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Drachenlust

Drachenlust

Titel: Drachenlust
Autoren: Malin Wolf
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Luft.
    „Fang!“
    Sein verdutzter Vater reagiert instinktiv, springt vor, breitet die Arme aus und pflückt die Fallende sanft aus ihrem Flug, bevor sie zu Boden gehen kann.
    „Sohn!“
    Doch der lacht nur schallend über die verdutzen Gesichter seiner Eltern, und weil es ihn so sehr erfreut zu sehen, wie sie sich an die Brust ihres sie zärtlich haltenden Mannes schmiegt. Der übrigens gar nicht daran denkt, seine Frau auf den Boden abzusetzen.
    „Wäret ihr jetzt so gut, und würdet mir erklären, was genau hier los ist? Sirr, du hast bestimmt schon wieder etwas angestellt!“
    „Ich drohte ihm eher wegen etwas, das er noch nicht angestellt hat!“ Seine Mutter kuschelt sich entspannt in die sie schützend umfangenden Arme und haucht ihrem Mann einen Kuss auf das Kinn.
    „Du schimpfst mit ihm, weil er etwas nicht angestellt hat? Weib! Muss ich die Leibärzte rufen?“
    Hayati zieht einen kleinen schmollenden Flunsch, der seinen Vater so zuverlässig wie Eis in der Sonne schmelzen lässt.
    „Ich will eine Tochter! Eine Frau, die meinen Sohn genauso liebt wie ich! Ist das denn wirklich zu viel verlangt?“
    „Ach lass ihn doch. Er wird sie schon finden, wenn die Zeit gekommen ist. Und in der Zwischenzeit haben wir mehr von ihm, weil er nicht auf der Suche nach ihr durch die Weltgeschichte reist. Dann kannst du ihn so sehr verwöhnen, dass er sich freut, dir zu entkommen, indem er mir bei der Verwaltung unseres Reiches hilft.“ Ein gerissenes, kleines Lächeln umspielt die Lippen des mächtigen Mannes, Nabu-kudurri-usur weiß genau, wie verhasst Sirrusch alles Bürokratische ist.
    „Ah ja … Das war mein Stichwort. So gerne ich noch bleiben würde … aber ich glaube, ich werde dringend in den Ställen erwartet. Ich plane einen kleinen Jagdausflug zu den westlichen Grenzen und muss dringend noch einiges vorbereiten. Wenn ihr mich entschuldigen wollt?“ Sich leicht verbeugend wirft er seiner Mutter eine Kusshand zu, grinst seinem Vater kurz resignierend an, weil er ganz genau verstanden hat, was dieser ihm als Strafe androhte, und dreht sich schwungvoll um.
    „Einen Moment, mein Sohn!“
    Verdammt. Wenn sie diesen Ton anschlägt, dann wird es gerade viel ernster, als er erwartet hatte.
    „Du weißt, wie sehr wir dich lieben. Du weißt, wir werden jede deiner Entscheidungen achten und respektieren. Aber auch wir werden nicht ewig leben. Deswegen möchte ich, dass du mir versprichst, dir ernsthaft eine Liebe zu suchen. Uns ist egal, ob ein Mann oder eine Frau dein Lager teilt, uns geht es nicht um Enkelkinder. Wir wollen nur, dass du jemanden in deinem Herzen trägst. Also versprich mir, der Liebe eine Chance einzuräumen und nicht gleich nach der ersten Nacht aufzugeben! Versprich mir, dass du jeweils ein Jahr mit demjenigen verbringst, den du in dein Bett lässt. Kein Herumgehure mehr. Keine Orgien mit wildfremden Körpern, die dich nicht wirklich zu berühren vermögen. Es ist so wichtig für einen Herrscher, dass er mit ganzem Herzen zu lieben in der Lage ist. Aber das, mein Sohn, wirst du erst verstehen, wenn du die Liebe in dir findest. Du bist langsam alt genug, um dir die Hörner abgestoßen zu haben. Also sollte es dir nicht schwerfallen, mir meinen Wunsch zu erfüllen!“
    Entsetzt hat Sirrusch sich während dieser ungewöhnlich langen und ernsten Rede umgedreht und starrt seine Eltern an.
    „Das kann nicht dein Ernst sein? Ein Jahr? Und wenn sie mich gleich in der ersten Nacht zu Tode langweilt?“
    „Dann solltest du dir vorher sicher sein, dass sie nicht nur über einen schönen Körper, sondern auch einen wachen Geist verfügt. Es könnte sonst ein grauenvoll langes Jahr werden.“ Sein Vater lächelt verschmitzt, weil er genau weiß, dass sein Sohn niemals eine Bitte seiner Mutter verweigern wird. Und weil dieses Versprechen die einzige Hoffnung auf eine wenig Beständigkeit im Leben seines Lieblingskindes und Thronerben birgt.
    „Oh, Hayati … das kann doch nicht wirklich dein Wunsch sein? Ihr werdet niemals alt werden und schon gar nicht sterben! Und ich muss noch lange nicht heiraten! Wir haben Frieden, ihr seid in der Blüte eures Lebens, ich fange gerade erst an, die Welt zu entdecken. Ich will mich einfach noch nicht binden!“
    Der nachsichtige Blick seiner Eltern bringt ihn zur Verzweiflung, weil er zwar liebevoll geduldig, aber auch mit einer deutlichen Prise dieses 'wir leben schon länger und haben mehr Erfahrung als du' gewürzt ist. Dagegen helfen alle seine Tricks nichts.
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