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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat
Autoren: Licia Troisi
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irgendwie, auf den Elefantenrücken zu steigen, nur hatte sie nicht darauf gesessen, sondern quer darüber gelegen und mit den Beinen gestrampelt.
    Marcus und Orsola waren ein wenig wie ein Liebespärchen, jedenfalls verstanden sie sich prächtig, und Sofia hätte schwören können, dass sie sich hin und wieder sogar schmachtende Blicke zuwarfen.
    »Marcus liebt seine Orsola mehr als jeden Menschen«, hatte Lidja ihr erklärt.
    Und er bestätigte es: »Warum auch nicht? Tiere verraten einen nicht. Sie sind treuherzig wie kleine Kinder und verletzen niemanden aus reiner Boshaftigkeit. Deshalb sind sie mir lieber als die Menschen.«
    Dann gab es die Zwillinge Ettore und Mario. Sie waren Akrobaten und Jongleure. Jedes Mal, wenn sie ihre Nummer mit den brennenden Kegeln vorführten, wurde es Sofia ganz anders. Denn die Flammen umzüngelten ihre Körper, kamen ihnen so nahe, dass der kleinste Fehler gereicht hätte, und sie hätten Feuer gefangen. Doch ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten war grenzenlos, und sie erlaubten sich tatsächlich nicht den geringsten Schnitzer.
    Auch Minimo gehörte zur Truppe. Wie er richtig hieß, wusste niemand, aber er war der Zwerg, der durch das Programm führte. Und dann waren da noch Becca, die Kunstreiterin, die mit ihrer jungen Stute Dana eine unzertrennliche Einheit bildete, die Clowns Carlo und Martina, und natürlich Sara, die mal als lebende Kanonenkugel, mal als Frau mit Vollbart auftrat. Es war eine eigene Welt, fremd, wunderlich und voller guter Laune.
    Doch nicht an diesem Morgen. Oder genauer, nicht für Sofia. Denn gleich würden sich alle damit überschlagen, sie an den gestrigen Abend zu erinnern, und genau das wollte Sofia vermeiden.
    »Na, was sagst du zu der Vorstellung gestern?«, fragte Martina sie tatsächlich.
    Sofia zuckte mit den Achseln und wäre am liebsten mit dem Gesicht ganz tief in die Milchtasse vor ihr eingetaucht, während sich der süße Halva -Geschmack in ihrem Mund ausbreitete. Keine Antwort.
    »Komm schon, das war doch fantastisch. Jedenfalls habe ich die Leute selten so laut lachen hören«, unterbrach Carlo irgendwann Sofias langes Schweigen. Alle anderen nickten.
    »Ach, lasst sie doch«, winkte Lidja ab. »Die ist so blöd, dass sie noch nicht einmal bemerkt hat, wie toll ihr Auftritt war.«
    »Für mich ist das kein toller Auftritt, wenn man sich vor allen Leuten lächerlich macht …«, antwortete Sofia endlich, wobei sie fest die Milchtasse umklammerte.
    »Aber genau das machen Martina und Carlo jeden Abend.«
    Eisiges Schweigen breitete sich am Tisch aus.
    Verlegen druckste Sofia herum. »So … so hab ich das nicht gemeint«, stammelte sie dann, wobei sie Martina einen verzweifelten Blick zuwarf.
    »Wie hast du es denn gemeint? Gib’s doch zu. Es gefällt dir nicht, was wir im Zirkus machen. Aber das ist unser Leben, und dieses Leben passt dir nicht«, fuhr Lidja sie an.
    »Jetzt hört auf, ihr beiden, das ist doch kein Grund zu streiten«, versuchte Martina, dazwischenzugehen.
    »Du verdrehst aber auch alles«, wehrte sich Sofia.
    »Vielleicht sollten wir einfach noch ein bisschen proben?« , schlug Carlo lächelnd vor, und fing sich damit einen bösen Blick von Martina ein.
    »Nein!« Sofia platzte endgültig der Kragen. Sie sprang auf. »Ich will nicht proben! Und ich probe nie mehr. Ich kann das nicht, ich habe kein Talent dazu, und es macht mir auch keinen Spaß. Wann versteht ihr das endlich mal? Ich bin sowieso schon ungeschickt, und in dieser Aufmachung ist es ganz schlimm. Das ist nicht lustig. Die Leute lachen mich nur aus. Sonst nichts.«
    Dann rannte sie davon, lief zum Wohnwagen, griff sich dort ihren Mantel und verließ das Zirkusgelände. Sie wollte nur noch allein sein, mit sich und ihren Gedanken.

    Immer weiter lief sie in Richtung Stadtzentrum. Es lag ein gutes Stück entfernt, doch die kühle Luft und das Gehen halfen ihr, langsam wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Und während sie so marschierte, verrauchte nach und nach auch ihr Zorn.
    Mit offenen Augen streifte sie durch die Stadt. Sie mochte diese Häuser, weil sie etwas Geheimnisvolles hatten, das sich nicht auf den ersten Blick erschloss. Denn, wenn man es am wenigsten erwartete, tauchte plötzlich irgendwo zwischen den Ziegelsteinmauern oder Betonwänden ein römisches Kapitell auf, die Kante eines Grabsteins, ein Relief. Das war ihr sehr schnell aufgefallen, und zunächst hatte sie die Vorstellung fast empört, dass hier die Überreste vergangener,
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