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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat
Autoren: Licia Troisi
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er davon, und sein Lindwurmschwarm tat es ihm nach. Auch Eltanin mit seinen Mitstreitern folgte ihm. Dabei war er immer noch benommen, weil er nicht fassen konnte, dass das Unmögliche tatsächlich geschehen war. Der Weltenbaum starb. Er warf einen letzten Blick zur Erde hinunter, zu der Stelle, wo der Weltenbaum langsam verblutete, immer mehr Blätter abfielen, seine Rinde vertrocknete und aufriss. Von seinen Früchten war schon nichts mehr zu erkennen. Aber sie, sie erblickte er. Umgeben von einigen Wächtern kniete sie im Gras, das vom Lebenssaft des Weltenbaums getränkt war, und rang verzweifelt die Hände.
    Sie schien seinen Blick zu spüren, denn sie wandte den Kopf und schaute zu ihm auf. Weder Hass noch Tadel nahm Eltanin in ihrem Blick wahr. Nur Trauer – sowie eine flehentliche Bitte. Und plötzlich erkannte er, was er getan hatte, sah die Abgründe, in die er gestürzt war, die Gräuel, an denen er teilgenommen hatte, den Wahnsinn, den Macht- und Blutrausch, von dem er sich in den zurückliegenden Monaten hatte beherrschen lassen. Doch mehr noch als all dies erschütterte ihn der Gedanke, den er in ihrem Blick las: ›Doch alles, was du getan hast, kann dir verziehen werden. Denn du warst und bist einer von uns. ‹
    Eltanin musste die Augen schließen und all seine Kräfte aufbringen, um dem brennenden Verlangen zu widerstehen, einfach umzukehren und alles ungeschehen zu machen, was er getan hatte. Doch das ging nicht. Er hatte eine Wahl getroffen, von der es kein Zurück mehr gab, und der sterbende Baum dort unten in dem Tempelbezirk führte ihm das nur allzu deutlich vor Augen. So wandte er sich ab und folgte seinen neuen Gefährten. Eine Rückkehr war ausgeschlossen.

1
Ein Leben als Clown
    Auf den Rängen drängten sich die Menschen. In dem großen blau-gelb gestreiften Zirkuszelt waren die Bänke bis zum letzten Platz besetzt, vor allem von Familien und unzähligen Kindern, die in Butter geröstetes Popcorn und Zuckerwatte aßen. Der süßliche Geruch breitete sich in der gesamten Manege aus. Durch einen Spalt im Vorhang betrachtete Sofia das vergnügte Publikum. Ihr Gesicht fühlte sich wie eingefroren an wegen der weißen Schminke, die Martina in einer dicken Schicht so hemmungslos aufgetragen hatte, dass Sofia sich kaum wiedererkannte. Sie war richtig erschrocken, als sie sich im Spiegel gesehen hatte. Außerdem war ihr die eigene Miene todtraurig vorgekommen, trotz des mit Lippenstift aufgemalten breiten Lächelns.
    Sie zog sich mit beiden Händen die Hose hoch. Die war grellblau, viel zu weit, was durch den Plastikreif noch betont wurde, der sie um die Taille herum aufspannte, und wurde von rotweißen Hosenträgern gehalten. Die Schuhe waren ebenfalls mindestens zwei Nummern breiter als ihre eigenen und vor allem endlos lang. Bei jedem Schritt stolperte das Mädchen. »Muss das wirklich sein?«, fragte es in einem letzten Anflug von Widerstand.
    »Ja«, antwortete Martina trocken.
    Da spürte Sofia, wie jemand von hinten eine Hand auf ihre Schulter legte.
    »Na, bist du so weit?«
    Es war Lidja. Wunderschön sah sie in ihrem Kostüm aus, einem Body aus violettem Samt mit einem Röckchen aus hauchdünnem Chiffon darüber. Sie hatte eben ihre akrobatische Nummer mit den Tüchern gezeigt und war, wie immer, hinreißend gewesen. Das Publikum hatte sich vor Begeisterung die Hände wund geklatscht.
    »Nein«, murrte Sofia, »kein bisschen.«
    Lidjas Miene wurde ernst. »Jetzt stell dich doch nicht so an … Was ist denn schon dabei? Du trittst auf, bringst ihnen die Torten und verschwindest wieder. Das war’s. Kurz und schmerzlos.«
    »Wieso schmerzlos? Wenn ich dabei bin, passiert immer irgendwas.«
    Die Freundin knuffte sie. »Hör schon auf. Gib dir einen Ruck und tu es einfach. Du kannst das! Und zwar sehr gut.«
    Rauschender Beifall brandete auf, und Sofia schaute wieder in die Manege, wo Minimo, der kleinwüchsige Ansager, sich nun ans Publikum wandte. Gleich war sie dran.
    »Worauf hab ich mich da bloß eingelassen?«, stöhnte sie, und es war bestimmt das hundertste Mal, seit sie beim Zirkus war, dass sie sich diese Frage stellte.
    »Und begrüßen Sie mit mir das Duo Cico-Byo!«, rief Minimo in die Menge.
    Carlo und Martina, mit Künstlernamen Cico und Byo, liefen an ihr vorüber. Martina zwinkerte ihr zu.
    »Du schaffst das!«, flüsterte sie ihr aufmunternd zu.
    Damit begann die Nummer, und Sofia spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg, so aufgeregt war sie. Mit pochendem Herzen
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