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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Autoren: Licia Troisi
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schwangen auf und ab und unter ihr breitete sich das Labyrinth der Ruinen aus. Es war nicht zu fassen. Sie schwebte mindestens drei Meter über der Erde und spürte weder Angst noch Schwindel oder Übelkeit.
    Sie wandte den Kopf und betrachtete ihre Flügel. Wie die eigenen Arme und Beine fühlten sie sich an, und sie spürte, wie die Luft über die Membranen glitt, die sich zwischen knöchernen Streben spannten, und sich mal in die eine, mal in die andere Richtung wölbten. Nein, die Flügel waren keine Einbildung, sie waren echt. Und riesengroß. Thubans Flügel waren es. Die Flügel, mit denen sie nachts im Traum so häufig geflogen war. Sie waren sogar noch größer und prächtiger als die von Lidja. Einen Moment lang ließ sie sich hinreißen von ihrer Schönheit und genoss tief in ihrem Innern das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Es kam nur darauf an, an sich selbst zu glauben. Dann war alles möglich.
    Während sie noch diesen Gedanken nachhing, stieß Lidja wieder zu. Sie traf ihren Arm, und Sofia schrie auf, rührte sich aber noch nicht, sondern schlug die Hände vors Gesicht und wartete.
    Lass dich nicht ablenken. Wir müssen kämpfen, vergiss das nicht!
    Sie nickte, schnellte dann herum und stellte sich entschlossen dem Feind. Aus feuerroten Augen starrte Lidja sie an, doch Sofia zwang sich, den Blick nicht zu erwidern, sondern über ihren Körper hinauszublicken und sich auf ihre Flügel und die Klingen zu besinnen, die sie verunstalteten. Die mussten ihr Ziel sein, nicht Lidja.
    Schließlich streckte sie einen Arm und die flache Hand aus und ließ Thubans Kräfte in sie überfließen. Sogleich spross ein Dickicht aus dem Boden, das Lidjas Angriffe im Keim erstickte.
    Sofia schloss nun die Hand, und die Ranken tat es ihr nach, legten sich um die Klingen und zogen sich immer fester zusammen. Verzweifelt versuchte Lidja, ihre Waffen frei zu bekommen, doch das Geflecht hielt. In ihm steckte Thubans ganze Kraft und sein Mut trieb Sofia an.
    Wir müssen sie fesseln. Sonst können wir sie nicht von hier fortbringen.
    » Ich weiß. Und wir müssen uns beeilen, damit wir weg sind, bevor Nida den Betrug merkt. «
    In diesem Moment zerplatzte das Geflecht und zerstob in unzählige Teile. Gerade noch rechtzeitig erkannte Sofia, wie einige Steine aus der Wand gerissen wurden und auf sie zuschossen. Sie wich aus und suchte rasch am Boden Schutz, hinter einer halb verfallenen Mauer, und legte die Flügel an.
    Das war Lidjas Werk. Mit bloßer Gedankenkraft hatte sie die Steine aus der Wand gelöst. Das Auge des Geistes auf ihrer Stirn funkelte, nun aber in rötlich düsteren Farben, die an geronnenes Blut erinnerten.
    Leider kontrollieren die Implantate ihren ganzen Körper und haben ihren Geist ausgeschaltet, sodass er Nidhoggrs Pläne nicht durchkreuzen kann. Sie ist jetzt eine Unterjochte durch und durch. Aber du kannst sehen, dass sich Rastaban dagegen zu wehren versucht. Deswegen strahlt nämlich das Mal auf ihrer Stirn in dieser Farbe.
    Dem ersten Gesteinsbrocken folgten weitere, und Sofia konnte nichts anderes tun, als ihnen auszuweichen, ohne einen Plan zu haben. Lidja schrie und raste wie von Sinnen und allmählich geriet Sofias Selbstsicherheit ins Wanken. Was sollte sie tun?
    Du musst den Kampf aufnehmen und versuchen, sie unschädlich zu machen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
    Als sie wieder aufflog, traf ein schwerer Stein ihren rechten Flügel, ein heftiger Schmerz durchzuckte sie, und sie stürzte ab. Im letzten Moment erkannte sie, dass sich unter ihr der Boden öffnete und ein tiefer Schlund sich auftat. Sie schlug mit den Flügeln und konnte zwar nicht an Höhe gewinnen, schaffte es aber immerhin, den Fall abzubremsen und sanft zu landen. Schnell suchte sie Deckung. Sie musste entscheiden, was nun zu tun war.
    Keuchend lehnte sie sich an eine Wand. Um sie herum war es still, der Wind hatte sich gelegt, und auch alle anderen Geräusche drangen nur noch gedämpft zu ihr. Es war stockfinster. Der Fußboden der römischen Villa war eingebrochen, und sie war noch weiter unten gelandet, auf einer Ebene, die wohl einmal eine Art Untergeschoss des Saales gewesen war. Hilflos und verloren fühlte sie sich, so als seien all die Ängste, die sie vorhin in der Zwiesprache mit Thuban ablegt hatte, mit Macht zurückgekehrt. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie wünschte sich, wenigstens etwas besser sehen zu können.
    Darum kann ich mich kümmern.
    Sofia spürte, wie das Mal auf ihrer Stirn zu
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