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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe
Autoren: Tina Daniell
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Selana hervor. »Wie lange wird das
dauern?«
    Flint wirkte überrascht. »Wenn dieser Delbridge nach
Norden gegangen ist, und falls wir ihn finden« – er zuckte mit
den Schultern – »drei Tage, mit etwas Glück weniger, mit Pech
vielleicht eine Woche.«
    »Und wenn Ihr ihn nicht findet? Oder wenn er das Armband
irgendwo verloren hat? Was dann?« Ihre bisher leise Stimme
wurde laut vor Aufregung.
    »Warum ist dieses Armband so wichtig, Selana?« fragte
Tanis müde. »Wer seid Ihr, daß Ihr Euch so verhüllen müßt?«
Obwohl Tränen in ihren hübschen, vor Wut schmalen Augen
glänzten, wehrte sie sich nicht, als er die Hände ausstreckte und
den blauen Schal von ihrem Gesicht zog. Das Tuch flatterte
zurück und legte sich in weichen Falten um ihre Schultern.
    »Eine Meerelfin!« schluckte Tanis, als schimmerndes,
silberweißes Haar in weichen Wellen um ihr Gesicht floß. Er
kannte die zurückgezogen lebenden Meerelfen nur vom
Hörensagen. Es waren entfernte Verwandte seines Volkes in
Qualinesti. Man hatte ihm erzählt, daß ihre Haut so
durchscheinend war, daß sie blau wirkte, doch Selanas war
milchigweiß. Ihre Augen waren kugelrund und sehr groß,
anders als die Mandelaugen der Elfen an Land. Obwohl sie
eine menschenähnliche Gestalt hatten, lebten Meerelfen unter
Wasser. Tanis hatte noch nie davon gehört, daß einer das Meer
verlassen hatte und über Land gezogen war.
    Ungewollt sammelten sich Tränen in Selanas Augen.
Verstimmt wischte sie sie weg. »Ja, ich bin eine DargonestiElfin.« Sie nahm das Ende ihres Schals und zwirbelte es
sorgenvoll, während sie auf und ab zu laufen begann.
    Flint vergaß seine eigene Schande, als väterliche Sorge für
das offensichtlich verängstigte Mädchen aufkeimte. »Wollt Ihr
uns nicht erzählen, was Euch so zu schaffen macht, daß Ihr
deswegen das Wasser verlaßt?«
    Selana blieb stehen, um die Gesichter der drei in dem
kleinen Raum zu betrachten und dann resigniert zu seufzen.
»Verzeiht mir, aber ich vertraue Fremden nicht so leicht.
Bisher habe ich nämlich ein behütetes Leben geführt und nur
sehr wenig Fremde kennengelernt.«
    Sie hielt den Kopf erhoben. »In der Sprache der Dargonesti
würde mein Name für Euch unaussprechlich klingen. In Eurer
Sprache lautet mein Name Selana-von-den-Riffen-wo-der-Seetang-tanzt-und-die-Aale-herumflitzen-, Haijägerin, Lach- imMondlicht.« Sie hielt inne, sah aber nur verständnislose Blicke.
»Prinzessin Selana Sonluanaau. Mein Vater war Salunatuaau,
die Stimme der Monde.«
    Sie ließ ihnen Zeit, erstaunt nach Luft zu schnappen, bevor
sie fortfuhr: »Ich sage, er war, weil er beim letzten Vollmond
ganz plötzlich gestorben ist.« Die mitleidigen Blicke tat sie mit
einer Handbewegung ab. »Auch wenn ich ihn schrecklich
vermisse – er hat ein erfülltes Leben gehabt. Es war an der Zeit
für ihn. So ist das bei uns.«
    Sie trocknete die Tränen mit dem Handrücken. »Es ist bei
uns auch so, daß der Herrscher unseres Volkes von Natur aus
die Fähigkeit besitzen muß, die Zukunft vorherzusehen. Mein
Vater konnte es. Er wußte, daß er sterben würde, auch wenn er
es geheimgehalten hat, bis es zu spät war.«
    »Jetzt versteh ich!« rief Tolpan. »Ihr braucht das Armband,
damit Ihr Königin werden könnt!«
Selana sah den Kender stirnrunzelnd an und schüttelte dann
den schillernden Kopf. »Nein, ich will die Krone nicht für
mich, sondern für meinen älteren Bruder.«
Tolpan zog die Augenbrauen nachdenklich zusammen.
»Jetzt bin ich aber wirklich durcheinander. Wenn er von Natur
aus in die Zukunft sehen kann, wozu braucht Ihr dann ein
Armband?«
Ein unendlich verzweifelter Ausdruck legte sich über das
schöne Gesicht der Meerelfin. »Mein Bruder Semunel ist gut
und stark und weise, aber aus Gründen, die nur der großmütige
Gott Habbakuk kennt«, sie seufzte, »besitzt er diese Gabe
nicht. Semunel wird gut und lange herrschen, aber nur wenn er
den Thron besteigen kann. Das kann er nur, wenn er den
Regenten aus dem Haus des Gesetzes beweist, daß er die
Fähigkeit besitzt zu sehen, was sein wird. Ohne das Armband
wird er die Prüfung auf keinen Fall bestehen.«
Selana fing wieder an, hin und her zu laufen. »Semunels
Versagen war ein Geheimnis, das nur mein Vater, mein Bruder
und ich kannten – nicht einmal meine Mutter wußte davon. Es
gibt Leute, die gern das Ende des Hauses Sonluanaau sehen
würden.
Um ihre aufgewühlten Emotionen zu beruhigen, betrachtete
die Prinzessin eines der Bücher in dem Regal und fuhr
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