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Drachenlust

Drachenlust

Titel: Drachenlust
Autoren: Malin Wolf
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Das weiß er sehr genau.
    „Du sollst dich nicht binden. Keiner zwingt dich zur Heirat. Aber wenn du Nähe und Wärme bei einer Frau oder einem Mann suchst, erwarte ich, dass du mit Bedacht wählst und demjenigen eine echte Chance auf dein Herz gibst. Da nur die Götter wissen, wie lange genau unsere Zeit auf Erden bemessen ist, bitte ich um deinen heiligen Eid. Ein Jahr. Nicht mehr und nicht weniger.“
    „Und wenn ich länger fort muss? Gilt dann das Jahr nach Tagen oder wie soll ich es berechnen? Ich könnte in den Kampf ziehen oder in die Nachbarreiche reisen müssen. Soll ich eine zarte Blume mit auf das Schlachtfeld zerren?“
    Das leise Lachen seiner Mutter treibt ihm einen Schauer über den Rücken. Sirrusch erkennt in diesem Moment, dass sie wirklich alles perfekt geplant hat.
    „Nun, wenn sie nicht die Liebe deines Lebens ist, deine momentane 'Blume', dann kannst du sie ja überall mit hinnehmen. Solltest du sie wirklich lieben, wirst du sie niemals nach einem Jahr gehen lassen, sondern sie mit all deiner Kraft verteidigen und beschützen. Also sehe ich keinen Grund, mir meinen Wunsch abzuschlagen.“
    Sie hat ihn. Seine sanfte, liebliche Hayati hat ihn mit festem Griff an den Eiern. Und er sieht nicht den Hauch einer Möglichkeit, sich aus diesem herauszuwinden.
    Er ist am Arsch.
    Aber sowas von.
    Und er gibt ihr lächelnd sein Wort, weil er sie liebt und nicht anders kann.

    Erst Jahre später begriff er, dass sie etwas geahnt hatte. Dass sie mit ihrem feinen Instinkt den Geruch des Verrates in ihren Gemächern erschnupperte. Aus irgendeinem Grund war es ihr nicht gelungen, ihren Mann, seine Geschwister und sich selbst so zu schützen, wie sie es für ihren jüngsten Sohn tat. Aber dass dieser von ihr geforderte Schwur ihm auf doppelte Weise das Leben retten würde, muss sie gewusst haben. Denn solange der Thronfolger nicht verheiratet ist, kann ihn niemand zwingen, den Edelsteinthron zu besteigen. Doch sollte ihr goldenes Kind je in wahrer Liebe entflammen, würde dieses von einem Tag auf den nächsten zu einem wahrlich gefährlichen Manne heranreifen und sich mit Zähnen und Klauen und all seiner Kraft nehmen, was ihm gehört.
    Seine Liebe, sein Leben, sein Reich und die ihm zustehende Macht.
    Und er ahnt, an diesem Tage wird sie ihn wissen lassen, wer seine Eltern meuchelte und seine Geschwister grausam zu Tode folterte. Sie zur gleichen Zeit im gleichen Raum auf das Brutalste abschlachtete, um sie mit ihrer Liebe füreinander zu zwingen, ihr Geheimnis zu verraten. Wer auch immer verantwortlich für sein neues Leben fern der Heimat und ohne einen einzigen lebenden Verwandten ist, muss die grauenvollsten Konsequenzen für diesen Verrat erdulden.
    Die Handlanger wurden sofort verfolgt und gestellt.
    Ausnahmslos alle.
    Von der Dienerin, welche die Pforte neben dem Tor öffnete, bis zum Anführer der gedungenen Söldner.
    Jeden Einzelnen von ihnen hat er persönlich zur Rechenschaft gezogen und dem Begriff Folter eine ganz neue Dimension eröffnet. Doch keiner von ihnen konnte Namen nennen oder ein Gesicht beschreiben. Keiner hat ihm die Fragen nach dem Wer und Warum beantwortet.
    Außer, dass der Auftraggeber seiner Familie ein Geheimnis entreißen wollte, konnte er nichts weiter herausfinden. Ein Geheimnis, welches sie mit in ihr Grab genommen haben und das selbst ihm nicht bekannt war. Denn als dem Jüngsten seiner Sippe, wäre es ihm erst mit dem Vollzug der Drachenzeremonie offenbart worden. Und auch dies erkannte er im Rückblick als einen klugen Schachzug seiner Mutter. Sie allein hat es zu verhindern gewusst, dass dem Hohen Rat Meldung über seine erfolgreiche Jagd zugetragen wurde. Weswegen er weder zur Einweihung geladen, noch von seinem Vater zum Geheimnisträger gemacht werden konnte. So rettete ihm seine Unwissenheit das Leben. Ein hoher Preis, den er freiwillig und wissentlich niemals zu zahlen bereit gewesen wäre.
    Hätte er die Wahl gehabt, er wäre lieber mit den Seinen gestorben, hätte im Versuch seine Liebsten zu retten mit dem Schwert in der Hand den Tod gefunden. Aber seine Mutter engte seine Bewegungsfreiheit am Hofe dermaßen ein, dass er vor den ihn langweilenden Verpflichtungen möglichst oft zur Jagd in die Berge floh. Auf diese Weise sorgte sie für das Überleben ihres Kindes und schuf einen gnadenlosen Rächer.
    Spann still und leise einen Faden so fein, für das Netz sie zu fangen, für den Strick sie zu binden, für das Seil, sie zu richten.
    Seine kluge
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