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Drachenschiffe vor Vinland

Drachenschiffe vor Vinland

Titel: Drachenschiffe vor Vinland
Autoren: Alfred Bekker
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Büsche. Es gab so vieles zu entdecken – und wenn er in der Siedlung blieb, konnte er sicher sein, bei irgendetwas helfen zu müssen.
    Bei einem seiner Streifzüge ging er an einem Bach entlang, an dessen Ufer er ein Eichhörnchen gesehen hatte. Er wollte dem Tier folgen, verscheuchte es aber mit dem lauten Knacken eines Astes, auf den er getreten war. In Windeseile schnellte dasEichhörnchen einen Baum hinauf. Innerhalb weniger Augenblicke war es verschwunden.
    Schade!, dachte Einar. Da hätten aber alle gestaunt, wenn ich das erjagt hätte! Die Pelze von Eichhörnchen waren sehr wertvoll. Auf Grönland waren manchmal Händler mit ihren Schiffen gekommen, die Eichhörnchenpelze und Felle von anderen Tieren für viel Silber anboten. Mit einer kurzstieligen Axt als einziger Jagdwaffe wäre es allerdings auch sehr schwierig gewesen, ein so schnelles Tier zu erlegen.
    Weil er Durst hatte, kniete Einar am Bach nieder und schöpfte Wasser mit der Hand. Es war klar und angenehm kühl.
    Plötzlich ließ ihn ein Geräusch erstarren. Er blickte auf. Für einen Moment glaubte er, einen Schatten hinter einem dicken, knorrigen Baum verschwinden zu sehen.
    Was mochte das gewesen sein? Ein Tier? Ein Waldgeist oder ein Troll, über die Großvater so viele Geschichten erzählt hatte? Oder lauerte da ein Skrälinger und spannte gerade seinen Bogen, um auf ihn zu schießen?
    Einar atmete tief durch. Vielleicht bildete er sich auch nur etwas ein. Er nahm noch ein paar SchluckeWasser, dann ging er weiter. Dabei blickte er sich immer wieder um. Raschelte da nicht irgendetwas zwischen den Büschen? Oder war das nur der Hauch des Windes, der durch die Sträucher des Unterholzes fuhr?
    Noch eine ganze Weile hatte er das Gefühl, dass ihm jemand oder etwas folgte. Vor ihm huschte eine Schlange ins Unterholz, ein Vogel stieß einen spitzen Schrei aus. Auf einmal bemerkte Einar, dass sich die Schnürung seiner Stiefel gelöst hatte. Er setzte sich auf eine Wurzel, um sie wieder zu binden. Als er fertig war und aufblickte, zuckte er zusammen.
    Er sah er geradewegs in zwei dunkle Augen.
    Seine Hand glitt sofort zu der Axt an seinem Gürtel, aber er ließ sie stecken. Sein Herzschlag hämmerte wie wild. Bis zum Hals konnte er ihn spüren.
    Einar starrte in die dunklen Augen, sah dunkles, blauschwarzes Haar und eine Feder, die in das Haar eingeflochten war.
    Die Gestalt zuckte hinter den dicken Baum zurück, hinter dem sie sich versteckt hatte – kam aber dann wieder vorsichtig hervor.
    Ein Skrälinger!, durchfuhr es Einar.

Der Skrälinger
    Wie gebannt starrte Einar auf die Gestalt, die hinter dem Baum hervorgekommen war. Der Skrälinger trug Kleidung aus gegerbten Fellen. Er hielt einen in den Bogen eingespannten Pfeil direkt auf Einar gerichtet. Er ist etwa so groß wie ich, dachte Einar. Der kann nicht viel älter sein!
    Er musste Einar schon eine ganze Zeit beobachtet haben. Und er schien Angst zu haben, genau wie Einar umgekehrt vor ihm.
    Sie starrten sich an. Regungslos. Schließlich senkte der Skrälinger-Junge seinen Bogen. Er näherte sich einen Schritt – aber sehr vorsichtig. Seine Füße waren nackt.
    Der Junge kam noch etwas näher und deutete auf Einars Stiefel. Dabei sagte er etwas in einer Sprache, die Einar nicht verstehen konnte. Schließlich zeigte er auf seine eigenen nackten Füße. Einar begriff.

    Der fremde Junge hatte ihn dabei beobachtet, wie er sich die Stiefel wieder zusammenschnürte. Vielleicht wollte er selbst solche Stiefel haben. Schließlich war er ja barfuß.
    Einar schnürte seinen rechten Stiefel also wieder auf und zog ihn aus. Dann warf er dem Skrälinger den Stiefel vor die Füße. Besser, er gab ihm die Stiefel freiwillig, denn schließlich hatte er nur seine Axt – und der Skrälinger einen Bogen.
    Doch als er ihm auch den zweiten Schuh hinwarf, war der Skrälinger damit nicht zufrieden. Er redete auf Einar ein und deutete immer wieder auf die Füße. Nun kam er sogar bis auf wenige Schritte heran.
    Einar blickte an sich herab. Um die Füße hatte er Lappen gewickelt, die den Schweiß aufnehmen sollten. Außerdem verhinderten sie, dass man Blasen bekam.
    »Gut, wie du willst! Wenn es für dich so wichtig ist, meine Käsefüße anzusehen – bitte!«
    Er wickelte beide Füße aus, stand von der Wurzel auf und trat dem Skrälinger entgegen. Dann hob er ein Bein und streckte ihm den Fuß entgegen. Der Skrälinger-Junge sah ihn sich genau an und atmete dann tief durch. Er schien aus irgendeinem
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