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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter
Autoren: Cornelia Funke
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hinauf zu den Bergen, als erwarteten sie, dass im nächsten Moment die Maschinen über die schwarzen Gipfel kröchen.
    »Verflixt!«, murmelte Schwefelfell. »Jetzt hat der Kerl mich so wütend gemacht, dass ich diesen köstlichen Pilz weggeworfen habe. War ein Schwarzschuppiger Ritterling. So was Schmackhaftes findet man selten.« Ärgerlich kletterte sie von Lungs Rücken und suchte im nassen Gras herum.
    »Ihr habt es gehört!«, sagte Schieferbart. »Wir müssen fort.« Zögernd, mit Gliedern, die schwer waren vor Angst, wandten die Drachen sich ihm wieder zu.
    »Für einige von euch«, fuhr der alte Drache fort, »ist es das erste Mal, aber viele von uns sind schon oft vor den Menschen geflohen. Diesmal wird es allerdings besonders schwer werden, einen Ort zu finden, der ihnen nicht schon gehört.« Er wiegte traurig den Kopf. »Es werden mehr, scheint mir. Mit jedem Mond.«
    »Ja, sie sind überall«, sagte der, der eben noch über Schwefelfells Worte gespottet hatte. »Nur wenn ich über das Meer fliege, sehe ich ihre Lichter nicht in der Tiefe.«
    »Dann müssen wir endlich versuchen mit ihnen zu leben!«, rief ein anderer.
     
     
     

    Aber Schieferbart schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Man kann nicht mit den Menschen leben.«
    »Oh, das kann man schon.« Die Ratte strich sich über das regennasse Fell. »Hunde und Katzen tun es, Mäuse, Vögel, selbst wir Ratten. Aber ihr«, sie ließ ihren Blick über die Drachen wandern, »ihr seid zu groß, zu klug, zu ...«, sie zuckte die Achseln, »... zu anders! Ihr würdet ihnen Angst machen. Und was den Menschen Angst macht, das ...«
    »Das ...«, sagte der alte Drache mit müder Stimme, »zerstören sie. Sie haben uns schon einmal fast ausgerottet, vor vielen, vielen hundert Jahren.« Er hob den schweren Kopf und blickte die jüngeren an, einen nach dem anderen. »Ich hatte gehofft, dass sie uns wenigstens dieses Tal überlassen. Das war töricht.«
     

    »Aber wo sollen wir denn dann hin?«, rief einer der Drachen verzweifelt. »Das hier ist unser Zuhause.«
    Schieferbart antwortete nicht. Er blickte hinauf zum Nachthimmel, an dem die Sterne sich immer noch hinter den Wolken verbargen, und seufzte. Dann sagte er mit rauer Stimme: »Kehrt zurück zum Saum des Himmels. Das Davonlaufen muss ein Ende haben. Ich bin zu alt. Ich werde mich in meiner Höhle verkriechen, aber ihr Jüngeren könnt es schaffen.«
    Erstaunt sahen die Jungen ihn an. Die anderen aber hoben die Köpfe und blickten sehnsüchtig nach Osten.
    Der Saum des Himmels«, Schieferbart schloss die Augen. »Seine Berge sind so hoch, dass sie den Himmel berühren. Höhlen aus Mondstein verbergen sich in ihren Hängen und das Tal in ihrem Schoß ist bedeckt von blauen Blumen. Als ihr Kinder wart, haben wir euch Geschichten erzählt über diesen Ort. Vielleicht habt ihr sie für Märchen gehalten, aber einige von uns haben ihn wirklich gesehen.« Er öffnete die Augen wieder.
    »Ich wurde dort geboren, vor so langer Zeit, dass Ewigkeiten zwischen mir und der Erinnerung daran liegen. Ich war jünger als die meisten von euch, als ich fortflog, weil mich der weite Himmel lockte. Ich flog nach Westen, immer weiter. Nie wieder konnte ich seitdem wagen im Sonnenlicht zu fliegen. Verstecken musste ich mich vor Menschen, die mich für einen Vogel des Teufels hielten. Ich habe versucht zurückzukehren, aber ich habe den Weg nie wieder gefunden.« Der alte Drache blickte die jüngeren an. »Sucht den Saum des Himmels! Kehrt zurück zwischen seine schützenden Gipfel, vielleicht müsst ihr dann nie wieder vor den Menschen fliehen. Noch sind sie nicht hier«, er wies mit dem Kopf auf die dunklen Bergkuppen ringsum, »aber sie werden kommen. Ich spüre es schon lange. Fliegt! Fliegt fort! Bald.«
    Wieder wurde es ganz still. Fein wie Staub fiel der Regen vom Himmel.
    Schwefelfell zog fröstelnd den Kopf zwischen die Schultern. »Na, danke sehr«, flüsterte sie Lung zu. »Der Saum des Himmels, ts. Das hört sich viel zu schön an, um wahr zu sein. Der Alte wird geträumt haben, nichts weiter.«
    Lung sagte gar nichts, nachdenklich blickte er zu Schieferbart hoch. Dann machte er plötzlich einen Schritt nach vorn. »He!«, zischte Schwefelfell erschrocken. »Was hast du vor? Mach keine Dummheiten.«
    Aber Lung beachtete sie nicht. »Du hast Recht, Schieferbart!«, sagte er. »Ich bin es sowieso leid, mich zu verstecken und nur über diesem Tal zu kreisen.« Er drehte sich zu den anderen um. »Lasst uns den
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