schimmernde Stein kaum geschützt über den Boden rollte.
    Mila versuchte, den Stab festzuhalten, aber sie verlor ihn. Sie stürzte, und irgendetwas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher